Car Maniac: Mein neues Auto…

Mein neues Elektroauto ist ein Mercedes. Aber warum? Wieso kein Tesla, oder Audi, oder BMW oder Porsche oder was ganz anderes?

29. Dezember 2021. Ein paar Tage vor diesem Abholtermin bekomme ich von meinem Autohaus Ebert Bescheid, dass ich meinen EQS doch noch abholen kann. Die Freude steigt in mir, denn zu dem Zeitpunkt warte ich schon zwei Monate auf das Fahrzeug. Bestellt habe ich ihn direkt im August als das Bestellfenster aufging. Ich kann überhaupt froh sein, einen zu haben, denn mangels Halbleiter ist die Thematik bei Mercedes etwas kompliziert.

Auch ich musste leider Ausstattungsmäßig zwei Abstriche machen, die mir wichtig gewesen wären. Dazu später mehr. Ich habe mich für einen Mercedes EQS 580 4Matic entschieden. Heißt in Zahlen: 385 kW Motorleistung, 108 kWh netto Akku-Kapazität, 210 km/h Höchstgeschwindigkeit, 4,2 Sekunden von 0 auf 100 in der Beschleunigung. Der Wagen ist 5 m 21 lang und eigentlich nicht das Fahrzeug, das zu mir passt – um das vorwegzunehmen. Warum aber habe ich es dann genommen? Vor allem muss man hier wirklich noch mal hervorheben, dass wir von einem Auto sprechen, welches mit der bicolor Ausstattung als Edition One 193.000 € kostet. Dies war auch meine ursprüngliche Konfiguration für den Wagen. Zwei Tage nach Bestellung wurde ich angerufen, dass die Farbe nicht lieferbar sei weil die Edition One nicht lieferbar ist. „Toll“ dachte ich mir, also muss ich auf eine andere Farbe ausweichen. Ich entschied mich für weiß, denn das ist am unempfindlichsten und sieht auch edel aus. Die Farbwahl habe ich mittlerweile bereut, weil es in Realität dann doch sehr cremig aussieht.

Warum nun aber kein Tesla? Viele in der Szene sind in verblendeter Haltung der Meinung, ich sei ein Tesla Gegner. Das stimmt aber gar nicht. Mir gefallen nur das Model 3 und das Model Y nicht, weil sie einfach zu puristisch sind. Diese standen also nicht zur Debatte und sind auch nicht in der gleichen Fahrzeugklasse wie der EQS. Model S und X sind es da schon eher. Und beide finde ich gigantisch. Allerdings gibt es für diese ein Facelift in den USA welches bei uns in Deutschland noch leider nicht angekommen ist. Warum also etwas altes kaufen? Deswegen ist Tesla rausgefallen. Und – um ehrlich zu sein – auch deswegen, weil ich als Content Creator auf YouTube mit einem Tesla leider nur für Tesla Fahrer Inhalte machen würde, also für einen recht beschränkten Kreis. Alle anderen schauen die Videos nicht, denn Tesla funktioniert einfach zu gut und zu einfach. Das ist aber nicht der Alltag des Elektromobilisten außerhalb von Tesla. Klar haben jetzt einige unter meinem Video kommentiert, dass ich doch dasselbe Problem mit dem Mercedes habe, weil ich mit dem so gut wie nicht mehr laden muss. Stimmt aber nicht. Irgendwann muss ich immer laden und dann bin ich trotz des hohen Preises derselben Problematik ausgeliefert wie mit einem Renault ZOE. Nämlich der deutschen Ladeinfrastruktur, dessen Tarifdschungel und nicht funktionierenden Ladesäulen.

Und als letzter Punkt zum Thema „Warum kein Tesla?“ muss man noch dazu sagen, dass natürlich das Innenleben des Mercedes eine komplett andere Liga ist. Aber das zählt für jedes andere Auto im Vergleich nicht nur für Tesla. Klar ist ein Model S Plaid viel performanter und dreht Kreise um das Mercedes Dickschiff. Aber da war mir der Komfort tatsächlich wichtiger und natürlich auch die Luxuriösität im Innenraum.

Diese Punkte zählen auch im Vergleich zu einem Audi e-tron GT oder Porsche Taycan. Wie das Model S sind auch diese erstaunlich langstreckentauglich, gerade der Porsche, von dem man gar das nicht erwartet. Super effizient sind alle drei obendrein. Den Porsche fährst du mal locker-flockig nach Berlin mit 25 kWh auf der Autobahn, auch das Nachladen ist sauschnell. Das Model S ist noch effizienter, aber Porsche hat halt als Aushängeschild nicht „effizient“. Am Ende würde ich mich persönlich – wenn ich keinen YouTube-Kanal hätte, wo es um Elektromobilität geht – definitiv für den Porsche entschieden. Als Sport Turismo in rot mit GTS Motorisierung. Oder vielleicht sogar Turbo S. Wäre ich allerdings kein Youtuber könnte ich mir den wahrscheinlich gar nicht leisten.

