1.111.111 Kilometer Tesla

Timo Schadt und Antonino Zeidler sprachen mit Hansjörg Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg

1.111.111-Kilometerstand. Quelle: twitter.com/gem8mingen

? Wie kommt man zum Thema E-Mobilität, zumal, wenn man sehr viel auf den Straßen unterwegs ist?
! Ich bin die übliche Autofahrer-Karriere durchlaufen – Führerschein mit 18, erstes Auto VW Käfer, diverse andere gebrauchte Autos. 2008 habe ich im Manager Magazin einen Bericht über Tesla gelesen: E-Auto, 360 Kilometer Reichweite – das klang für mich ziemlich faszinierend! Nach dreiwöchiger Bedenkzeit habe ich mich entschlossen, zum ersten Mal in meinem Leben einen Neuwagen zu kaufen. Nicht im Autohaus, sondern per Bestellung im Internet aus Kalifornien, USA. Ich habe keine Ahnung gehabt, was da auf mich zukommt! Und dann auch noch einen Roadster. Bis dahin war ich ja außer den Käfer nur Limousine gefahren. Am 30. September 2009 kam dann endlich das Auto und ich habe es nicht bereut! Just an diesem Tag wurde mir in Basel auch noch mein Mercedes 500E W124 gestohlen.

? Was hast du danach erlebt?
! Im September 2010 bin ich zur Sternenfahrt von Freiburg, meinem früheren Wohnort, nach Berlin gefahren. Als ich dort eintraf, musste ich mich doch sehr wundern, denn fast alle Tesla Roadster Fahrer kamen mit dem Autoreisezug oder Trailer an. Ich war doch wahrhaftig der Einzige, der auf eigenen vier Rädern über 200 Kilometer dort angekommen ist. Ich rollte meine Augen. Von da an wollte ich der Welt zeigen, dass E-Autos fahrbar sind und das nicht nur für kurze Strecken.

? Und das hast du all die Jahre bewiesen, dass das machbar ist. Du verbringst quasi fast deine gesamte Zeit im E-Auto. Dein Ziel war, 1 Million Kilometer mit dem Tesla unterwegs zu sein?
! Ja, das ist richtig, aber nicht die gesamte Zeit. Das Laden findet oft statt, wenn das Auto sowieso parkt. Die Reise soll sogar in Richtung 3 Millionen Kilometer gehen. Und da ich das Auto sehr schonend fahre – über 120 km/h fahre ich nur äußerst selten – wird das bestens gelingen. Dann habe ich vor, bei Elon persönlich vorzufahren.

? Elon Musk hat dir zu deinen 1 Millionen Kilometern gratuliert! Wie geht Tesla mir dir um, hast du Privilegien?
! Nein, Privilegien habe ich keine. Selbst auf Leihwagen verzichte ich, wenn es irgendwie geht.

Foto: Timo Schadt

? Wann hast du dein Model S gekauft?
! Ich habe mir es im August 2014 als ein jährigen Vorführwagen mit 30.000 Kilometern angeschafft.

? Bei so vielen Kilometern sind ja bestimmt auch einige Reparaturen angefallen?
! Gegenüber meinen Verbrennern sind es sehr wenige Reparaturen. Bis zum November kamen etwa 13.000 Euro dafür zusammen. Jetzt hat es jedoch mal einen Sprung nach oben auf 17.000 Euro gegeben, Stoßdämpfer wurden erneuert, die Achsen hatten diverse Reparaturen nötig, an einem Hochvoltkabel war Korrosion, ein AC Lader defekt, das Temperaturmanagement des Laders musste nochmal nachjustiert werden, vor allem das hat Zeit gekostet. Dagegen haben die Bremsen fast keine Kosten verursacht.

? Hast du schon einmal bei den Bremsen etwas ausgetauscht?
! Ich habe lediglich die Belege einmal erneuern müssen. Bis jetzt habe ich bei über 500.000 Kilometer-Stand nichts machen müssen an den Bremsen. Ein Grund dafür wird sein, dass ich, wenn es stark regnet, zwischendurch leicht bremse, aber nur bis ich die minimale Wirkung spüre, dann gehe ich sofort wieder runter. Ich fahre mit dem sogenannten weichen Fuß.

