
Pick-Ups waren ursprünglich reine Arbeitstiere. Geboren aus dem Bedarf, Material, Werkzeug oder Viehfutter von A nach B zu schaffen, entstanden sie Anfang des 20. Jahrhunderts als pragmatische Erweiterung klassischer Limousinen mit offener Ladefläche statt Kofferraum. Besonders in den USA avancierten sie schnell zum Symbol für Tatkraft, Bodenständigkeit und ein Leben fernab der Großstadt. Ob Rancher in Texas, Bauunternehmer in Michigan oder Surfer in Kalifornien, der Pick-Up war mehr als ein Fahrzeug, er war Ausdruck eines Lebensstils.

In Europa blieb er lange Exot, erst als Doppelkabinen mit fünf Sitzen den Spagat zwischen Familienmobil und Nutzfahrzeug schafften, wuchs die Nachfrage. Heute stehen Pick-Ups für Vielseitigkeit pur. Sie schleppen, laden, fahren Offroad und bieten gleichzeitig Komfort und Sicherheit auf Pkw-Niveau. Und mit dem Wandel zur Elektromobilität zeigt sich, dass auch alte Lastenträger neue Wege gehen können – leise, sauber und dennoch ungebrochen kraftvoll und dies war Anlass genug für Oliver Bornemann sich den neuen Maxus eTerron 9 mal ausführlich anzuschauen.

Fünf Meter fünfzig in der Länge, knapp zwei Meter in der Breite, fast ebenso hoch das ist der Maxus eTerron 9 und somit kein Fahrzeug, welches man schnell übersehen könnte.

Der Radstand misst 3,30 Meter, die Ladefläche ist über 1,56 Meter lang und 1,50 Meter breit. Es braucht keine Fantasie, um sich vorzustellen, wie imposant dieser Elektro-Pick-Up im Rückspiegel wirkt.

Doch wer denkt, hier kommt nur ein weiteres Lifestyle-Accessoire für urbane Cowboys, irrt.

Der Maxus eTerron 9 trägt seine Maße mit Stolz – und auch mit Sinn.

Maxus eTerron 9: Leise Kraft mit ordentlich Dampf
Zwei Elektromotoren teilen sich die Arbeit: vorne schieben 125 Kilowatt, hinten drücken 200 Kilowatt. Macht zusammen 272 PS an der Hinterachse plus 170 vorne, garniert mit 700 Newtonmetern Drehmoment im Duett.
Die Kraft verteilt sich über einen Allradantrieb, der serienmäßig verbaut ist.
In 5,8 Sekunden fliegt das 2,9 Tonnen schwere Kraftpaket aus dem Stand auf Tempo 100, Schluss ist erst bei 190 Kilometern pro Stunde.
Und wer denkt, Elektropickups wären nur für die glatte Straße gebaut, wird bei 260 Millimetern Bodenfreiheit, Luftfederung, einem Böschungswinkel von 29 Grad vorne und 25 Grad hinten sowie 550 Millimetern Watttiefe eines Besseren belehrt.
Die serienmäßige Luftfederung im Maxus Eterron 9 ist mehr als nur ein Komfortfeature – sie macht den Unterschied zwischen Nutzfahrzeug und Reisebegleiter.
Per Knopfdruck lässt sich das Fahrwerk in der Höhe verstellen, was beim Beladen ebenso praktisch ist wie auf unwegsamem Terrain.
In der höchsten Stellung gewinnt der Pickup an Bodenfreiheit und damit an Geländegängigkeit, in der niedrigsten Position reduziert sich die Stirnfläche für effizienteres Fahren auf der Autobahn.
Die Fahrwerksabstimmung ist insgesamt weich, was auf langen Strecken angenehm ist, aber in schnellen Kurven auch zu spürbaren Wankbewegungen führt.
Maxus eTerron Reichweite und Ladeleistung
Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie schluckt satte 102 Kilowattstunden. Damit schafft der eTerron 9 laut WLTP innerorts bis zu 566 Kilometer, kombiniert bleiben immer noch respektable 430 Kilometer. Geladen wird auf Wunsch mit einer Peakladeleistung von 115 kW an Gleichstrom, in 42 Minuten wandert der Strom von 20 auf 80 Prozent. Wer an der heimischen Wallbox aufladen will, muss mit etwa zwölf Stunden rechnen, dreiphasig mit 11 kW versteht sich.
Damit wird er kein Lademeister, trumpft aber in Sachen Platzangebot und Anhängelast so richtig auf.

Maxus eTerron 9: Innen Luxus, außen Lasttier

Der eTerron 9 trägt innen feines Leder, glänzt mit einem Doppel-Display im Format 12,3 Zoll plus 12,3 Zoll und bietet in der Premium-Version sogar eine Massagefunktion für den Fahrer.
Das alles in einem Fahrzeug, das problemlos drei Kompressor-Nagler und einen Sack Zement auf die Ladefläche schmeißt.

Der Innenraum ist ein gelungenes Zitat aus der Oberklasse, mit Ambientebeleuchtung, induktiven Ladeschalen und echtem Sitzkomfort auch hinten.

