
1962, eines der einflussreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts erscheint: der ‚Stumme Frühling‘ von Rachel Carson. Ein Buch, das unter anderem beschreibt, wie das Insektizid DDT Vögel killt. Und das letztlich zum Verbot von DDT in vielen Ländern führte. Man hatte gelernt, die Menschheit war auf einem besseren Weg, so dachte man lange. 62 Jahre später führen Glyphosat und andere Chemikalien zum selben Phänomen. Die Zahl der Insekten nimmt rapide ab und mit ihnen alle Insektenfresser einschließlich der Vögel. Der nächste stumme Frühling steht vor der Tür. Wir haben eben doch nichts gelernt!
1979, der Unfall im Atomkraftwerk von Harrisburg. Mehr als 20 Jahre später stellt ein Roboter, mit dem man sich in den Reaktorkern traute, fest, es war eine Kernschmelze, viel stärker als man vermutete. Es gab damals Demonstrationen mit bis zu 100.000 TeilnehmerInnen in Bonn, eine Anti-Atomkraftbewegung entstand weltweit. Der Druck von der Straße führte auch dazu, dass in Deutschland wesentlich weniger Atomkraftwerke gebaut wurden als einmal phantasiert, 37 statt 70 oder so. Beispielsweise sollten damals allein in Cuxhaven fünf Stück nebeneinander gebaut werden. Man hatte gelernt, Japan feierte sich als das Land mit den sichersten Atomkraftwerken. 2011 folgten drei Kernschmelzen in diesen ‚sicheren‘ Meilern, nachdem ein Tsunami die Kühlsysteme zerstörte. Waren wir wirklich schlauer geworden? Gar nichts gelernt hatte man in der Zeit beim Atommüll, der weitgehend immer noch darauf wartet, verbuddelt zu werden. Stattdessen kommen nun kleine, angeblich diesmal wirklich sichere Reaktoren auf den Markt. Über den neuen Müll ist fast nichts zu lesen.
In den 1980ern: das Waldsterben aufgrund einer Versauerung des Regens belebte neue Proteste, die mit dazu führten, dass Wälder gekalkt wurden, dass Kraftstoff und Kraftwerke entschwefelt wurden. Auch hier zunächst einige positive Reaktionen, die das Problem eindämmten. Allerdings gab es auch Vernebelungen: der Waldschadensbericht wurde in Waldzustandsbericht umbenannt, alle Waldflächen die tot waren, wurden aus der Statistik genommen, mit dem Effekt, dass theoretisch nur noch zwei Bäume bleiben können, einer gesund, einer krank, was einer Schädigung von nur 50 Prozent entspricht – was für ein Erfolg!
Hier ein paar Probleme, dort ein paar Lösungen. Alles andere ging weiter und wurde schlimmer. Der Autoverkehr nahm krass zu, die Autos mutierten zu Monstern, der Flugverkehr vervielfachte sich, die zu beheizende Wohnfläche stieg, der Materialverbrauch erreicht riesige Dimensionen. Seit Jahrzehnten steigen daher die weltweiten Temperaturen, zuletzt sogar schneller als noch vor Jahrzehnten. Der Wald stirbt wieder, nur diesmal anders. Die als überzogen und als Schwarzmalen bezeichneten Ergebnisse der Studie Global 2000 von 1980 sind inzwischen von der Wirklichkeit in vielen Punkten überholt worden. Lerneffekt? Fast null.
Kein Wunder ziehen sich viele zurück, die sich früher engagiert haben. Sie sagen sich: wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass vieles schiefläuft und schieflaufen wird, doch es ist zu wenig geschehen. Wir schauen jetzt nur noch zu, wie sich die Welt immer weiter reinreitet. Zynisch nehmen wir Hurrikane, Flutkatastrophen und Dürren zur Kenntnis und freuen uns ein wenig auf neue Katastrophen in dem Glauben, dass erst dann genug geschieht. Wir gaffen dem Klima inaktiv geworden beim Verunfallen zu, wir sind zu Klimagaffern geworden.
Dieser Beitrag wurde in der Ausgabe 25 des T&Emagazins veröffentlicht.
Aus dem Inhalt der 25. Ausgabe:
- Editorial: Schon wieder einen Tesla
- Pro & Contra: Das moralische Dilemma mit Elon Musk
- Future: Lernende Roboter
- Tesla: Wie viel Wartung muss sein?
- Tesla: Mehr als Akku-Wechsel
- Tesla: Das Model Y verfeinern
- Strombock: 5 wichtige Tipps zu Ladetarifen
- E-Auto-Tests: Vier neue Modelle
- News des Quartals – Tesla Welt
- Energiewende: Wieviel Energie ist nötig?
- Energiewende: Solarenergie – Revolution
- Glosse zur Energiewende: Die Klimagaffer
- Energiewende: Großspeicher kommen auch in Deutschland
- Energiewende: Flaute? Kein Wind, keine Sonne…
- Die Herausgeber: Tesla Fahrer und Freunde
- Die Herausgeber: Tesla Owners Club Helvetia
- Aquaplaning und E-Mobilität
- Leser:innenbriefe
- Fanboy Gabor Reiter zu allen Tesla Modellen
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