Wasserstoff wird als Alternative zu Strom und dem Verbrennen fossiler Stoffe für den Antrieb von Fahrzeugen vorgeschlagen und auch vom Bund gefördert. Dazu muss neben einem bestehenden Netz von ‚normalen‘ Tankstellen und einem wachsenden Netz von Ladeparks ein drittes Netz von Wasserstofftankstellen aufgebaut werden. Zu den fossilen Brennstoffen sollen also zwei Alternativen entstehen, die sich in der Versorgung klar unterscheiden. Der eine ist einfacher als der andere:
Vorher:


Nachher:


1. Aus Sonne, Wind, Wasser und Biogas hergestellter grüner Strom fließt über das (weiter auszubauende) Stromnetz in Ladepunkte und von dort bzw. direkt aus der Wallbox in Fahrzeuge – das ist ein einfacher Weg.
2. Und der komplizierte Weg? Aus Sonne, Wind, Wasser und Biogas hergestellter Strom fließt über das (weiter auszubauende) Stromnetz in die Produktion von grünem Wasserstoff, welcher über ein noch auszubauendes Pipelinenetz bzw. per LKW tiefgekühlt und komprimiert zu Wasserstofftankstellen transportiert werden muss, die etwa das Dreifache kosten wie ein Ladepark. Eine Bereitstellung wie aus einer Wallbox vor der Tür ist gar nicht möglich. Zudem wird das vier- bis siebenfache an Strom für dieselbe Fahrleistung benötigt.
Schaut man zudem auf eine Europakarte existierender Wasserstofftankstellen, so strandet man mit dem Wasserstoffauto in Italien, Spanien, Irland, Griechenland sowie in Skandinavien und in allen Balkanstaaten. In diesen Ländern scheint es keine Wasserstoff-Strategie zu geben beziehungsweise hat man sich auf Strom als Alternative zu den bisherigen Verbrennern festgelegt. Ladestationen für E-Autos gibt es dagegen in allen Ländern Europas mit deutlich steigender Tendenz. Zwei Gründe hierfür sind sicher der derzeit unwirtschaftliche Betrieb von Wasserstofftankstellen aufgrund mangelnder Nachfrage und hoher Kosten sowie der technisch aufwendige Betrieb.
Und dann ist da noch die Frage nach der Stahl-, Zement-, und Düngemittel-Herstellung, die mithilfe von grünem Wasserstoff klimaneutraler werden könnte. Der Bedarf an grünem Wasserstoff alleine durch die Stahlindustrie (ca. 80 TWh) wäre höher als der in Deutschland erzeugte Solarstrom (51 TWh), die Chemieindustrie benötigt nochmal ähnlich viel Wasserstoff (ca. 60 TWh). Da wäre es doch wesentlich sinnvoller, für diesen Zweck grünen Wasserstoff herzustellen als diesen weiträumig zu verteilen und in Fahrzeugen zu verbrennen.
Der Betrieb von LKW direkt mit Strom braucht zwar eine schwere Batterie, welche die Nutzlast einschränkt, der Betrieb mit Wasserstoff benötigt dagegen viel Platz für die Tanks, was ebenfalls die Nutzlast vermindert.
Was bleibt sind zwei Vorteile vom Wasserstoffbetrieb. Der erste ist: die bisherige Diesel-Technologie ist weitgehend nutzbar. Hier scheint also die Politik im Spiel zu sein, die in Wasserstoff einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern sieht, weil man ihn bei E-Autos verloren hat. Die deutschen Auto- und LKW-Hersteller scheinen allerdings nicht sehr motiviert zu sein, bei einer Wasserstoff-Strategie mitzuspielen, wahrscheinlich, weil sie erkannt haben, dass die Reise Richtung E-Antriebe geht. Weltweit wurden 2024 etwa 1,3 Millionen Ladepunkte neu installiert, aber nur 125 Wasserstofftankstellen. Das sagt einiges. Vielleicht möchte die Brennstoff-vertreibende Industrie auch nicht ihre Macht an Stromkonzerne abgeben und lobbyiert dagegen.
Der zweite Vorteil: Im Vergleich zu bisherigen Verbrennern ist eine Energieautarkie möglich, weil für die Herstellung von Wasserstoff im Wesentlichen nur Wasser und Strom aus in Deutschland verfügbaren regenerativen Energien benötigt wird. Das ist allerdings kein Vorteil zu E-Autos, die nur den Strom benötigen und davon noch weniger.
Komplizierte Technik ist nicht immer High-Tech, das scheinen die für Verkehr und Energie zuständige Minister:Innen nicht wirklich zu sehen. Vielleicht gibt es auch noch eine Erklärung: wir mögen es in Deutschland gerne kompliziert.

Der Beitrag stammt aus der Ausgabe 27 des T&Emagazins. Sie kann hier kostenlos gegen Übernahme der Porto- und Versandkosten in Wunschmenge bestellt werden.



