Mehr als Akkuwechseln

Service-Angebot jenseits der Garantie

Im wachsenden Markt an spezialisierten Servicewerkstätten für E-Autos ist NIK’s Garage in Nürnberg ein weiteres herausragendes Beispiel. Dahinter bzw. davor steht Niklas Persch (kurz Nik). Will man gut führen, Qualität liefern und den Kunden ins Zentrum stellen, muss man sich selbständig machen, so ähnlich erging es Nik. Inzwischen hat der 32jährige ein eigenes Werkstatt-Unternehmen mit einer Spezialisierung auf Tesla, doch dabei soll es nicht bleiben.

Besser als das Original

Die Werkstatt bietet nachhaltige Reparaturlösungen an und standardisiert diese. Beispielsweise kann bei einem defekten Leuchtmittel nur dieses getauscht werden und nicht wie bei Tesla direkt der ganze Scheinwerfer. Im Angebot sind beispielsweise auch modifizierte Kühlmittelauslässe, die beim Model S das Eindringen von Flüssigkeit in den Motor verhindern. Die wiederaufbereiteten Antriebs-Einheiten (Large Drive Unit) sind laut ihm besser als das Original. Dieser proaktive Ansatz gewährleiste eine Zuverlässigkeit und Stabilität, was zukünftige Ausfälle verhindern soll.

Partnerwerkstätten gesucht

Nachhaltigen Reparaturlösungen will Nik nun auch Werkstattpartnern anbieten. Der Bedarf resultiere aus über einer halben Million alleine in der DACH-Region ausgelieferten Tesla-Fahrzeugen. Er könne das nicht allein leisten. Gesucht werden daher vor allem Betriebe in Ost-, Nord- und Westdeutschland, die Teil des spezialisierten Werkstatt-Netzwerks sein wollen.

Gemeinsam könnten Teile eingekauft werden, um günstige Konditionen zu erhalten. Auch Schulungen könnten Werkstattübergreifend durchgeführt werden. Ziel ist ein deutschlandweites Netz von freien Werkstätten, von dem alle Partner profitieren. Jede dieser Werkstätten könnte Komplettlösungen für Tesla anbieten, die allein die Ressourcen einer einzigen Location in der Regel übersteigen. Seine Anforderungen an Partner sind nicht groß: „Mir geht es darum, dass sich die Leute an die Autos dran trauen und dabei mit einer gewissen Leichtigkeit durch den Tag gehen. So wie ich es auch tue“. Der größte Knackpunkt sei das Personal, welches darauf Lust haben muß.
Es gebe hier im jungen Netzwerk bereits Paradebeispiele mit einer Vervierfachung der Umsätze bei nur doppeltem Personaleinsatz.
Nik habe inzwischen dank eigenem guten Personal-Kapazitäten für nachhaltige Reparaturlösungen entwickeln können und könne diese nun auch anderen nahebringen.

„Wir haben ein fertiges Konzept für Partnerwerkstätten“, das werde vorgestellt und dann würden vertragliche Rahmenbedingungen geschaffen. Dann gibt Nik Erfahrungen und Wissen an die Hand.

In den meisten Fällen seien willige Werkstätten bereits so ausgestattet, um direkt loszulegen. Um „hier Gas zu geben“ bräuchte es aber viel Platz und zum Beispiel Zugriff auf eine Achsvermessbühne.
Großer zusätzlicher Kapitaleinsatz sei also gar nicht erforderlich. Ein Investment sind lediglich die Schulungen. Der erste Kurs diene der Modellkunde, der zweite ist ein Wartungskurs bei dem es beispielsweise um das Fahrwerk, die Klimaanlage etc. geht und im dritten Kurs stehen die Drive-United und der Akku auf dem Programm.

Beruflicher Werdegang

Der gebürtige Nürnberger ist Technikmeister. Nach seiner Ausbildung bei Mercedes war er langjährig bei Mazda beschäftigt. Dann ging er zu Tesla. In der zwei Jahre andauernden Beschäftigung dort absolvierte er die Meisterprüfung. Anschließend machte er sich mit einem Arbeitskolegen selbständig.
Anfänglich schraubten sie noch viel an Verbrennern. Doch fand im Laufe der Zeit eine Spezialisierung auf Fahrzeugdiagnose bei Tesla-Autos statt.

Die Themen: Wartung, Verschleiß, Problembehandlungen. „Einen guten Service zu bieten ist meine Mission und nicht nur Akkus zu reparieren“, erläutert Nik, dessen Expertise insbesondere hier gefragt zu sein scheint.

End-of-warranty-Checks mache er fast täglich ein bis zwei Stück.

Ungeliebte AkkuWechsel

Seinen ersten Akkuschaden habe Nik bereits 2022 repariert. Inzwischen sei das ein fester, aber ungeliebter Bestandteil seiner Arbeit.
Die häufigsten Schäden bei Batterien resultieren aus Korrosion verursacht schlicht durch Dreck.
Durchs Laden und Entladen gibt es im Akku eine Thermik. Zudem sei das Ganze ja kein komplett dichtes System. „Also Wasser kommt auf jeden Fall rein. Und dann fängt es zu schwitzen an“. Dadurch setzen Module Rost an oder auch die Steuergeräte. Mit der Zeit bröckle die Konservierung ab und die Kondensatoren fangen an zu rosten. Neben der Korrosion sind Zellschäden das häufigste der Probleme.
Vorsorge sei da schwierig. Die Langzeiterfahrungen fehlen noch weitestgehend. Im Hinblick auf den Kapazitätserhalt kann er keine allgemeingültigen Tipps geben. Er lade bei seinem Model S immer das was geht und vor allem am Supercharger. Diese Thermik, also den Leistungsschub beim Schnelladen brauche der Akku, das könne man zuhause beim langsamen Laden nicht erreichen.

