Erleben Menschen Erneuerbare Energien selbst in ihrem Alltag, beispielsweise in der Nähe ihres Wohnortes oder Arbeitsplatzes, steigt die Akzeptanz erheblich. Das zeigt die aktuelle, repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). So erklärt sich die unvermindert hohe Akzeptanz für Erneuerbare Energien, obwohl politische und wirtschaftliche Krisen die Schlagzeilen dominieren – auch mit Blick auf die eigene Heizung. Die Erneuerbaren stehen ohne Konkurrenz für eine Kombination aus Klimaschutz, Unabhängigkeit und bezahlbarer Energieversorgung.
Stellenabbau, Inflation, Krieg, Wirtschafts- und Regierungskrise – die Liste der auch im Privatleben spürbaren Nachrichten ist lang. Die Frage nach dem Umgang mit diesen lässt sich für die meisten Bürger*innen nur schwer beantworten. Der Klimawandel wird im Gegensatz dazu nicht als unmittelbar wirkend wahrgenommen. „Bemerkenswert ist, dass die Zustimmung der Bevölkerung gegenüber den Erneuerbaren immer noch sehr hoch ist und den wirtschaftlichen und politischen Krisen trotzt”, sagt AEE-Geschäftsführer Dr. Robert Brandt. Wurde doch die Umfrage im Zeitraum zwischen dem 5. und dem 8. November genau während der Ampelstreitigkeit um die Schuldenbremse, die auch Auswirkungen auf die Klimaschutzmaßnahmen hat, und der Entlassung des Finanzministers Lindner durchgeführt.
Dies liegt an der Selbstwirksamkeit der Erneuerbaren Energien. Sie werden dort geschätzt, wo sie nicht nur Teil abstrakter Debatten sind, sondern konkret nachhaltigen Strom, Wärme und klimafreundliche Mobilität ermöglichen. So gaben 57 Prozent der Befragten an, dass sie es „sehr gut” oder „eher gut” fänden, wenn eine Erneuerbare-Energien-Anlage in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gebaut würde. Unter denjenigen, die bereits Erfahrung mit entsprechenden Anlagen in ihrer Nachbarschaft haben, gaben dies sogar 87 Prozent an – 16 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Aufgeschlüsselt nach Solardächern, Steckersolargeräten (Balkon-PV), Solarparks, Agri-PV oder auch Geothermie, Windenergie, Biogasanlagen und Flugwindenergieanlagen zeigte sich bei jeder Technologie und hinsichtlich Strommasten einer Überland-Stromleitung, dass die Akzeptanz der Menschen mit einer Anlage im Umkreis von fünf Kilometern deutlich höher war als unter allen Befragten ohne Vorerfahrungen. Die Zustimmung für Windenergie steigt beispielsweise von 42 auf 61 Prozent, bei Biogasanlagen von 36 auf 56 Prozent.
„Die diesjährigen Ergebnisse unserer seit über 15 Jahren durchgeführten Akzeptanzumfrage könnten nicht deutlicher zeigen, wie wichtig die Akzeptanzarbeit beim Ausbau der Erneuerbaren ist”, so Brandt. „Wenn man von Anfang an die Bevölkerung zur Beteiligung anregen, sie bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort kontinuierlich miteinbeziehen und ihnen die Wertschöpfung in ihrem Umfeld zeigen können, sind sie die größten Befürworter der Erneuerbaren Energien.”
Der größte Unterschied bei der Akzeptanz ist bei den Flugwindenergieanlagen zu sehen. Nur 30 Prozent der Befragten würden eine solche Anlage in der Nachbarschaft befürworten. Mit Vorerfahrung liegt der Wert aber bei 65 Prozent. Hier spielt vor allem der Umstand eine Rolle, dass diese Technologie in der breiten Bevölkerung noch unbekannt ist. Die Anlagen nutzen zur Stromerzeugung Flügel oder Drachen, die an langen Seilen befestigt sind. So erreichen sie starke Windströme in 400 bis 800 Metern Höhe. 39 Prozent der Befragten gaben an, bisher noch nie davon gehört zu haben, aber sie interessant zu finden. 18 Prozent hatten bereits flüchtig etwas davon gehört und ein kleiner Teil verfolgt die Entwicklung aufmerksam beziehungsweise hat dazu bereits etwas gelesen oder gesehen.
Aus aktuellem Anlass sind auch die politisch diskutierten Themen Wärmewende in den eigenen vier Wänden und Kraftwerksstrategie Schwerpunkte unserer aktuellen Akzeptanzumfrage.
Eine der Möglichkeiten der Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf Erneuerbare Energien bietet die Geothermie bzw. Erdwärme. Der wichtigste Grund, der bei den Befragten für eine Erdwärme-Heizung mit Wärmepumpe sprach, ist die Unabhängigkeit von den globalen Energiemärkten und von den Importländern fossiler Energien (65 Prozent). Erst danach folgt der Klimaschutz mit 48 Prozent. Günstigere Wärmepreise als mit Öl oder Gas erhoffen sich 47 Prozent.
Ähnlich sehen die Werte beim Anschluss an ein Geothermie-Fernwärmenetz aus: 62 Prozent sehen den Vorteil in der Unabhängigkeit, 58 Prozent im Klimaschutz und 43 Prozent in stabilen und günstigen Wärmepreisen.
