Car Maniac: Wofür steht Smart?

Das weiß selbst der, der kein Englisch beherrscht: Es steht für Klein. Und genau das war auch das gleichnamige Fahrzeug bislang: einfach klein. Aber sogar schon elektrisch. Doch nun läutet Smart eine neue Generation Elektroauto ein. Den Smart, der keiner mehr ist.

Das Design erinnert stark an den Mini Countryman, allerdings in Mercedes Kluft. Mir gefällt er zugegebenermaßen wahnsinnig gut, weil er einfach richtig Style hat. Der Kofferraum ist brauchbar geworden, aber zwei Koffer muss man schon übereinander stapeln. Immerhin kann der Kofferraum über eine verschiebbare Rücksitzbank erweitert werden. Aber so weit gehen wir noch gar nicht.
Dieses Fahrzeug ist der Brabus Smart. Und dieses Mal ist Brabus auch wirklich Programm. 200 kW an der Hinterachse und weitere 115 kW an der Vorderachse befeuern den kleinen Wagen. Wobei Klein auch relativ zu sehen ist, denn wir sprechen hier von knapp 1,9 Tonnen. Ich kann es immer noch nicht glauben.

Wer es eine Stufe dezenter haben möchte, der kann zum normalen Smart greifen, mit dem er allerdings auch nicht unter motorisiert ist. Dieser hat dann 200 kW an der Hinterachse und treibt diese auch an, der Brabus hat Allrad. 6,7 Sekunden dauert es im Spurt von 0 auf 100 km/h bei dem Normalen, 3,9 Sekunden beim Brabus. Das ist schon ein deftiger Wert, der Richtung Porsche Carrera 4S geht.

Das wird wohl ein Überraschungseffekt sein, den keiner erwartet und den viele verteufeln werden. Wie viele schon erwartet haben, hat das alles seinen Preis, knapp 41.500 Euro kostet der Pro Plus. Darüber steht der Premium mit 44.900 Euro, dann kommt der Launch Edition, welcher wahrscheinlich schon vergriffen sein wird, weil alle Vorbestellungen erschöpft sind, mit 46.300 Euro und letztendlich, nicht zu vergessen, der Brabus mit 48.900 Euro.
Das ist eine ganze Menge Holz vor allem, wenn man bedenkt, dass dieses Fahrzeug nicht mehr in die bisherige Förderfähigkeit reinfällt, denn vor Januar werden diese Fahrzeuge nicht ausgeliefert. Sie kommen aus China, denn die Plattform kommt von Geely. Dafür dürft ihr mit sehr kurzen Lieferzeiten rechnen. Als erstes kommen die teureren Modelle, heißt also der Launch Edition und der Brabus. Smart muss erst mal Marge machen. Es wird noch eine Einstiegsvariante geben, mit kleinerem Akku, allerdings erst gegen Ende 2023.
Würde ich aber fast gar nicht empfehlen, denn mit 66 kWh ist der Akku nicht mal so groß wie der von den größten ID Modellen oder dem Cupra Born. Nutzbar sind davon knappe 64,5 kWh und komplett brutto sprechen wir von 69,4 kWh.

Es gibt einen vorderen Kofferraum für alle Varianten, allerdings ist dieser höchstens für Sportschuhe gedacht oder ähnlich kleine Gegenstände. Matrix LED Scheinwerfer gibt es auch, genauso wie eine Anhängerkupplung mit sogar stattlichen 1,6 Tonnen Anhängelast. Das hat keiner in dieser Klasse.

Den Brabus gibt es in verschiedenen aufregenden Farben oder einfach in ganz schwarz. Erkennungszeichen ist das #1 Zeichen hinten drauf und die Smart Aufschrift, welche beide in schwarz gehalten sind bei der Brabus Variante.

Im Innenraum trifft man auf wirklich pfiffige und hochwertige Verarbeitung. Auch hier geht der Punkt klar an den Smart, wenn man ihn mit seinen Mitbewerbern vergleicht. Einzig und allein unten in den Türfächern findet man Hartplastik, ansonsten überzeugt der Wagen sogar mit einem Head-up-Display und Alcantara Lenkrad, sowie einer gekühlten Mittelarmlehne vorn.
Der Dachhimmel ist aus Velours. Das kriegt man nicht für Geld und gute Worte bei der Konkurrenz, nicht mal für Mercedes eqa oder eqb.
Das Betriebssystem wurde nicht von Mercedes übernommen, ist also kein mbux. Es ist ein eigens entwickeltes und nennt sich Smart OS. Es ist etwas verspielt und ein bisschen zerklüftet, so dass man gewisse Funktionen öfters suchen muss. Dafür reagiert es unfassbar schnell und es hat ganz tolle Features, wie beispielsweise den Pet Mode, den wir schon von Tesla kennen. Dieser zeigt über das Hauptdisplay, dass die Klimaanlage angeschaltet ist, falls jemand am Auto bei Hitze vorbei läuft und merkt, dass ein Tier im Auto sitzt.

