Künstliche Intelligenz ist längst keine ferne Zukunftsvision mehr. Sie steckt in Sprachassistenten, Fotokameras, Suchmaschinen – und zunehmend auch in Fahrzeugen. Einer der zentralen Bausteine dieser Entwicklung sind sogenannte künstliche neuronale Netze. Sie bilden das Fundament vieler moderner KI-Systeme und erlauben Maschinen, Muster in Daten zu erkennen, Zusammenhänge zu lernen und auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Im Leitartikel der Ausgabe 28 des T&Emagazins beschreibt Martin Hund den Stand der Dinge. An dieser Stelle veröffentlichen wir nun den zweiten Teil des Beitrags.
Der erste Teil ist hier zu finden.

Neuronale Netze im Einsatz bei Tesla – vom Training zum Handeln
Tesla wie auch die meisten Wettbewerber nutzen neuronale Netze in nahezu allen modernen Fahrzeugen, um die Umwelt zu erfassen und Entscheidungen im Straßenverkehr zu treffen. Dabei arbeitet das System in zwei miteinander verbundenen Regelkreisen:
Der äußere Regelkreis – das Lernen
Der äußere Regelkreis beschreibt den Lernprozess außerhalb des Fahrzeugs – gewissermaßen das „Gehirntraining“ der künstlichen Intelligenz.
Hier fließen riesige Datenmengen aus der gesamten Tesla-Flotte zusammen: Kamerabilder, Verkehrssituationen, Fahrmanöver und deren Ergebnisse. Diese Daten werden anonymisiert gesammelt und in Teslas Rechenzentren auf leistungsfähigen AI-Computern ausgewertet. Dort werden die neuronalen Netze trainiert – also so lange mit Beispielen gefüttert, bis sie zuverlässig erkennen, was auf der Straße passiert.
Bei den meisten Herstellern geschieht dieser Vorgang einmalig: Das Netz wird vor der Markteinführung eines Fahrzeugs trainiert, anschließend in eine ausführbare Software „kompiliert“ und fest in das Steuergerät integriert. Das Fahrzeug verhält sich dann so, wie das trainierte Netz es vorgibt – Veränderungen sind kaum noch möglich.
Tesla geht hier einen anderen Weg. Der äußere Regelkreis bleibt aktiv, auch nachdem die Fahrzeuge längst auf der Straße sind. Durch die Daten, die die gesamte Flotte im Alltag sammelt, wird das neuronale Netz ständig weiter verbessert. Über sogenannte Over-the-Air-Updates erhalten die Fahrzeuge regelmäßig neue, optimierte Versionen der KI. So fließen die Erfahrungen aller Teslas weltweit in jedes einzelne Auto zurück – ein kontinuierlicher Lern- und Verbesserungsprozess, der in der Automobilbranche einzigartig ist.
Der innere Regelkreis – das Handeln
Im Fahrzeug selbst läuft parallel der innere Regelkreis – das eigentliche „Denken und Handeln“ in Echtzeit. Etwa 36-mal pro Sekunde erfassen die Kameras rund um das Fahrzeug die Umgebung: Fahrbahnmarkierungen, andere Fahrzeuge, Fußgänger, Ampeln und Hindernisse. Diese visuellen Informationen werden durch das im Fahrzeug installierte neuronale Netz verarbeitet.
Das System bewertet, was es sieht, zieht Schlussfolgerungen und trifft Entscheidungen – etwa, ob gelenkt, gebremst, oder beschleunigt werden soll. Die Befehle werden direkt an die Aktoren weitergegeben, also an Lenkung, Bremse und Antrieb.
Der innere Regelkreis schließt sich in Sekundenbruchteilen: Wahrnehmen, Verstehen, Handeln – und wieder Wahrnehmen. Während dieser Prozess autonom im Fahrzeug abläuft, wird sein Verhalten vom äußeren Regelkreis indirekt beeinflusst: Denn die Daten aus Millionen solcher innerer Zyklen bilden die Grundlage für die nächsten Trainingsrunden im Rechenzentrum.
Beide Regelkreise stehen somit in einem ständigen Austausch: Der äußere Regelkreis verbessert das Wissen der KI auf Basis aller gesammelten Erfahrungen. Der innere Regelkreis setzt dieses Wissen in Echtzeit um – und liefert wiederum neue Erfahrungen zurück. So entsteht ein dynamisches System, das nicht statisch programmiert, sondern lebendig lernend ist. Tesla hat damit eine Art globales neuronales Netzwerk geschaffen, dessen Intelligenz mit jedem gefahrenen Kilometer weiter wächst. Dieser Ablauf schafft für Tesla den entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Schlacht um das beste autonome Fahrsystem entscheidet sich an genau dieser Stelle, nicht etwa bei der Auswahl der Sensoren.
Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz
Neuronale Netze eröffnen enorme Chancen. Sie können helfen, den Straßenverkehr sicherer zu machen, menschliche Fehler zu vermeiden und Energie effizienter zu nutzen. Doch der Einsatz solcher Systeme bringt auch Risiken mit sich – nicht nur im Straßenverkehr, sondern generell bei der Nutzung künstlicher Intelligenz.
