Car Maniac. Genesis GV70

Ich kann mir hier den Namen Phil Collins mal wieder nicht verkneifen: Aber hier geht es um die koreanische Marke “Genesis”.
Ältere Semester kennen diesen Namen bislang nicht als Auto, sondern als Band von Phil Collins. Und mindestens so gut wie die Band ist im Autobereich Genesis momentan in dem, was sie rausbringen. Aber, eins vorab, der Familien SUV hat nicht nur Vorteile.

Heute geht es um den GV70.
Genesis und Car Maniac haben eine gemeinsame Geschichte. Car Maniac hat den ersten Dauertester in der Geschichte von Genesis übernommen. Mein Mitarbeiter Francesco fährt den Genesis GV60 sportplus. Es hat schon seinen Grund, warum wir uns für diese Marke entschieden haben.

Der GV70 hat einiges gemeinsam mit dem GV60, obwohl der eine auf der E GMP-Plattform vom Hyundai Ioniq 5 stammend basiert, der andere nicht.

Aber kommen wir nun zu den Daten und auch, direkt mit der Tür ins Haus fallend, zum Negativaspekt an diesem Auto: Der GV70 electrified Sport hat letzten Endes nur einen GV60 Sport Plus unter seinem Kleid schlummern. Das bedeutet in Zahlen: 490 PS im Boost, 77,4 kWh nutzbarer Akku, 4,9 bis 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h; ein richtig adäquates Autobahntempo, zu dem wir noch kommen. Aber der Akku ist einfach zu klein für dieses Auto, wie ich finde. Ich hätte mehr erwartet. Zumindest wie beim G80. Auch dieser basiert ja auf einem Verbrenner, wie der GV70, hat allerdings einen knapp 10 Kilowattstunden größeren Akku. Das kann, bei effizienter Fahrweise auf der Autobahn, schon mal 40 Kilometer mehr bringen.

Der GV70 ist kein klobiger SUV. Er ist mit 4,76 Meter ganze 15 Zentimeter kürzer als ein Audi e-tron oder sogar 21 Zentimeter kürzer als ein Mercedes EQE; dafür aber knappe 24 Zentimeter länger als der GV60. Die größere Karosserie bringt auch einem größeren Kofferraum: 503 Liter. Das ist auch das, was ein BMW IX bietet, welcher aber merklich größer ist, und knappe 70 Liter mehr als der GV60. Also ja, dieses Auto ist familientauglicher, aber durch den Akku wird das natürlich wieder etwas verdaut. Denn der cw-Wert ist mit 0,29 einer der Schlechtesten momentan. Da darf man auf der Autobahn keine Wunderwerte erwarten.

Außen wie Innen ist das Fahrzeug unglaublich edel und zwar so edel, dass ich wirklich sagen muss: da kommen die Deutschen momentan nicht hinterher. Das Interieur ist hochgradig luxuriös, mit Option auf Nappaleder und Velour-Himmel. Das Navigationssystem bzw. Infotainment System hängt allerdings den deutschen Fabrikaten noch deutlich hinterher. Die gute Nachricht: das Rollout für die Laderoutenplanung soll bald kommen. Das ist noch ein ziemlicher Flaschenhals bei Hyundai, Kia und Genesis. Zumindest hat Genesis von Anfang an schon mit dem ersten elektrischen Modell die Vortemperierung für die Ladesäule mit an Bord gehabt.

Beim Thema Fahren ist das Fahrzeug wie erwartet innerstädtisch extrem komfortabel. Durch die Schaltwippen hinter dem Lenkrad kann man sehr schön die Rekuperationsstärke individuell nach seinem eigenen Geschmack einstellen. Wir haben hier das Noise Cancelling an Bord für eine noch leisere Innenraumakustik und auch die adaptiven Dämpfer, die sogar die Fahrbahnbeschaffenheit über die Kamera checken. Eine 360 Grad Kamera ist natürlich mit an Bord und mit der Vollausstattung kostet das Fahrzeug 82.000 Euro. Das klingt nicht wenig, ist es aber im Vergleich zu dem, was man bei der deutschen Konkurrenz bekommt. Den städtischen Verbrauch habe ich bei knapp 14 Grad mit 17,4 kWh Durchschnittsverbrauch auf 100 Kilometern ermittelt. Dagegen gibt es nichts einzuwenden.

