Der aufgefrischte Xpeng G9 kommt selbstbewusst aus der Modellpflege und legt die Messlatte in seiner Klasse ein Stück höher. Überarbeitetes Gesicht, feinere Details, neue Software und vor allem ein Ladeversprechen, das nach 2025 klingt. Mr. „einfach elektrisch“ alias Oliver Bornemann war für das T&E Magazin unterwegs, hat die Performance-Variante gefahren und das Paket aus Design, Raum, Technik und Tempo auf Alltagstauglichkeit abgeklopft.

Auftritt und Proportionen
Der G9 wirkt auf Bildern groß und in der Realität noch präsenter.

4,89 Meter Länge, knapp 1,94 Meter Breite ohne Spiegel und gut 1,80 Meter Höhe treffen auf einen Radstand von 2,99 Metern.

Die Front trägt ein klarer Blick mit durchgehender Lichtsignatur, flankiert von Voll-LED-Scheinwerfern.

Ein echtes Matrix-Licht hätte dem Topmodell gut gestanden, hier bleibt Potenzial. Die Lackierung in Kaitoke-Grün matt passt dem Auto hervorragend, die 21-Zoll-Räder stehen satt im Radhaus.

Am Heck integriert Xpeng den Wischer geschickt in den Spoiler, was die Linie beruhigt und die Aerodynamik sauber hält. Unterm Strich wirkt der G9 modern, aber nicht modisch.
Das dürfte ihn in ein paar Jahren noch frisch aussehen lassen.
Kofferraum und Frunk

Elektro-SUV heißt beim G9 nicht nur Platz für Passagiere. Hinter der elektrischen Klappe warten 660 Liter Laderaum.

Wer die 40:60-Rückbank umlegt, kommt auf 1.576 Liter.

Verzurrösen, Haken und ein Subwoofer hinter der Seitenverkleidung zeigen Liebe zum Detail.
Praktisch im Alltag ist die Luftfederung, die das Heck zum Beladen absenkt. Vorne unter der Haube steckt ein 71-Liter-Frunk.
Da verschwinden Ladekabel oder die nassen Laufschuhe, ohne den Innenraum zu versauen.
Auf dem Dach sind 75 Kilogramm erlaubt. Wer ziehen will, bekommt ab Werk eine Anhängerkupplung für 1,5 Tonnen bei zwölf Prozent Steigung und 75 Kilogramm Stützlast.
Für schwere Boote ist das zu wenig, für den Fahrradträger genau richtig.
Innenraumgefühl und Bedienung

Der G9 empfängt mit viel Materialqualität. Cognacfarbene Bezüge treffen auf anthrazitfarbene Flächen, weiche Oberflächen reichen bis in die unteren Türbereiche.

Die Software bestimmt die Ergonomie. Fahrer- und Außenspiegel werden über das Zentraldisplay und die Lenkrad-Räder eingestellt, die Luftdüsen lenkt man digital mit einem „intelligenten Wind“. Das funktioniert, verlangt aber Eingewöhnung.

Ein Head-up-Display fehlt, dafür gibt es ein gut aufgelöstes Fahrerdisplay sowie ein gleich großes Beifahrer-Display für Entertainment und Mitsteuerung.
Vorne wie hinten stehen Sitzheizung und Sitzbelüftung zur Verfügung, dazu Massagefunktionen.

Die hintere Lehne lässt sich elektrisch neigen. Induktive Ladeschalen für zwei Smartphones werden aktiv gekühlt.
Das Panoramadach bringt viel Licht, lässt sich aber nicht abdunkeln. In der Sommerhitze wünscht man sich spätestens nach der ersten Kopfmassage eine Jalousie.
Infotainment, Klang und Assistenz
Das Dynaudio-System im G9 spielt auf hohem Niveau. Tiefe Bässe, klare Höhen, sauberer Raum. Die Kameraperipherie überzeugt im Alltag.
360-Grad-Rundumblick, auf Wunsch in 3D, und ein automatischer Parkassistent, der geübte Manöver souverän nachstellt.
Auf der Autobahn hält der X-Pilot die Spur verlässlich und wechselt auf Blinkerimpuls selbstständig die Fahrbahn.
Die Routenführung inklusive Ladeplanung ist integriert. Ziel wählen, Rest-SoC definieren und losfahren.
Eine Filterung nach bevorzugten Anbietern wäre der nächste sinnvolle Schritt.
Platz und Ruhe
Auf der Rückbank sitzt man wie im Loungesessel. Viel Beinauflage, große Sitzflächen, ebener Boden. In der Geräuschmessung liefert der G9 ein echtes Ausrufezeichen.