Das Cockpit ist modern gestaltet, das Layout erinnert an aktuelle Oberklasse-SUVs. Zwei große Displays dominieren das Armaturenbrett, das Infotainment läuft flüssig, ist klar strukturiert und bietet Wireless Apple CarPlay sowie Android Auto.
Die Verarbeitung ist für einen chinesischen Pickup erstaunlich solide. Kunstleder, weich unterschäumte Oberflächen, viel Ablagefläche und es gibt sogar ein Geheimfach in der Mittelkonsole.
Was fehlt, ist ein Head-up-Display, und das JBL-Soundsystem bleibt der teureren Luxury-Variante vorbehalten. Auch in der zweiten Sitzreihe überzeugt der Maxus. Beinfreiheit, Kopfstützen, Lüftungsdüsen, Sitzheizung, USB-A und USB-C, dem Maxus eTERRON 9 hat da keine Mängelerscheinungen.
Drei Erwachsene passen problemlos nebeneinander, was bei Pickups nicht selbstverständlich ist.

Die Sitzlehnen sind mit Kunstleder bezogen, es gibt praktische Taschen und eine herausklappbare Mittelarmlehne.

Besonders clever: der Frunk. Dort, wo früher ein Achtzylinder den V8-Blues spielte, steht jetzt ein voll nutzbarer Kofferraum mit elektrischer Stützstange bereit. Das Ladevolumen reicht für zwei Getränkekisten, ein dickes Baustellenradio oder einfach nur für alles, was man nicht in der Doppelkabine verlieren möchte.
Arbeiten erlaubt: 3,5 Tonnen am Haken
Das Zuggesamtgewicht liegt bei 6,5 Tonnen, die gebremste Anhängelast beträgt satte 3,5 Tonnen.
Wer sich also Sorgen macht, dass Elektropickups nur für Jutebeutel und Yogamatten taugen, darf hier beruhigt wieder an den Pferdeanhänger oder den schweren Boots-Trailer denken.
Der eTerron 9 zieht nicht nur optisch vom Leder, er packt auch richtig an, allerdings – so ehrlich müssen wir an dieser Stelle sein – muss man mit einem Anhänger am Maxus eTERRON 9 garantiert viel schneller wieder an die Ladesäule als einem Lieb ist.
Vehicle to Load und Assistenzsysteme satt!
Ein echtes Highlight im Alltag wie auf dem Bau ist die Vehicle to Load Funktion. Der eTerron 9 verwandelt sich damit in eine mobile Stromquelle und liefert über Steckdosen im vorderen Kofferraum und auf der Ladefläche bis zu 2,2 Kilowatt Leistung. Ganz ohne Generator, ganz ohne Lärm. Ideal, um auf der Baustelle die Bohrmaschine zu betreiben, beim Camping den Elektrogrill anzuwerfen oder im Notfall das E-Bike zu laden. Ergänzt wird diese Funktion durch eine Armada an Assistenzsystemen, die dem Pick-Up das Arbeiten und Rangieren deutlich erleichtern. Mit an Bord sind unter anderem ein adaptiver Tempomat, Spurwechselassistenten, ein Totwinkelwarner, eine Rundumkamera, ein Türöffnungswarner für Radfahrer sowie ein automatischer Notbremsassistent. Besonders praktisch ist auch der Querverkehrswarner, der beim rückwärts Ausparken aus unübersichtlichen Situationen hilft. So wird aus einem rustikalen Lastesel ein digitaler Bodyguard mit echtem Durchblick.
Die Rückfahrkamera mit 360-Grad-Sicht funktioniert tadellos, auch die Vehicle-to-Load-Optionen an Front und Heck sind durchdacht.
Der Totwinkelwarner ist hingegen etwas nervös, der Spurhalteassistent scheint nicht immer zuverlässig zu arbeiten.
Hier besteht offenbar noch Optimierungsbedarf, möglicherweise durch ein kommendes Software-Update.
Was kostet die Kraft der zwei Motoren?
Günstig ist der Einstieg nicht, aber in Relation zur Leistung angemessen. Die Luxury-Version beginnt bei 74.958 Euro inklusive Mehrwertsteuer.
Wer das volle Programm inklusive Massage, Panorama-Schiebedach und Premium-Sound will, landet bei 77.933 Euro.
Dafür gibt es fünf Jahre Garantie auf das Fahrzeug und acht Jahre auf die Batterie. Und das gute Gefühl, den ersten Elektro-Pick-Up Europas mit serienmäßigem Allradantrieb zu fahren, der sogar den Euro NCAP Crashtest mit fünf Sternen meistert.
Bringen wir es auf den Punkt: Der Maxus eTerron 9 ist mehr als ein mutiges Experiment. Er bringt Luxus, Leistung und Last unter einen Hut. Wer ihm begegnet, bleibt nicht gleichgültig.
Und wer ihn fährt, wird überrascht sein, wie souverän und smart ein Elektro-Pick-Up sein kann.
Ja, der eTerron 9 ist groß, schwer und elektrisch.
Und genau das macht ihn so besonders. Unser erster Testverbrauch lag bei durchschnittlichen 25,0 kWh / 100 km und damit konnten wir – zugegeben innerstädtisch – den WLTP-Wert von 26,7 kWh sogar noch unterbieten.
Sehr gerne könnt Ihr die gewonnenen Eindrück auf Oliver Bornemanns YouTube Kanal intensivieren, hier der Link zum Video:
