Antonino Zeidler und Timo Schadt haben sich mit dem frühen E-Mobilisten Carsten Fischer auf der Uwe Düne am Seed & Greet in Hilden getroffen. Warum fährt er noch immer seine ersten Elektroautos und hat gar kein Interesse, sich ein neues zu kaufen?
Antonino Zeidler (N): Jetzt wollen wir den nächsten Innovator in die Mangel nehmen und mal hören, wie seine Geschichte ist. Und vor allen Dingen, warum ein altes Elektroauto auch heute noch immer richtig sinnvoll ist.
Timo Schadt (T): Genau. Carsten. Du bist auch jemand, der an seinem alten Model S hängt . Da haben wir ja was gemeinsam. Ich habe das seinerzeit gebraucht gekauft. Tatsache ist: Dein Fahrzeug hatte erheblich weniger Mängel. Welche hattest du denn?
Carsten Fischer (C): Ich fahre den Tesla vom ersten Tag an, seit neun Jahren, mittlerweile außerhalb der Garantien und nur Reparaturen an Verschleißteilen und neue Reifen.
T: Was machen die Querlenker und Bremsen?
C: Die Querlenker habe ich vor einem Jahr erneuern lassen. Nur die Bremsflüssigkeit müsste ich mal wechseln. Nach frühen Ausfälle, die auf Garantie behoben wurden, läuft und läuft und läuft der Wagen. Mittlerweile macht das richtig Spaß, weil man ein Gefühl dafür bekommt, dass auch ein relativ teures, frühes Produkt dieser Baureihe tapfer seinen Dienst tut. Und das seit neun Jahren.
N: Was hast du damals investiert?
C: Der Neupreis war genau 105.000 Euro. Der war voll ausgestattet.
N: Und was hast du inzwischen rein gesteckt?
C: Das waren so fünf-, sechs Tausend Euro.
T: Wegen der Garantieleistungen von Tesla…
C: Ja. Am Akku musste mal was aufgefrischt werden. Hier und da ärgerliche Macken, wie die Türgriffe. An einer Tür habe ich den ausgetauscht bekommen. Man darf nicht so dran reißen, man sollte nicht mit dem Griff zu machen. Seitdem ich das vermeide, habe ich kein Problem mehr. Und natürlich, wenn man andauernd die Beschleunigung testet, folgt daraus Verschleiß.
T: Aber das ist bei Verbrennern nicht anders.
C: Richtig, andere hatten schon dreimal ihre Querlenker kaputt, oder die Antriebswelle.
T: Grundsätzlich verschleißen wenig Teile bei einem E-Auto. Jetzt mal von anfänglichen Produktionsmängeln beim frühen Model S abgesehen, hast du nicht wirklich viel Geld nach dem Kauf in das Fahrzeug rein gesteckt.
C: Die ersten acht Jahre waren völlig kostenfrei. Ein Service-Paket war im Neupreis mit drin, das vier Services enthielt. Die habe ich genutzt. Man muss nicht einfach so zum Service, wie bei anderen Herstellern.
T: Du fährst dein Auto vorsichtig, rast wenig.
C: Ja, es hält deutlich länger bei der Kraft und bei dem Gewicht, das es hat. Sonst geht das Fahrwerke schnell kaputt.
T: Hat es dich nicht gereizt, auf einen neueren Tesla zu wechseln?
C: Ich hatte nie das Gefühl, dass ich in einem alten Auto sitze, dass das ein Oldtimer wäre.
T: Die MCU2 hast du aber nachrüsten lassen und dadurch, was die Hardware angeht, noch mal einen ordentlichen Sprung gemacht.
C: Es ist natürlich so, dass das Geld gekostet hat, aber das hätte ich nicht machen müssen. Ich wollte das neue Feeling haben und ich schlug zu, als die Preise etwas gesenkt wurden. Es kostete deutlich unter 2.000 Euro.
T: Meine eigene Erfahrung ist identisch. Die neue MCU ist wirklich ein Gewinn.