Bei 50 km/h haben wir 53 bis 54 dB gesehen, bei 70 km/h 56 bis 57 dB, bei 100 km/h 60 bis 61 dB. Das ist Oberklasse-Niveau, obwohl die Scheiben einfach verglast sind. Offenbar hat Xpeng da die Hausaufgaben richtig gut gemacht.
Antriebe, Akku und Ladeleistung
Das Portfolio ist klar sortiert. Der Standard Range startet bei 59.600 Euro, bietet 78,2 kWh nutzbare Kapazität, Hinterradantrieb mit 258 kW und sprintet in gut sechseinhalb Sekunden auf Tempo 100.
Die Spitze liegt bei 200 km/h. Darüber rangiert die Long-Range-Variante mit 92,2 kWh netto und identischer Motorleistung.
In der Praxis fühlt sie sich minimal munterer an, was an der höheren Systemspannung liegen dürfte.
Wer Allrad will, greift zur Long Range mit zweitem E-Motor an der Vorderachse. Dann stehen 458 kW Systemleistung an, die Werkangabe nennt 4,2 Sekunden auf 100. Im Test haben wir aus dem Stand 4,4 Sekunden gestoppt und die Verzögerung aus 100 km/h in 3,11 Sekunden gemessen.
Für ein großes, schweres SUV sind das überzeugende Werte.
Beim Laden zeigt die Modellpflege, wohin die Reise geht. 800-Volt-Architektur ist gesetzt.
Der kleine Akku nimmt bis zu 445 kW an, der große im Peak bis zu 525 kW. Beide sollen laut Xpeng von zehn auf achtzig Prozent in rund zwölf Minuten springen.
Das ist beeindruckend, verlangt aber die passende Infrastruktur.
Wer an 300- bis 400-kW-Säulen lädt, fährt weiter sehr schnell, nur eben nicht im Rekordfenster. AC-seitig stehen dreiphasige 11 kW.
Fahrkomfort und Verbrauch
Das adaptive Luftfahrwerk ist die halbe Miete. Es glättet Kanten, bügelt Wellen und senkt bei Tempo die Karosserie ab.
Auf schlechten Querfugen bleibt der G9 gelassen, ohne indifferent zu werden. Der Wendekreis wirkt für die Stadt tauglich und liegt gefühlt bei rund elf Metern.
Im Landstraßen-Mix sind wir mit 17,5 kWh pro 100 Kilometer unterwegs gewesen. Für ein großes Performance-SUV ist das ein guter Wert.
Auf der Autobahn steigt der Durst erwartungsgemäß deutlich an, wer viel mit Richtgeschwindigkeit plus unterwegs ist, sollte mit einem Verbrauch jenseits der 20 kWh rechnen.
Das schnelle Nachladen macht längere Etappen trotzdem entspannt planbar.
Kritikpunkte, die bleiben
Ein Matrix-Fernlicht gehört in dieser Klasse auf die Wunschliste.
Das fehlende Head-up-Display ärgert Vielfahrer, denn die Blicke wandern häufiger auf das große Zentraldisplay.
Das Panoramadach ohne Verdunkelung wird im Sommer zu warm. Und bei der Anhängelast darf Xpeng über die 1,5 Tonnen hinausdenken, um Handwerk, Bootsfahrer und große Wohnwagen besser abzuholen.
Aber wir bleiben dabei: Der Xpeng G9 Performance ist ein sehr kompletter Reise-Stromer.
Er bietet viel Raum, eine angenehm leise Fahrkultur, kräftige Antriebe, ein starkes Soundsystem und Assistenzsysteme, die im Alltag wirklich helfen.
Vor allem aber lädt er so schnell, wie es 2025 sinnvoll ist, und nimmt damit Reichweitensorgen die Dramatik.
Die Preise sind angesichts der Serienausstattung konkurrenzfähig, die Bedienung ist modern und teilweise konsequent digital.
Ein Head-up-Display, ein besser abgeschattetes Dach und etwas mehr Zuglast würden das Paket abrunden.
Wer ein großes Elektro-SUV sucht und keine Lust auf ewige Ladestopps hat, sollte eine Probefahrt einplanen.
Die Performance-Variante weckt dabei zuverlässig Begehrlichkeiten und wir wecken nun auch Begehrlichkeiten, denn wir zeigen euch hier das einfach elektrisch Video von und mit Oliver Bornemann:
