Warum gibt es im E-Auto eine 12 Volt Batterie?

Foto: Skizze von Martin Hund

Turnusgemäß veröffentlicht der ADAC auch in diesem Jahr seine umfängliche Statistik über die Pannen der gängigsten Fahrzeuge aller Klassen und kürt die zuverlässigsten Autos des Jahres. Und bei den 3,4 Millionen registrierten Pannen, bei denen die gelben Engel ausrücken mussten, gab es in 46% der Fälle den gleichen Grund: Ein Versagen der 12 Volt Batterie. Sie dient der Versorgung der strombetriebenen Geräte im Fahrzeug sowie als Energiequelle für den elektrischen Anlasser, der den nötigen Anlaufdrehmoment für den Verbrennungsmotor erzeugt. Wer jetzt denkt, dass diese Probleme beim Elektroauto der Vergangenheit angehören, der sollte sich in der ADAC-Statistik mal die Kategorie für batteriebetriebene Elektroautos ansehen: Dort steht, dass sogar 54% der Pannen auf eine entladene oder defekte 12 Volt Batterie zurückzuführen sind. Moment mal: Da ist doch eine riesengroße Hochvolt-Batterie eingebaut und einen Anlasser braucht es nicht. Wozu benötigt denn das Elektroauto eine 12 Volt Batterie? Dieser Frage gehen wir auf den Grund.

 

Akkus in Elektroautos

Batteriebetriebene Elektroautos habe einen großen Akku, der meistens als flache Baugruppe im Unterboden unter den Sitzen verstaut ist (Skateboard-Bauweise). Gerade bei Fahrzeugen, die als Verbrenner konzipiert wurden, befindet sich in der elektrischen Variante der Akku auch mal im ehemaligen Motorraum. Die sogenannten Hochvolt-Akkus bestehen aus tausenden einzelnen Zellen (Lithium-Ionen zu je max. 4,2 Volt), die elektrisch so verschaltet wurden, dass der Akku eine elektrische Spannung von 400 bis 800 Volt erreicht (jeweils 96 bzw. 192 Zellen in Reihenschaltung).

Diese Spannung ist ideal für die Versorgung des Antriebstrangs und der elektrischen Heizung bzw. der Wärmepumpe. Aber für den Betrieb von den vielen kleinen elektrischen Geräten wie der Lüftung, dem Radio, dem Bordcomputer, der Beleuchtung usw. ist die Spannung viel zu hoch. Während beim Verbrenner eine Lichtmaschine aus der Motordrehung eine 12 Volt Spannung erzeugt, hat das Elektroauto dazu einen Gleichspannungswandler (DC/DC-Wandler). Diese Leistungselektronik wandelt die 400 Volt des großen Akkus in eine konstante 12 Volt Spannung um und versorgt damit die vielen kleinen elektronischen Geräte. Da einige dieser Geräte für Sicherheitsfunktionen zuständig sind (Notruf, Handbremse, ABS, Airbags, …), schreibt der Gesetzgeber vor, dass deren Energieversorgung vorrübergehend unabhängig von der Hauptenergiequelle des Fahrzeugs sein muss. Und jetzt kommt sie auch beim Elektroauto wieder ins Spiel: Die 12 Volt Batterie! Sie arbeitet also wie ein Energiepuffer und ist auch im E-Fahrzeug dafür zuständig, dass alle 12 Volt-basierten Geräte zuverlässig mit Spannung versorgt werden und dabei unabhängig vom Zustand des Hochvolt-Akkus sind.

 

Wie die 12 Volt Batterie geladen wird

Die Lichtmaschine des Verbrenners lädt bei laufendem Motor die 12 Volt Batterie nach. Die Spannung der sechs Zellen einer Blei-Säure-Batterie steigt dabei je nach Ladezustand auf jeweils über 2 Volt. Wenn das Fahrzeug länger steht, wird die Batterie durch die schleichende Entladung schwächer. Fällt die Spannung der Zellen dauerhaft unter 1,75 Volt, führt das irgendwann zum Defekt der Batterie. Kälte beschleunigt diesen Vorgang – der Grund für das Massensterben von Autobatterien zu Beginn der kalten Jahreszeit.