Risiken im Überblick
- Verzerrte Daten (Bias): Wenn durch einseitig ausgewählte Trainingsdaten unausgewogene Wahrnehmungen oder Vorurteile entstehen, kann die KI diese unbewusst übernehmen.
- Mangelnde Nachvollziehbarkeit: Neuronale Netze sind „Black Boxes“ – sie liefern Ergebnisse, deren innere Begründung schwer zu verstehen ist.
- Abhängigkeit: Je mehr Entscheidungen Maschinen treffen, desto größer wird unsere Abhängigkeit von ihnen.
- Manipulierbarkeit: Gefälschte Daten oder gezielte Störungen können das Verhalten von KI-Systemen beeinflussen.
- Energieverbrauch: Das Training großer Netze verbraucht erhebliche Mengen an Energie und Rechenressourcen.
Tesla und andere Hersteller versuchen, diese Risiken durch umfangreiche Tests, Simulationen und kontrollierte Softwareupdates zu minimieren. Langfristig wird jedoch entscheidend sein, wie wir als Gesellschaft mit diesen Technologien umgehen – ob wir Transparenz, Ethik und Verantwortung in den Mittelpunkt stellen.
Über das autonome Fahren hinaus – Maschinen lernen zu handeln
Die Prinzipien neuronaler Netze enden nicht beim Fahrzeug. Tesla arbeitet mit „Optimus“ an einem humanoiden Roboter, der ähnliche KI-Mechanismen nutzt, um in der physischen Welt zu agieren.
Was das Auto auf der Straße tut – Wahrnehmen, Entscheiden, Handeln – soll der Roboter im Alltag können: Gegenstände erkennen, greifen, Bewegungen planen, Aufgaben ausführen. Hier zeigt sich eine neue Dimension künstlicher Intelligenz: das autonome Handeln von Maschinen. Während neuronale Netze bislang vor allem digitale Muster erkannt haben, beginnen sie nun, in der realen Welt aktiv zu werden. Das wirft Fragen auf – nicht nur technischer, sondern auch ethischer Natur: Wie viel Verantwortung darf man einer Maschine übertragen? Wann ist eine Entscheidung „menschlich genug“? Und wo müssen Grenzen gezogen werden?
Solche Entwicklungen zeigen, dass wir uns an der Schwelle zu einer neuen Ära befinden – einer, in der Maschinen zunehmend selbstständig werden, aber zugleich unsere Kontrolle und unser Verständnis mehr denn je erfordern.
Fazit
Künstliche neuronale Netze sind das Herzstück moderner künstlicher Intelligenz.
Sie ermöglichen Maschinen, aus Erfahrungen zu lernen, Muster zu erkennen und auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen – ob im Straßenverkehr, in der Industrie oder im Haushalt.
Tesla nutzt diese Technologie, um Fahrzeuge und künftig auch Roboter zu entwickeln, die ihre Umwelt verstehen und darauf reagieren können.
Dabei zeigt sich: Die Prinzipien, nach denen Maschinen lernen, ähneln in vieler Hinsicht den Vorgängen im menschlichen Gehirn. Doch während der Mensch aus Emotion, Erfahrung und Kontext urteilt, bleibt die Maschine ein Werkzeug der Logik – Oder?
Die Herausforderung liegt darin, das enorme Potenzial dieser Systeme verantwortungsvoll zu nutzen. Denn je besser Maschinen lernen zu sehen und zu entscheiden, desto wichtiger wird es, dass wir verstehen, wie sie es tun.
Dies war der 2. Teil des Artikels “Künstliche neuronale Netze“, falls noch nicht gelesen, findet sich der 1. Teil hier:
Zum Autor:

Und das sind die Themen der Ausgabe:
- Editorial Wir sind nicht mehr allein.
- Zahlen und Einschätzungen des Veranstalters der elektrischen COMMUNITY
- Neues aus der Tesla Welt
- Die Herausgeber: Tesla Fahrer und Freunde e.V.
- Die Herausgeber: Fusion der Schweizer Tesla Clubs
- Schweizer Tesla Owners in Südostasien
- Cybertruck-Roadtrip durch USA & Canada
- Impressionen von den Bereichen der elektrischen COMMUNITY 2025
- Bei Besucherzahlen verkalkuliert: Es geht jetzt um die Wurst
- Beschenke Dich doch einfach mal (oder zur Not auch wen anders)
- Diskussionsprogramm 2025 auf YouTube
- elektrische COMMUNITY auch 2026 in Fulda
- Strombock: E-Mobilität in der Mietwohnung: Laden ohne Wallbox-Chaos
- Aktuelle und kommende E-Fahrzeuge im einfach elektrisch Test
- Strom aus der Landwirtschaft – Flächen-Doppelnutzung
- Wie Maschinen lernen zu sehen & zu entscheiden – Künstliche neuronale netze
- Kommentar zur KI: „Wir sind nicht mehr allein.“
- Erfahrungen mit dem chinesischen Markt: „Wettbewerb intensiver, Spielräume enger“
- Fanboy Kolumne von Gabor Reiter: Model Y Standard – günstig statt billig