Auf den Audi e-tron GT treffen eigentlich die gleichen Punkte zu wie auf den Porsche, weswegen ich mich nicht für den entschieden habe: das Infotainmentsystem und allen voran die Routenplanung kann halt nicht mit Mercedes mithalten. Das kann aber momentan kein Auto. Nicht mal der BMW IX, den ich als sehr innovativ empfinde. Der Mercedes plant bis in jede Ecke in Windeseile und haargenau und zeigt mir auf dem riesigen Hyperscreen jeden Ladestopp in einer perfekten Übersicht an. Darüber hinaus kann ich angeben, wie viel Prozent ich an der Ladesäule haben möchte, das beschleunigt das Unterwegssein nochmal maßgeblich. Topographie wird sogar inklusive Wetterdaten mit einberechnet. Die Ladegeschwindigkeit ist wirklich schnell. In genau 31 Minuten bei 10 % angeschlossen lädst du 80 kWh nach. Wie weit ich damit komme, werden dann die noch folgenden Artikel und Videos zum EQS zeigen. All diese Features bieten die Konkurrenten leider nicht. Genauso wie solche Sitze, eine solche Luftfederung und diese Akustik. Die Allradlenkung macht das Auto agil wie einen Kleinwagen. Ich habe extra die 10,5 Grad Allradlenkung für hinten genommen, damit liegt der Wendekreis bei 10,2 m. Die Leute auf der Straße staunen nicht schlecht, wenn man mal damit wendet! 

Und dann kommt noch der schwerwiegendste Aspekt, die Akkugröße. Selbst wenn ein Porsche genauso effizient wäre, hätte er aber knappe 25 kWh weniger Akku, was in 100 km mehr Reichweite auf der Autobahn resultiert. Ist mir das Auto zu groß? Ja definitiv. Deswegen wäre ja auch der Porsche perfekt oder der e-tron GT. Selbst ein BMW IX ist handlicher, weil er eben nicht so lang ist. Diese hatten mich allerdings bei der Routenplanung im Vergleich zu Mercedes etwas enttäuscht.

Hinzu kommt, dass beim Mercedes die Beschleunigung erst unter 10% Akkustatus verringert wird, viele andere reduzieren schon bei 25 oder 30%. So kann ich auf der Autobahn immer die maximale Power genießen, wenn ich mal durchbeschleunigen möchte. Auch so drückt der Mercedes trotz seiner Größe wirklich brutal vorwärts, eigentlich ist er in der Beschleunigung wie ein e-tron GT. Der Porsche GTS ist mit 3,9 Sekunden auch nicht merklich schneller.

Was Mercedes super auf die Reihe kriegt fehlt an anderer Stelle, nämlich bei der Halbleiterthematik. Andere haben diese Probleme auch, allerdings habe ich das Gefühl: nicht so stark wie bei Mercedes. Bei meinem 580er ist 22kW Wechselstrom laden z.B. serienmäßig. Trotzdem habe ich diesen leider nicht dazu, bekommen, er kann nur 11 kW. Das ist im Alltag schon ein Einschnitt, denn die 1600 € machen bei dem Fahrzeug Preis den Braten nicht fett, aber man kann an einer städtischen Ladesäule diesen riesigen Akku in fünf Stunden komplett aufladen, jetzt dauert es zehn. Das ist wirklich ein Fail, weil ich schon öfters öffentlich lade.

Des Weiteren fehlt mir ein enormer Comfort Aspekt, nämlich Softclose. Oft macht man die Tür nicht richtig zu und dann wird diese zugezogen. So erwarte ich das bei einer S-Klasse, hier allerdings fehlt dieses Feature wegen Halbleitern. Die Zeit wird zeigen, ob meine Wahl die richtige war. In Sachen unterwegs sein und Familie rechtzeitig sehen – sicherlich. Aber ein Auto muss natürlich auch emotional zu einem passen. Vielleicht ist es ein cooler Kontrastbruch, dass ein Typ mit Kapuzenpulli aus solch einem Auto aussteigt. Meine Frau hat mich, seitdem ich das Auto habe, zweimal als Opa beschimpft, weil ich zwei wirklich langweilige Fahrmanöver gemacht habe, obwohl ich beim Spurwechsel vor der Ampel noch irgendwo reingepasst hätte. Mit jedem anderen Auto hätte ich das gemacht, denn ich bin ein sehr dynamischer Fahrer. Mit dem Mercedes tat ich dies nicht, weil er wirklich so sehr zum Schleichen und Cruisen einlädt. Das bin halt nicht ich, aber schlecht tut es mir natürlich auch nicht.