Beim Elektroauto übernimmt der Gleichspannungswandler die Funktion der Lichtmaschine. Je nach Fahrzeugtyp lädt dieser während der Fahrt (z.B. Opel Ampera) oder auch zusätzlich beim stehenden Wagen, so z.B. bei den Tesla Modellen. Das erklärt auch teilweise deren berüchtigten Vampirverlust: Der Verlust an Batterieladung von bis zu 3 Prozent pro Tag, während das Fahrzeug steht. Die Ingenieure von Tesla haben entschieden, die 12 Volt Batterie auch im Stand nachzuladen, weil im Fahrzeug einige 12 Volt Systeme permanent arbeiten sollen, auch beim abgestellten Auto. Das ist zum Beispiel das Computersystem, welches die Kommunikation des Fahrzeugs mit den Servern bei Tesla und der App des Fahrers sicherstellt. Aber es betrifft auch Sicherheitsfunktionen wie die Alarmanlage oder den Wächtermodus, bei dem die Außenkameras das Umfeld des parkenden Fahrzeugs überwachen und verdächtige Szenen aufzeichnen. Übrigens macht der Tesla beim Einschalten des DC/DC-Wandlers ein klackendes Geräusch, wenn die entsprechende Trennvorrichtung die Verbindung vom Hochvoltakku zum DC/DC-Wandler herstellt. Wenn das in sehr kurzen Abständen geschieht (mehrmals pro Stunde), kann das ein Hinweis darauf sein, dass die 12 Volt Batterie entweder intensiv belastet wird oder dass ihre Kapazität alterungsbedingt abgenommen hat.

In jedem Fall ist auch das Elektroauto bei leerer oder defekter 12 Volt Batterie nicht in der Lage zu starten oder zu fahren, weil sämtliche Steuergeräte, Bedienelemente und die Aktoren zur Unterstützung beim Bremsen und Lenken nicht mehr funktionstüchtig sind. Das gilt auch, wenn der Hochvoltakku selbst noch ausreichend geladen ist. Und weil auch die meisten Elektroautos handelsübliche Blei-Säure-Batterien als 12 Volt Pufferbatterie verwenden, leiden sie wie ihre Verbrennerkollegen unter den Schwächen dieser kostengünstigen Technologie, die je nach Nutzung nach einigen Jahren ausgetauscht werden muss. Die Nummer eins der Ausfallgründe in der ADAC Pannenstatistik scheint gesichert über die nächsten Jahre bzw. über den Generationswechsel bei der Antriebstechnologie hinaus.

 

Foto (Tesla Model S P100D): Martin Hund 

Wenn die 12 Volt Batterie defekt ist?

Ein Defekt der 12 Volt Batterie kündigt sich in der Regel durch einen Kapazitätsverlust und eine sinkende Maximalspannung auf unter 10 bis 11 Volt an. Bei Tesla zeigt die Fahrzeugsteuerung rechtzeitig eine Fehlermeldung an mit dem Hinweis auf eine defekte 12 Volt Batterie. Dabei hat man noch ein paar Tage Zeit zum Austauschen und kann zum Beispiel die Wochenendreise noch beenden. Beim Austausch geht man auf Nummer sicher, wenn man sich an den Hersteller des Fahrzeugs oder eine Vertragswerkstatt wendet. Das Bauteil lässt sich auch gut selbst wechseln, vorausgesetzt, man hat entsprechende Erfahrungen mit der Fahrzeugtechnik, handwerkliches Geschick und passendes Werkzeug. Nachdem man z.B. beim Tesla die Kunststoffverkleidungen unter der Fronthaube entfernt hat, kann man die Batterie schon gut sehen. Die Batteriepole haben unterschiedliche Größen, um ein Vertauschen auszuschließen. Wichtig ist, dass die neue Batterie in Bezug auf Bauform und Kapazität für das jeweilige Fahrzeug geeignet ist.

Das Berühren der Batteriepole mit den Händen ist nicht gefährlich, aber einen versehentlichen Kurzschluss z.B. durch ein Werkzeug sollte man unbedingt verhindern. Da die 12 Volt Batterie durch den DC/DC-Wandler und die davor geschalteten Trennvorrichtungen vom Hochvolt-System des Autos getrennt ist, ist Kontakt mit der Hochspannung an dieser Stelle nicht möglich.