Wo das Ganze lediglich ins Negative gedreht wird, ist auf der Autobahn. Hier kriegt man die Quittung für den cw-Wert bei knapp 125 bzw 130 km/h Tacho und Tempomat (habe ich natürlich wieder topografisch ausgeglichen): 25 Kilowattstunden auf 100 Kilometern. Das ermöglicht auf letzter Rille gerade mal so 300 Kilometer. Relativ wenig für ein Elektroauto – welches ja doch eher Familien kaufen würden – daran denkend, dass man mit 80 Prozent nach dem ersten Ladestop nur noch knappe 220 Kilometer weit kommt. Fährt man allerdings an die Ladesäule, erfreut man sich über das 800 Volt Ladesystem aus dem GV60 bzw. aus dem Hause Hyundai, mit dessen Hilfe der Wagen bis 55 Prozent knappe 224 kW an der Ladesäule ziehen kann. Die Messung: 20 Minuten von knapp unter 10 bis 80 Prozent. Das kompensiert den Zeitverlust durch das häufigere Laden; allerdings kann man den Energieverlust nicht schön reden.
Genügend vor temperiert hat der Wagen den Akku durch die entsprechende Funktion. Faustregel: in der Regel schafft so eine Vorheizfunktion knappe 10 Grad pro halbe Stunde.
Genesis verspricht also nichts, was er nicht halten würde. Allerdings muss der Wagen trotz seiner unerreichbaren luxuriösen Anmutung aufpassen: der EQE kommt, ebenfalls als SUV, und dann gibt es ja noch den Audi e-tron, der auch eine Neuauflage im November bekommt. Stätestens dann wird es schwierig, denn die alle haben größere Akkus und sind teilweise effizienter. Dafür ist aber der Genesis auch gut und gerne ausstattungsbereinigt 25.000 Euro günstiger und das spricht natürlich wieder für sich, wenn man gar nicht so oft Langstrecke fährt; denn innerstädtisch ist er sehr effizient.
Alles in allem eher nicht empfehlenswert, wenn jemand wirklich viel reist, trotz der tollen 1,8 Tonnen Anhängelast, aber sehr empfehlenswert für alle, die etwas wirklich Wertiges wollen, aus der Masse hervorstechen möchten und dabei, im Gegensatz zu den deutschen Fabrikaten, auch noch sparen wollen.

Das Video von Car Maniac:

 


Weitere Car Maniac E-Auto-Tests sind auch in der im Oktober neu erschienenen 16. Ausgabe des T&Emagazin zu finden:

 

Die Ausgabe 16 des T&Emagazin
(3. Quartal) ist erschienen
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Sie kann in gewünschter Menge gegen Porto- und Bearbeitungskosten bestellt werden.

 

Die Themen:

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  • Tesla Welt – News des Quartals
  • Elektromobilität – Dirk Bergel: S3XY CARS Community 2022
  • Elektromobilität – S3XY CARS Community auch 2023?
  • Elektromobilität – Martin Hund: Produktion, Bauformen, Arten von Zell-Packs
  • Elektromobilität – Timo Schadt: Ein persönlicher Befreiungsschlag – Weg vom Verbrenner!
  • Elektromobilität – Christoph Krachten: E-Auto-CO2-Bilanz
  • Elektromobilität – Dr. Heiko Behrendt: PKW Kosten
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Ein Gedanke zu „Car Maniac. Genesis GV70

  1. Hatten wir nicht mal von Effizienz gesprochen , warum soll man ein 100 kw Akku täglich spazieren fahren bei einer täglichen Arbeitsfahrt von 50 km
    Der junge Mann hat wohl reich weiten Angst 😰
    Im Moment brauchen wir kleine bezahlbare Autos und Tempo Limits
    Mal wach werden Keule

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