? Was musste noch repariert werden?
! Bei 240.000 Kilometern wurde der Akku einmal repariert (Kondaktoren). Bei 290.000 Kilometer wurde er getauscht, da hatte ich einen Loaner-Akku drinnen und bin damit auch in einem halben Jahr über 150.000 Kilometer gefahren. Das war alles auf Tesla-Garantie. Bevor ich nach China gefahren bin, wurde dann ein instandgesetzter Tausch-Akku bei 540.000 Kilometern installiert. Der war leistungsreduziert und hatte ungefähr die Reichweite des alten vorm Defekt und war wohl auch circa 200.000 Kilometer in einem anderen Fahrzeug.

? Zwischenzeitlich hast du vier Motorenwechsel, der fünfte ist jetzt drin und der scheint auch stabil zu sein. Das klingt natürlich für Verbrenner-Fahrer erst einmal dramatisch. Es sind jedoch immer nur kleine Teile, die eingeschickt und ausgetauscht werden.
! Die erste Generation hatte keine hohe Lebensdauer, bei anderen Herstellern gibt es das häufig, nur hört und liest man darüber nichts. Die letzte Drive Unit erreicht übrigens 750.000 Kilometer.

? Was sind die großen Knackpunkte im Vergleich zu einem Verbrennermotor?
! Wenn man bedenkt, dass ich bei den Verbrennern für 1 Million Kilometer circa 600 Ölwechsel zu tätigen hatte, alle 15.000 Kilometer, das zusätzliche Öl, das gekauft werden musste, diverse Ölverluste, die Tankfüllungen, die circa 130 Euro bei einem Mercedes gekostet haben! Beim Tesla habe ich etwa 27 bis 28 Euro pro 600 Kilometer, sofern man überhaupt kostenpflichtig lädt.

? Du fährst teilweise 48 Stunden am Stück. Wie handhabst du das?
! Die 48 Stunden fahre ich nur mit Beifahrer, dass man sich auch abwechseln kann. Wenn ich zum Beispiel ans Nordkap fahre, möchte ich ja auch Strecke machen. Beim Laden alle drei bis vier Stunden hat man Gelegenheit, sich auszuruhen. Aber spätestens ab der zweiten durchfahrenen Nacht sollte man generell schlafen, sonst wird es unverantwortlich.

? Und das alles ohne Autopilot. Vermisst du den?
! Ja, eigentlich schon, aber jetzt mit Autopilot anfangen, hieße, mit den Kilometern wieder von vorne starten. und das möchte ich keinesfalls!

? Wenn man die ganze Zeit sitzt und dann auch noch mit den Sitzen der ersten Generation des Tesla, die bekanntlich noch nicht so bequem waren, wie ist das?
! Da bin ich sehr spartanisch unterwegs. Ich habe tatsächlich noch den ersten Sitz, mit Kissen gepolstert. Wenn behauptet wird, dass etwas wackelt, so kann ich nur sagen, bei mir nicht. Vielleicht weil ich nicht extrem beschleunige. Meinen Rücken spüre ich allerdings schon, das viele Fahren geht aufs Körperliche, das stimmt.

? Und wie ernährst du dich während der Fahrten? Nur Burger?
! Nein, um Himmels willen, keine Burger, lieber hungere ich! Ich nehme mir auch öfter von Zuhause oder aus dem Hotel etwas mit.

? Beim Bäcker Roland Schüren kann man übrigens sehr gute Waren bekommen, sogar selbstangebauten Salat.
! Sehr gut, das würde ich mir öfter wünschen! Leider die Ausnahme, ändert sich langsam – Gott sei Dank.

? Was machst du, wenn du nicht fährst beziehungsweise, wenn du lädst?
! Zuhause sein, zum Ausgleich laufen, Bewegung während des Ladens, Büroarbeit mit iPad.