Einen Ladefilter gibt es ebenfalls für Säulen, allerdings ist dieser nicht nur optisch wie bei Tesla, sondern auch von der Funktion. Man kann nur die Blitze auswählen aber nicht, wieviel die Säule an kW können soll. Des Weiteren fehlt eine Einstellung für SoC am Ziel und an der Ladesäule. Das Tolle: ich habe mit der Programmierabteilung von Smart gesprochen und die waren so dankbar für dieses Feedback, dass sie gesagt haben, dies bis zum Marktstart nachreichen zu wollen.
Die Brabusvariante ist schon merklich sportlich ausgelegt, so dass komfortable Fahrer das Fahrwerk wahrscheinlich ein bisschen als zu hart empfinden werden. Der normale Smart ist ausgewogener und hat trotzdem Power mit seinen 272 PS. Ich persönlich würde natürlich den Brabus nehmen, aber ich spinne ja auch ein bisschen. Innerstädtisch konnte ich einen fantastischen Wert von 12,8 kWh ermitteln, was für diese Power von 430 PS ein sagenhafter Wert ist. Die Rekuperation lässt sich über das Display einschalten und ist relativ kräftig, oder eben gar nicht vorhanden. Schaltwippen am Lenkrad gibt es hierfür leider nicht.
Das Einparken kann sich hier und da mal komplizierter gestalten, denn auch die Spiegel werden wie bei Tesla über das zentrale Display eingestellt. Eine Funktion, die ich überhaupt nicht gut finde.
Wer dann aber eingeparkt hat und an einer städtischen Säule ansteckt, der wird sich über fantastische 22 kW Ladeleistung serienmäßig freuen. Allerdings nicht bei der Pro Plus Variante, diese kommt aus Chipmangel nur mit 7,4 kW Ladeleistung. Gibt es wieder genügend Chips, wird hier die Ladeleistung auf 11 kW angehoben.

Heißt nur drei Stunden für komplett voll. Wer auf der Autobahn fährt kann sich auch über eine solide Ladeleistung mit Gleichstrom freuen. An der Schnellladesäule kann der Smart 150 kW ziehen. Heißt, er schafft es in 30 Minuten auf 80 Prozent. Die schlechte Nachricht oder zumindest eine schlechte Nachricht angesichts des städtischen Verbrauches, ist der Verbrauch auf der Autobahn. Ich habe den Wert gemittelt, also in eine Richtung und in die andere Richtung und jeweils genullt, und bin auf 23 kWh Verbrauch auf 100 Kilometern gekommen.
Verstehen wir uns nicht falsch! Das ist nicht schlecht, allerdings segelt hier ein KIA e-niro lachend mit ungefähr 17 kWh vorbei. Fairerweise muss man aber sagen, der hat nicht mal die Hälfte der Leistung. Also doch wieder nicht so schlecht. Der cw-Wert ist halt mit 0,26 nicht besonders gut beim Smart.
Dafür fährt sich selbst der Brabus auf der Autobahn sehr angenehm. Abgeregelt sind alle Varianten bei 180 km/h. Man hätte schon einen Respektabstand zum Brabus halten können, so wie das BMW mit dem i4 zum i4 M50 macht.
Aber das ist nur Meckern auf hohem Niveau. Das Einzige, was am Ende negativ hängen bleibt, ist einmal die Qualität der Rückfahrkamera und natürlich der Preis. Massentauglich ist er damit nicht, wird aber trotzdem von einer großen Masse gekauft werden, das kann ich schon mal prophezeien. Ist er geeignet als Verbrennerersatz? Absolut, man sollte halt nur keine langen Fahrten planen, wie von München nach Split oder so. Aber auch das schafft man.

Für mich ist der Smart in seiner Klasse der Knaller des Jahres 2022.

Das Video von Car Maniac:

 


Weitere Car Maniac E-Auto-Tests auch in der neu erschienenen Ausgabe 16 (3. Quartal) des T&Emagazin.

 

Die Ausgabe 16 des T&Emagazin (3.Quartal) ist erschienen.
Sie kann in gewünschter Menge gegen Porto- und Bearbeitungskosten hier werden.

 

Die Themen:

  • Editorial – Timo Schadt: Handlungen sind erforderlich
  • Tesla Welt – News des Quartals
  • Elektromobilität – Dirk Bergel: S3XY CARS Community 2022
  • Elektromobilität – S3XY CARS Community auch 2023?
  • Elektromobilität – Martin Hund: Produktion, Bauformen, Arten von Zell-Packs
  • Elektromobilität – Timo Schadt: Ein persönlicher Befreiungsschlag – Weg vom Verbrenner!
  • Elektromobilität – Christoph Krachten: E-Auto-CO2-Bilanz
  • Elektromobilität – Dr. Heiko Behrendt: PKW Kosten
  • Elektroauto Guru – E-Autos zu teuer wegen Strompreis?
  • Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests
  • T&Etalk – Rückblick: Campen mit E-Auto
  • T&Etalk – Tesla AI Day II, Jahresbilanz Energie- & Verkehrswende
  • Technophilosoph – Dr. Mario Herger zum AXA-Skandal
  • Klimaschutz – Prof. Volker Quaschning fordert eine Energie-Revolution
  • Klimaschutz – Dr. Heiko Behrendt: Darmstadt, Toulouse reloaded – Dürre
  • Innovator – Gespräch mit Martin Hund
  • Wirtschaft – Christof Reichel: Meilensteine kreativen Auto-Designs
  • Wirtschaft – Timo Schadt: Die Chinesen kommen – Jetzt!
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