Steuer-Irrsinn bremst Eigenstromnutzung

Mieter mit Solarstrom vom eigenen Dach versorgen – was könnte klimafreundlicher sein? Jedoch drohen Wohnungsbauunternehmen oder -genossenschaften, die dies vor haben, große finanzielle Verluste. Es mag absurd scheinen, aber eine steuerrechtliche Regelung behindert die Eigenstromnutzung in vermieteten Gebäuden.

Mietshaus mit Photovoltaik auf Dach und Wänden in Bad Hersfeld. Foto: Timo Schadt

Es klingt wie ein bürokratischer Schildbürgerstreich. Zunächst einmal sind Wohnungsbauunternehmen von der Gewerbesteuer befreit. Wollen sie Strom verkaufen, ist dies aber grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit: Darauf fällt Gewerbesteuer an. Das Problem ist aber: Vermieter, die auch Strom erzeugen, müssen nicht nur auf den verkauften Strom Gewerbesteuer zahlen, sondern auch noch auf die Mieteinnahmen.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen nimmt eine Million Euro durch Mieten ein. Für diese Einnahmen hat es keine Gewerbesteuer zu zahlen. Erzielt das Unternehmen durch Photovoltaikanlagen auf seinen Häusern beispielsweise 5.000 Euro, dann sind auch auf die eine Million Mieteinahmen mit einem Schlag 150.000 Euro Gewerbesteuer fällig. Und das nur, weil Strom erzeugt wird. Ähnlich verhält es sich bei Wohnungsbaugenossenschaften mit der Körperschaftssteuer.

Paul-Günter Frank. Foto: privat

Diplom-Ingenieur Paul-Günter Frank hat sich wegen dieses Themas mehrmals an die Politik gewandt. Zuletzt schrieb er am 23. April an das Klimakabinett und außerdem direkt an Angela Merkel.
Frank kennt sich mit der Materie aus. Der Architekt beschäftigt sich neben der Altbausanierung schwerpunktmäßig mit Photovoltaikanlagen, der digitalen Steuerung zur Eigenstromnutzung und effizienten Heizsystemen sowie wärmebrückenfreiem Bauen.

Aus seiner Tätigkeit als Energieberater hat er die Erfahrung, dass Energiekonzepte wegen dieser steuerlichen Regelung regelmäßig scheitern. Das betrifft beispielsweise Unternehmen oder Genossenschaften, die eine Solaranlage auf einem Haus oder ein Blockheizkraftwerk errichten und daraus Heizenergie oder Warmwasser gewinnen und ihren Mietern zur Verfügung stellen möchten.

So wird eine sinnvolle Chance behindert, CO2 einzusparen. „CO2-Reduzierung und Mieterstrom können durch Blockheizkraftwerke zusammen mit PV-Anlagen dazu beitragen, die Wärmewende sozial gestalten“, führt Frank aus.

Was müsste geändert werden? Paul-Günter Frank hat eine konkrete Lösung: Die Lieferung von Strom und Wärme an Mieter soll als „unschädliche Nebentätigkeit“ für den Vermieter definiert werden. Damit wären dann nicht mehr auf die gesamten Mieteinnahmen Gewerbesteuer zu zahlen. Im Gegenzug schlägt er der Politik vor, auf die Förderung bei der Einspeisevergütungen für BHKW-Strom zu verzichten, wenn der selbst erzeugte Strom für die Mieter genutzt wird.

Etwa 3,8 Millionen Wohnungen könnten mit Mieterstrom versorgt werden, lautet eine Analyse des Bundeswirtschaftsministeriums – also ein großes Potenzial. Die beschriebene steuerrechtliche Regelung betrifft nur Wohnungsbauunternehmen und -genossenschaften. Damit ist sie sicher nicht die einzige Ursache, aber wohl einer der Gründe, dass in Deutschland noch relativ wenig Mieterstrom erzeugt wird.
Auch gäbe es für Wohnungsbauunternehmen, die ihre Mieter mit Eigenstrom versorgen wollen, Alternativen: sie könnten beispielsweise BHKW-Vereine mit Mietern, die die Pacht für BHKWs zahlen, bilden. Frank bezeichnet dies jedoch als aufwendig und kompliziert. Auch könnten die Anlagen von Energieversorgern oder anderen Energieunternehmen betrieben werden – doch dies wollen manchen Wohnungsunternehmen nicht, sondern sie lieber selbst betreiben.

Schon öfter sollte die Regelung im Gesetzgebungsprozess geändert werden. In den letzten Jahren hat sich das Bundesfinanzministerium dagegengestellt. Doch Frank gibt nicht auf. Auf der Internetseite energiewende.xyz hat er einen offenen Brief an das Klimakabinett und weitere Informationen veröffentlicht. „Ich möchte SIE/EUCH bitten, auf die Politik einzuwirken, so dass die Eigenstromnutzung in vermieteten Gebäuden/Wohnungen zulässig ist, ohne auf die Mieteinnahmen Gewerbesteuer zu zahlen. Nur so wird die Energie-/Wärmewende aus meiner Sicht in der Wohnungswirtschaft gelingen“, schreibt er auf der Seite.

Autor: Markus Weber


Der Beitrag ist erschienen in der Ausgabe 3.2019 des T&Emagazin. Es ist gegen Versandkostenübernahme im Shop erhältlich.

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5 Gedanken zu „Steuer-Irrsinn bremst Eigenstromnutzung

  1. Bin etwas spät da, aber trotzdem. Anderer Vorschlag: Es wird keine Gesamt-PV-Großanlage installiert, sondern in der Anzahl der Wohnungen separate Anlagen, die als Bestandteil der Wohnung mitvermietet werden und aus der sich der Einzelmieter seinen Strom erzeugt und im wohnungseigenen Batteriespeicher aufbewahrt. Da also der Mieter sich selbst mit der gemieteten Anlage versorgt, kann kein Gewerbe unterstellt werden und der Finanzminister “muss leider draußen bleiben”.

    1. Das würde dann auf der anderen Seite bedeuten, dass jeder, der eine Eigentumswohnung vermietet – z.B. als Teil seiner Rente, auch Gewerbesteuerpflichtig wird; ggf. sogar der, der nur ein freigewordenens Kinderzimmer an einen Studenten vermietet. Das kann auch nicht Sinn der Sache sein…

  2. Es gäbe m.E. dennoch Möglichkeiten. Die Wohnungsbaugesellschaft könnte die Dachflächen zum Zwecke des Baus eine PV-Anlage verpachten und im Dachpachtvertrag Vorsorge treffen, dass der damit erzeugte Strom den Mietern zu einem fairen Preis verkauft wird.
    Das Wohnungsbauunternehmen könnte eine Tochtergesellschaft bilden die dann wiederum eine PV-Anlage errichtet und an die Mieter verkauft.

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