? Zweimal bist du liegengeblieben, in all den Jahren und mit den vielen Kilometern!
! Ja, da bin ich viel zu knapp gefahren, auch zum Ausloten. Ältere Akkus können schon mal zu Beginn des roten Bereiches und niedrigen Temperaturen in Unterspannung kommen. Ich habe mir jetzt angewöhnt, mit etwa 20 Prozent am Supercharger anzukommen. Darunter zu fahren, ist für den Akku mit bald 600.000 Kilometern und über 2.200 Ladezyklen zu stressig, gerade bei der älteren Generation. Das hat sich bei den neueren Modellen schon wieder verbessert. Optimal ist es für den Akku, zwischen 20 und 80 Prozent zu fahren. Auf keinen Fall auf 0 fahren und dann am Supercharger von 0 auf 100 Prozent aufladen. Seit ich den Akku nicht mehr unter 20 Prozent zum Supercharger fahre, nimmt er wesentlich weniger ab. Ich liege jetzt bei 76 Prozent Kapazität inklusive Zeit mit Loaner-Akku.

? Welche Rechtfertigung hast du eigentlich für dein, sagen wir sinnfreies Umherfahren?
! Sinnfrei? Nein, ich habe ein Ziel. Das Ziel, den Menschen zu beweisen, dass man mit E-Autos so viel fahren kann, wie man möchte! Ohne viel Ladezeit, 600.000 Kilometer schaffe ich mit diesem Akku ohne irgendein Problem. 700.000 sind das nächstes Ziel.

? Der nächste Tesla ist welcher?
! Ich denke an den neuen Roadster, aber das hat noch Zeit, ein Tesla Wohnmobil kommt vielleicht auch bald, bis ich die ‚2‘ oder gar die ‚3‘ habe.

Das ganze Interview gibt es auch auf Video auf dem YouTube-Kanal buzzingDanzei unter https://www.youtube.com/watch?v=GJ6iNpGwmwQ

Foto: Timo Schadt

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Dieses Interview stammt aus der Ausgabe 7. des T&Emagazin, welche hier bestellt werden kann. Zudem besteht die Möglichkeit, das T&Emagazin in Wunschmenge dauerhaft zu abonnieren.

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Der Inhalt der 7. Ausgabe:

Titel – Tesla Model Y von Nino (Antonino Zeidler)

Community – Virtuelles Model 3 Treffen zusammengestellt von Youness Schadt und Sabrina Dremel

Tesla – Model 3 Interior Design Analyse von Christoph Reichelt

Tesla Welt – News des Quartals von David Reich

Tesla – Es muss nicht immer Tesla sein von Stefan Schwunk

Tesla – HEPA-Filter und Bioweapon Defense Mode von Martin Hund

Tesla – Datenquelle Tesla von Andreas Neumann

Tesla – Der Trend geht zum Zweit-Tesla & die Börse reagiert von Timo Schadt

Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde e.V. von Thorsten Dohe

Die Herausgeber – Tesla Owners Coffee Hour des TOCH von Armin Zeder

E-Mobilität – ABC der E-Mobilität von Martin Hund

Elektroauto Guru – CO2-Kompensation von Nino (Antonino Zeidler)

E-Mobilität – Car Maniac E-Auto-Test  Audi eTron Sportback S, NIO Es6 Performance, Polestar 2 von Christopher Karatsonyi

E-Mobilität – Kostenlos laden während des Einkaufs von Markus Weber

E-Mobilität – Ladeguthaben durch Einkäufe von Sabrina Dremel

E-Mobilität – E Cannonball 2020 von Timo Schadt

Innovator – 1.111.111 Kilometer Tesla von Timo Schadt und Antonino Zeidler

Reisebericht – Mit dem Tesla Model 3 nach Barcelona von Martin Bodenstedt

Fahrbericht – Audi e-tron von Michael Schmitt

Tesla – Besser mieten als leasen

Tesla – Eine neue MCU?  Von Timo Schadt

Fanboy – Der wertvollste Autohersteller der Welt? Von Gabor Reiter

Reisen – Urlaub mit dem Elektroauto     

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