C: Und ich vermisse keine Features wie den Autopiloten. Ich will das irgendwann sicherlich haben, wenn der Tesla gehäuft kaputt sein wird, werde ich mir wohl einen neuen kaufen.
T: Bevor du dir das Model S gekauft hast, hattest du einen Ampera-e erworben und auch den hast du ja noch.
C: Meine Frau und ich haben zwei Autos und fahren die im Wechsel, je nachdem, welcher gerade voll geladen ist. Den Opel Ampera fahren wir jetzt seit 14 Jahren. Es war damals so eine kleine Gruppe von Ampera-Fahrern, die haben die Dinger geliebt. Der fährt seine 50 bis 80 Kilometer elektrisch. Die Autos werden immer bei uns zu Hause nachgeladen.
T: Du lädst schon seit langem zu Hause.
C: Wir haben seit 2010 eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Damals schon mit Eigenverbrauch-Regelung, die sehr interessant war, weil man da noch ordentlich was geschenkt bekommt. Jedenfalls habe ich die früh mit einer Solar-Batterie ausrüsten lassen. Die funktioniert seitdem.
T: Also Leute, es funktioniert nicht nur die Elektromobilität, sondern auch die Kopplung der Sektoren.
C: Jetzt wirklich nur Solarstrom zu haben und auch das Haus über Solarthermie im Winter zu heizen, das macht richtig Spaß.
T: Es tut sicher richtig weh, wenn die Sonne knallt und dann auch noch beide Autos voll sind, schrecklich.
N: Ich muss da gerade einhaken. Was gibt es denn für Verluste an der stationären Batterie?
C: Da sind wir heute bei 80 Prozent der Kapazität. Ich habe jetzt 13,8 Kilowattstunden nutzbarer Kapazität und es sind jetzt irgendwo um die zehn Kilowattstunden nutzbar. Das reicht dreimal für den Haushalt, nicht für das Elektroauto, das ist klar. Unsere Autarkie Strom ist ganzjährig bei über 80 Prozent, und das seit neun Jahren. Die Eigenverbrauch-Quote liegt bei 72 Prozent.
N: Wenn die Anlage 20 Jahre alt ist, irgendwann hat sie dann nur noch 60 Prozent und deine Autarkie wird ein Stück weit runtergehen. Wenn du noch 10 Jahre weiter bist, sind die Akku-Preise auch nicht mehr so hoch wie heute. Wir haben jetzt das Thema, weil die Elektromobilität so an Fahrt aufnimmt, dass die Akkus derzeit teuer bleiben.
C: Aber ich hätte nicht gedacht, dass es über so viele Jahre so gut funktioniert.
T: Zurück zum E-Auto. Worauf muss denn jemand achten, der Interesse hat, sich ein gebrauchtes Model S zuzulegen?
C: Anfällig ist sicherlich das Fahrwerk. Die Querlenker, die schlagen über die Jahre aus, auch die Bremsscheiben. Letztere muss man nach der Waschstraße trocken bremsen. Wenn man das nicht macht, dann rosten sie. Auch kann man den Akku auslesen. Es gibt durchaus Parameter, die auf Schäden hinweisen können. Da gibt es Programme fürs Handy. Sicherlich sollte man das Auto auch mal auf eine Hebebühne stellen und an den Querlenkern rütteln.
T: Und insgesamt ist es sinnvoll, dass man die Historie der Reparaturen vom Vorbesitzer gut dokumentiert bekommt. Was denkst du, was kann Dein Model S am Markt noch erzielen?
C: Neulich waren die Preise sogar höher als noch vor einem Jahr.
T: Meine These: Die Fahrzeuge sind auf lange Sicht so verlockend, dass die Preise durchaus auch steigen könnten. Und ja, warum sollte man ein eigentlich so super funktionierendes Fahrzeug früher abgeben als notwendig? Hast du dir denn schon mal Gedanken darüber gemacht, wie ein Leben nach deinem Model S aussehen könnte?