 

Kann man mit dem E-Auto Verbrennern Starthilfe geben?

Wenn die 12 Volt Batterie mal versehentlich leer geworden ist und die Kapazität nicht mehr ausreicht, um den Verbrennungsmotor zu starten, dann ist es üblich, dem müden Aggregat vorübergehend etwas Power von außen zu geben, indem man ein zweites Fahrzeug mit einem Überbrückungskabel anschließt. Diese sogenannte Starthilfe sollte doch eigentlich auch mit einem Elektroauto als Spender möglich sein, oder? …

[…]

 


 

MARTIN HUND ist ein leidenschaftlicher Ingenieur, Tüftler und Visionär. Beruflich beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit der Entwicklung von innovativen Produkten und dynamischen IT-Projekten. Er arbeitet für große Konzerne und Startups als Leader von agilen Teams und als Experte für Digitalisierung. In seiner Freizeit baut er sich seine eigene vernetzte Welt rund um sein Tesla Model S und sein Smart Home. In seinem Blog hundhome.de kombiniert er Handwerkliches mit Elektronik und Software-Entwicklung. Bei Vorträgen und Keynotes referiert er über technische als auch unternehmerische und gesellschaftliche Themen der Elektromobilität und der Digitalisierung im Allgemeinen.


Die Beantwortung der obigen Frage sowie weitere spannende technische Details zur 12-Volt Batterie sind in der 13. Ausgabe des T&Emagazin zu finden, die am 15. Januar 2022 erschienen ist.

Neu ist: Die Zeitschrift wird fortan 68 Seiten haben. 16 Seiten mehr als bisher, gefüllt mit Berichten zu Themen der Elektromobilität und zu regenerativen Energien. Das Magazin verfügt über eine Leimbindung ist und dadurch noch schicker geworden. Zudem wurde die Auflage weiter erhöht: 30.000 Exemplare wurden diesmal gedruckt.

Ein Exemplar der Ausgabe 13 kann gegen Versandkostenübernahme hier bestellt werden.

5 Exemplare10 Exemplare und 20 Exemplare zum Weiterverteilen zu geringen Mehrkosten.

Die Themen der Ausgabe 13:

  • Vom „Ob“ zum „Wie“ 
  • Tesla Welt – News des Quartals 
  • Tesla – Gigafactory 4
  • Tesla – Elon Musk beim Gigafest
  • Tesla – Stammtisch bei Clubhouse   
  • Tesla – 4 abgefahrene Gründe, Tesla zu fahren  
  • Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH)    
  • Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.    
  • S3XY CARS Community – Weltgrößtes E-Auto-Treffen    
  • Elektroauto Guru – Als Wohnungsmieter das E-Auto laden   
  • Elektromobilität – Im Winter & im Pannenfall    
  • Elektromobilität – 12 Volt Batterie     
  • Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests    
  • Elektromobilität – Gebrauchte Elektroautos   
  • Elektromobilität – Elektrische Quads    
  • Innovator – Norbert Zajacs größtes Zoogeschäft der Welt   
  • T&Etalk – Rückblick: Junge Menschen, Zukunft und E-Mobilität    
  • T&Etalk – Rückblick: Giga 4    
  • T&Etalk – Rückblick: E-Auto vs. Bus & Bahn   
  • T&Etalk – Rückblick: Die Liebe zum Tesla    
  • T&Etalk – Rückblick: Ökostrom selber erzeugen & vermarkten   
  • T&Etalk – Ausblick: Aktien zu E-Mobilität & Energie    
  • Technophilosoph – Ohne Börsenhype keine Elektroautozukunft?    
  • Wirtschaft – Connected Car: Tesla, IT-Sicherheit & Datenschutz    
  • Wirtschaft – Ladeengpässe    
  • Wirtschaft – Haus-Energiewende   
  • Klimaschutz – Baum-Patenschaften    
  • Klimaschutz – Energiewende auf Porto Santo    
  • Reisebericht – Mit Model S & Wohnwagen nach Sardinien   
  • Fanboy – Gabor Reiter: Tesla-Ladefeeling für alle
  • und einiges mehr

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