Bei der Geothermie gibt es außerdem eine noch nicht weit verbreitete Möglichkeit der Wärmegewinnung. Dabei wird Grundwasser mithilfe spezieller Horizontalfilterbrunnen und Großwärmepumpen zur Wärmegewinnung und Versorgung von Wärmenetzen im Megawattbereich genutzt. Auch wenn diese Technik fast der Hälfte der Befragten noch unbekannt ist, finden 59 Prozent diese Möglichkeit „sehr sinnvoll” oder „eher sinnvoll”. Nur 14 Prozent halten nichts oder nicht viel davon. 27 Prozent konnten oder wollten sich dazu nicht äußern.
Im Bereich der nachhaltigen Wärmeversorgung dürfen auch Biogasanlagen nicht fehlen. Sie können auch Strom produzieren und als Lückenfüller für Wind- und Solarenergie dienen. Im Moment sind noch ca. 10.000 Biogasanlagen in Deutschland in Betrieb. Doch bei vielen läuft derzeit beziehungsweise in den kommenden Jahren die auf 20 Jahre angelegte Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz aus. Deshalb haben wir nachgefragt, wie die bestehenden Biogasanlagen nach Ansicht der Befragten am besten weitergenutzt werden sollen.
Ein Drittel sprach sich dafür aus, das Biogas aufzubereiten und ins Gasnetz einzuspeisen, damit es dort fossiles Erdgas ersetzen kann. 28 Prozent sehen den sinnvollsten Einsatz darin, dass aus Biogas Strom und Wärme produziert wird, wenn der Bedarf aus anderen Erneuerbaren Energien nicht gedeckt werden kann.
Nachdem die Bundesregierung die Anbringung von Steckersolargeräten vereinfacht hat, indem Vermieter*innen diese nicht mehr ohne triftigen Grund verbieten dürfen, wollten wir wissen, ob die Bürger*innen nun eher bereit sind, sich eine solche Balkon-Photovoltaikanlage zuzulegen. Neun Prozent gaben an, dass sie sich aufgrund des Beschlusses bereits eine solche Anlage angeschafft hätten. Bei 26 Prozent hat die Neuerung die Bereitschaft erhöht, eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Für sieben Prozent ist der Kauf bereits vorher geplant gewesen. 29 Prozent gaben an, in ihrer Wohnung leider keine Möglichkeit zu haben, ein Steckersolargerät anzubringen.
Ein sehr wichtiger Teil der Energiewende ist die Verkehrswende. Denn hier hat sich in den vergangenen Jahren in Sachen Reduktion der Treibhausgase wenig getan. Ein Schlüssel zum Erfolg ist die Elektromobilität. Doch vielen stellt sich hier die Frage: Wohin mit den gebrauchten Batterien? Die Weiterverwertung in stationären Batteriespeichern zur Speicherung von Solar- oder Windstrom kann eine Lösung sein. Deshalb stellten wir die Frage, inwiefern die Möglichkeit der Wiederverwendung der Batterien die Einstellung der Befragten zur Elektromobilität beeinflussen würde. 44 Prozent gaben an, dies hätte keinen Einfluss. 32 Prozent würden die Elektromobilität positiver bewerten.
Vor dem Hintergrund der anstehenden Neuwahlen setzt die deutsche Bevölkerung ein eindeutiges Zeichen. Die Deutschen wollen keinen Ausstieg aus der Energiewende. Im Gegenteil, sie wollen mehr: 80 Prozent der Befragten erachten die stärkere Nutzung und den Ausbau der Erneuerbaren Energien als „sehr wichtig” oder „wichtig”.
Gegenüber dem Vorjahr bleibt die Akzeptanz des Ausbaus der Erneuerbaren Energien quasi stabil. Die allgemeine Zustimmung ging um einen Prozentpunkt zurück – was aber statistisch im Bereich der Fehlertoleranz von ±3 Prozent liegt. Gegenüber den Vorjahren haben sich die Prioritäten der Menschen allerdings verschoben. Dies zeigt ein Blick in die konkreten Aussagen. So gaben 2019 und 2022 noch zwei Drittel der Befragten an, der Ausbau der Erneuerbaren sei ihnen „außerordentlich” oder „sehr wichtig”. 2023 waren es nur noch 55 Prozent, in diesem Jahr 54 Prozent. Der Anteil derjenigen, die den Ausbau als „wichtig” betrachten, stieg hingegen im Vergleich zu 2022 von 19 auf 26 Prozent. Das zeigt, dass Klimaschutz im Bewusstsein der Menschen zwar immer noch wichtig ist, angesichts wirtschaftlicher und politischer Krisen oft aber nicht mehr eine der obersten Prioritäten einnimmt. „Wir als Agentur für Erneuerbare Energien betonen an dieser Stelle, dass die Erneuerbaren Energien ein Schlüssel zu beidem sind – zu wirtschaftlicher Entwicklung und politischer Stabilität. Sie sorgen sowohl für zukunftsfähige Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung als auch für Unabhängigkeit von Energieimporten aus Krisengebieten und autokratischen Staaten.”
Zur Methodik
Die AEE-Akzeptanzumfrage ist eine deutschlandweite, bevölkerungsrepräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien. Befragt wurden online 1.021 Personen ab einem Alter von 16 Jahren. Den Befragten war der Auftraggeber der Umfrage nicht bekannt.
Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien e. V.
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- Gut gemeint, schlecht gemacht! – Irre Ladestellen-Beschilderung
- Summen statt Brummen – Wartet die E-LKW-Zukunft um die Ecke?
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- Leser:innen-Briefe -Neues aus der Teslawelt
- Die Herausgeber: Tesla Owners Club Helvetia
- Die Herausgeber: Tesla Fahrer und Freunde e.V.
- „Ich habe noch einen Tesla in Berlin“ – 10 Jahre Tesla Fahrer und Freunde
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