Doch weiter fließt unser Strom

Wegen erneuerbarer Energien falle häufiger der Strom aus. Man hört dies bzw. liest solche Aussagen immer wieder, doch seit Jahren sind diese konstant falsch. Richtig ist, dass in Deutschland trotz der immer weiter ausgebauten erneuerbaren Energien sehr selten der Strom ausfällt. Die Deutsche Stromversorgung zählte 2023 zu den zuverlässigsten der Welt, so eine Analyse des ‚Forum Netztechnik/Netzbetrieb‘ im ‚Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE FNN)‘. Die Analyse des VDE, die so genannte ‚Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik‘ zeigt, dass im Jahr 2023 jeder Verbrauchende zu etwa 99,997 Prozent mit Strom versorgt wurde, was einer durchschnittlichen Unterbrechungsdauer von 13,7 Minuten pro Jahr (2022: 11,8 Minuten) entspricht.
Eine ältere Erhebung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ergab 2014 für Deutschland Werte von 13,5 Minuten Stromausfall je Endkunden. Das war zusammen mit der Schweiz (13 Minuten) der beste Wert in Europa. Das atomgetriebene Frankreich kam auf 51,5 Minuten. Schlusslichter waren Slowenien mit 908 und Malta mit 570 Minuten Stromausfall.
Ursache von Störungen der Stromversorgung sind laut VDE vor allem die hohe Bautätigkeit sowohl im Straßenbau als auch im Breitbandausbau, die immer wieder zu Schäden an Stromkabeln führen und damit nur zu lokalen Stromausfällen, meist in nur einer Straße: uum Beispiel durchtrennt ein Baggerfahrer versehentlich eine Leitung, oder ein Transformator an der Straße ist defekt.
Die Anzahl der Unterbrechungen pro Kunde lag 2023 bei 0,34 (2022: 0,25), was bedeutet, dass jeder Kunde im Schnitt nur alle drei Jahre von einer Störung betroffen ist. Im Vergleich: In Maine, einem der Bundesstaaten der USA, fiel in den Jahren 2018-2022 der Strom 4,35 mal jährlich aus, also rund 12 mal so häufig wie in Deutschland. Nationaler Durchschnitt in den USA sind 1,62 je Jahr (MRO Electric, ein Unternehmen der Fabrik-Automatisierung). Die häufigsten Stromausfälle weltweit verzeichnet Papua-Neuguinea mit jährlich über 500 Stromausfällen.
Zusätzlich zu den deutschlandweit 13,7 Minuten Stromausfall kommen 4,3 Minuten durch höhere Gewalt, zum Beispiel durch regionale Sturm-Schäden der Orkane Ronson, Denis und Zoltan oder durch das Schneetief Robin. Geplante Abschaltungen schlugen auf gleichbleibend niedrigem Niveau mit rund fünf Minuten zu Buche, so der VDE.
Die ungleichmäßige Erzeugung der Anlagen erneuerbarer Energien hat in den letzten Jahrzehnten zwar zu einem deutlich höheren Aufwand und Kosten für das Management des Stromnetzes geführt, jedoch nicht zu Stromausfällen. Richtig ist, dass es zu häufigeren Eingriffen in das Stromnetz kommt. Kommen stärkere Schwankungen in der Erzeugung von Strom oder durch Wegfall eines großen Verbrauchers vor, so führt dies nicht zu einem Stromausfall. Denn bei einem Mangel an Strom im Netz schießen zunächst die Strompreise nach oben, was dazu führt, dass industrielle Verbraucher sparen oder gar den Betrieb einstellen. Erst wenn diese Selbstregulation nicht reicht, wird gezielt Strom durch die Netzbetreiber abgeschaltet. Dies erfolgt durch die sogenannte Kaskadierung: Den Netzbetreibern liegt eine Liste vor, in welchen Unternehmen welche Anlagen wann abgeschaltet oder heruntergefahren werden können – kontrolliert und gepaart mit finanziellen Entschädigungszahlungen. Krankenhäuser oder andere kritische Infrastrukturen werden selbstverständlich nicht vom Netz genommen. Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln oder Medikamenten wird nicht gefährdet. Die Kaskadierung trifft die Haushalte nicht, denn dort könnten nur geringe Mengen aus dem Netz genommen werden, die kaum für die Steuerung des Gesamtnetzes ausreichen.
In Frankreich, im Land des Atomstroms, kommen Abschaltungen von Industrieanlagen regelmäßig und häufig vor, weil es dort in der Vergangenheit häufiger zu Strommangellagen kam. Wird ein Atomkraftwerk vom Netz genommen, müssen mehr als 1.000 MW ersetzt werden. Eine zentralisiertere Stromversorgung mit wenigen großen Kraftwerken ist immer anfälliger als eine kleinteilige, dezentrale Versorgung, das ist leider auch in der Ukraine zu beobachten.
Quellen:
Internationales Wirtschaftsforum Erneuerbare Energien (IWR) (https://www.iwr.de/news/vde-analyse-deutsche-stromversorgung-zaehlt-2023-zu-den-zuverlaessigsten-der-welt-news38882)
Interview von Janosch Deeg mit Prof. Dirk Witthaut am 18. Januar 2023 für das Magazin ‚effzett‘ des Forschungszentrums Jülich (https://www.fz-juelich.de/de/aktuelles/effzett/2023/das-blackout-maerchen)
Saarbrücker Zeitung (https://www.presseportal.de/pm/57706/3575179)
Dieser Beitrag von Dieter Behrendt wurde in der Ausgabe 25 des T&Emagazins veröffentlicht.
Aus dem Inhalt der 25. Ausgabe:
- Editorial: Schon wieder einen Tesla
- Pro & Contra: Das moralische Dilemma mit Elon Musk
- Future: Lernende Roboter
- Tesla: Wie viel Wartung muss sein?
- Tesla: Mehr als Akku-Wechsel
- Tesla: Das Model Y verfeinern
- Strombock: 5 wichtige Tipps zu Ladetarifen
- E-Auto-Tests: Vier neue Modelle
- News des Quartals – Tesla Welt
- Energiewende: Wieviel Energie ist nötig?
- Energiewende: Solarenergie – Revolution
- Glosse zur Energiewende: Die Klimagaffer
- Energiewende: Großspeicher kommen auch in Deutschland
- Energiewende: Flaute? Kein Wind, keine Sonne…
- Die Herausgeber: Tesla Fahrer und Freunde
- Die Herausgeber: Tesla Owners Club Helvetia
- Aquaplaning und E-Mobilität
- Leser:innenbriefe
- Fanboy Gabor Reiter zu allen Tesla Modellen
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