C: Ich würde wahrscheinlich, wenn ich morgen in einen Unfall verwickelt wäre und es wäre ein Totalschaden, ein Model 3 kaufen oder ein ähnliches Modell, weil für eine dreiköpfige Familie ist das ausreichend groß. Es gab damals nichts anderes in der Kategorie.
T: Aber du hast ja auch noch was Spannendes hinten, Stichwort Familie, nachgerüstet.
C: Ja, die dritte Sitzreihe konnte man in der Tat bei den älteren Modellen nachrüsten. Wir hatten schon manchen Kindergeburtstag, wo man dann mit diesen sportlichen Wagen auch mal sieben Personen transportieren konnte. Das ist schon beeindruckend. Und auch eine Anhängerkupplung haben wir nachgerüstet für den Fahrrad-Träger. Alles mit überschaubarem Aufwand.
T: Unterm Strich gilt es festzustellen: Es lohnt sich, ein gebrauchtes Fahrzeug tatsächlich in Erwägung zu ziehen. Wobei man natürlich die Bereitschaft haben muss, auf so Features wie Assistenzsysteme zu verzichten. Es gibt aber auch Vorzüge, dein altes Fahrzeug weiterhin zu nutzen?
C: Free-Supercharging. Ich kann es kostenfrei fahren, ein Fahrzeugleben lang.
T: Und wohlgemerkt, dies gilt auch für Tesla, die bis Anfang 2017 ausgeliefert wurden. Beim E-Auto-Gebrauchtwagenkauf macht man sich selber schlau oder nimmt im Zweifel auch einen Gutachter mit, der dann den Fachblick auf das Fahrzeug wirft, bevor man eben Geld in die falsche Richtung raushaut.
N: Gebraucht fangen diese ersten Tesla von 2013 bei 30.000 Euro an, die dann Free Supercharging haben. Am Supercharger sind wir, glaube ich, inzwischen bei 0,58 Euro pro Kilowattstunde. Timo und Carsten wissen das nicht, weil die nichts dafür bezahlen. Das Freecharging ist also ein super Argument für einen Gebrauchten.
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Die Themen dieser Ausgabe:
Leser-Reaktionen
Editorial – E-Mobilität nicht mehr ausbremsbar – von Timo Schadt
Tesla Welt – News des Quartals – von David Reich
Tesla – Cyber Rodeo & more – Gigafactory in Texas eröffnet – von Karsten Klees
Tesla – Model X Plaid vs. Model S von 2013 – von Timo Schadt
Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH) – von Martin Haudenschild
Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V. – von Lars Hendrichs
Innovator – Carsten Fischer plädiert für das Fahren im älteren E-Auto Interview von Nino Zeidler & Timo Schadt
Elektroauto Guru – Tuning fürs E-Auto? – von Nino Zeidler
S3XY CARS Community – Das größte E-Auto Event am 30.7. – von Timo Schadt
T&Etalk – Rückblick: E-Fahrzeug-Design – furchtbar? – von Timo Schadt
Elektromobilität – Wie funktioniert eine Akkuzelle – von Martin Hund
Elektromobilität – Car Maniacs E-Auto-Tests – von Christopher Karatsonyi
Wirtschaft – Medien zwischen Fake News & Bildungsauftrag – Interview von Timo Schadt mit TV Journalist Jochen Rosenkranz
Wirtschaft – Internet für alle: Was ist Starlink? – von Moritz Blunt
Energie- & Verkehrswende – Brennstoff aus Treibhausgasen – von Dr. Heiko Behrendt
Energie- & Verkehrswende – Geldverschwendung mit Atomkraft – von Dr. Heiko Behrendt
Energie- & Verkehrswende – Potenzial von Vehicle-to-Grid – Interview mit Loris Di Natale von Fritz Kleiner
Technophilosoph – Wenn Robotaxis vor der Polizei abhauen – von Dr. Mario Herger
Reisebericht – Halide Studer fuhr mit dem Model S nach Istanbul – von Beat Jau
Reisebericht – USA mit dem Tesla – von Lars Hendrichs
Fanboy – Synergien im Elon Universum – von Gabor Reiter