Bei diesem Auto den Tempomat bei 150 oder 160 km/h zu aktivieren ist ein unvergleichliches Gefühl. Es ist wie als würde man einem Hovercraft sitzen und nicht mit irgendeinem anderen Auto vergleichbar. Ich habe sogar Kopfkissen an meiner Kopfstütze. Ich kann sogar die beheizten Zonen in meinem Sitz einstellen und kriege sogar eine Hot-Stone-Massage von dem Wagen. Praktischerweise habe ich auch ein Beifahrerdisplay für Francesco, der damit spontan nach einer alternativen Ladesäule suchen kann, ohne dass meine Navigation auf dem Hauptdisplay unterbrochen wird. Dann kann er mit einem Knopfdruck das Ziel an das Hauptdisplay senden. Das ist für mich auch tatsächlich ein sehr gutes Feature.

Als komplett sinnlos empfinde ich die Park remote Funktion in der App. Der Aufbau zum Fahrzeug dauert viel zu lang. Hast du zum Beispiel in der Tiefgarage vom Baumarkt kein Handynetz, kann ich den Wagen mit der App nicht aus der Parklücke holen. Hyundai löst das mit der Fernbedienung und es bedarf keiner Internetverbindung sondern nur einer direkten Verbindung zum Auto über den Schlüssel. So löst man sowas! Auf diese Art habe ich keinen Bock, diese Funktion zu nutzen, weil es einfach zu umständlich ist. Und viel zu lange dauert.

Weitere genaue Eindrücke wird es dann bei mir natürlich regelmäßig auf dem Kanal geben, wenn ich das Auto in jeder seiner Facetten detailliert ausprobiert habe. Das hier war schon mal ein Vorabgeschmack und eben ein Einblick darin, weswegen ich mich für den Mercedes entschieden habe. Auf die Frage, warum es kein Kia EV6 geworden ist was einige ja vermutet haben: ich liebe halt Luxus und ich liebe es auch, mich ein bisschen zu differenzieren. Den Kia kann halt jeder Youtuber fahren wenn er will. Den EQS nicht und damit habe ich natürlich auch einen USP was meine Videos angeht. Mit einem Porsche oder einem Tesla oder gar mit dem Kia könnte ich nicht allzu viel Content machen. Der Mercedes wird als Superauto gehypt und da muss ich dann der Materie auf den Zahn fühlen ob dieser Hype auch wirklich berechtigt ist für knapp 180.000 €.

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In der Ausgabe 13 des T&Emagazin, die ab dem 15. Januar 2022 zu haben ist, erscheinen weitere Car Maniac Autotests.

Neu ist: Die Zeitschrift wird fortan 68 Seiten haben. 16 Seiten mehr als bisher, prall gefüllt mit Berichten zu Themen der Elektromobilät und zu regenerativen Energien. Das Magazin wird über eine Leimbindung verfügen und dadurch noch schicker sein. Zudem wurde die Auflage weiter erhöht: 30.000 Exemplare werden diesmal gedruckt.

Ein Exemplar der Ausgabe 13 kann gegen Versandkostenübernahme hier bestellt werden.

5 Exemplare, 10 Exemplare und 20 Exemplare zum Weiterverteilen zu geringen Mehrkosten.

 

Die Themen der Ausgabe 13:

  • Vom „Ob“ zum „Wie“ 
  • Tesla Welt – News des Quartals 
  • Tesla – Gigafactory 4
  • Tesla – Elon Musk beim Gigafest
  • Tesla – Stammtisch bei Clubhouse   
  • Tesla – 4 abgefahrene Gründe, Tesla zu fahren  
  • Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH)    
  • Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.    
  • S3XY CARS Community – Weltgrößtes E-Auto-Treffen    
  • Elektroauto Guru – Als Wohnungsmieter das E-Auto laden   
  • Elektromobilität – Im Winter & im Pannenfall    
  • Elektromobilität – 12 Volt Batterie     
  • Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests    
  • Elektromobilität – Gebrauchte Elektroautos   
  • Elektromobilität – Elektrische Quads    
  • Innovator – Norbert Zajacs größtes Zoogeschäft der Welt   
  • T&Etalk – Rückblick: Junge Menschen, Zukunft und E-Mobilität    
  • T&Etalk – Rückblick: Giga 4    
  • T&Etalk – Rückblick: E-Auto vs. Bus & Bahn   
  • T&Etalk – Rückblick: Die Liebe zum Tesla    
  • T&Etalk – Rückblick: Ökostrom selber erzeugen & vermarkten   
  • T&Etalk – Ausblick: Aktien zu E-Mobilität & Energie    
  • Technophilosoph – Ohne Börsenhype keine Elektroautozukunft?    
  • Wirtschaft – Connected Car: Tesla, IT-Sicherheit & Datenschutz    
  • Wirtschaft – Ladeengpässe    
  • Wirtschaft – Haus-Energiewende   
  • Klimaschutz – Baum-Patenschaften    
  • Klimaschutz – Energiewende auf Porto Santo    
  • Reisebericht – Mit Model S & Wohnwagen nach Sardinien   
  • Fanboy – Gabor Reiter: Tesla-Ladefeeling für alle
  • und einiges mehr
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