„Nach meiner Erfahrung kann man den chemischen Part der Batterie auf dem aktuellen Stand zwar prüfen, ich kann aber nicht sagen, dass das noch zwei, drei, vier Jahre hält. Garantie ist daher mehr oder weniger ein Pokerspiel“, erläutert der Werkstattbesitzer aus der Erfahrung von zahllosen Batteriereperaturen. Dennoch bietet Nik´s Garage hier eine vergleichsweise günstige Möglichkeit an. Tesla ruft für einen Batteriewechsel einen fünfstelligen Betrag auf, Nik etwa die Hälfte.

Nach kürzester Zeit könne trotz erfolgter Reparatur der nächste Fehler zum Beispiel in einem anderen Modul, bei anderen Zellen auftreten. Nik bezeichnet es als Glückspiel. Es könne drei oder fünf Jahre oder acht Jahre halten. Aber Nik geht grundsätzlich erst mal nicht davon aus: „Die Zellen sind einfach zu alt. Wir reden hier von einem fahrenden Akkuschrauber.“ Da müsse man ehrlich sein. Es sei zwar ein Batterie-Management dahinter, welches so ein bisschen Selbstreparatur mache, doch sei eine Zelle als chemischer Part früher oder später zum Sterben angelegt. Das bedeutet jedoch nicht den Tod der Batterie, man kann sie bei weniger Kapazität immer noch als Hausenergiespeicher nutzen.

„Wir helfen dem alten Auto erst mal wieder auf die Füße, aber ich habe, auch wenn es sich nicht um mein Auto handelt, im Hintergedanken:

nächste Probleme sind vorprogrammiert und so ganz happy bin ich mit der angebotenen Lösung nicht.“
Nik gibt die ganz normalen 12 Monate Gewährleistung und ist stets dem Kunden gegenüber kulant. Tritt wieder ein Problem auf, lässt er das Fahrzeug kostenlos holen und repariert die im Grunde neuen Schäden. Volles Risiko auf seiner Seite.
Er liebt das Model S und fährt selbst eines, seine Frau ein Model Y. Sein Traumauto sei das Model X, was für seine Anwendungen aber unpraktikabel sei.

Ersatzteil-Versorgung

Mit der Zeit ist die dabei erreichbare Ladegeschwindigkeit jedoch verschwunden. Das sei aber nun mal so. „Ich kann nicht mal ein Akku-Upgrade guten Gewissens empfehlen, weil wir auch schon 100er Akkus mit Akkuschäden da hatten.“

Wo bekommt er die Batterien her? Er kauft Schrott-Teslas an, um ausreichend Module vorhalten zu können. Er erwirbt aber auch Akkus aus Upgrades, wenn Halter 90er oder 100er aus 85ern machen wollen. Dadurch habe er dann wieder 16 Module auf Halde. Hier seien aber Kapazitätsunterschiede aufgrund des jeweiligen Lade- und Fahrverhaltens gegeben, was die Kombination mit Modulen anderer Fahrzeuge erschwere.

Nik hat aktuell circa 50 Module auf Lager, also vier Akkus in verschiedensten Kapazitätsleistungen.

Auch die Ersatzteil-Versorgung durch Tesla direkt ist inzwischen unproblematisch. „Wir haben vorgestern Teile bestellt, die sind heute da“. Als er sich 2019 selbständig gemacht hat, gab es schon Situationen mit bis zu einem halben Jahr Lieferzeit. Inzwischen sei das dank regionaler Logistikcenter von Tesla top.

Problematischer sei die Situatiuon bei Karosserieelementen, hier bestehe zuweilen noch ein Flaschenhals, doch das sei ja nicht sein wichtigstes Thema. Man könne viel richten und Dank wachsendem eigenen Lager kompensieren.

„Der Tesla sagt Dir was kaputt ist.“

„Ich liebe es an diesen alten Fahrzeugen zu werkeln. Es ist total meine Passion. Ich kenne die Kniffe. Das ist regelrecht Handauflegen. Manchmal weiß ich schon beim Anruf des Kunden ganz genau was los ist. Da fühle ich mich einfach zuhause, “ schwärmt Nik.

Auch beim Anlernen könne er sagen: „Schaue hier rein, der Tesla sagt Dir was kaputt ist.“

Bei Model 3 und Y war er seinerzeit bei Tesla Ausbilder, doch verhalte es sich bei neueren Fahrzeugen anders. Bei den vielen Updates sei schon der Servicemodus ständig anders. Doch auch da könne man reinwachsen. Anhand der Toolbox und dem Servicemode nehme Tesla vieles ab: „Ich finde es megaeinfach an den Autos zu arbeiten.“

Wartungsplan

Um Tesla-Fahrzeugen ein langes Leben zu bescheren, da ist sich Nik sicher, macht es Sinn, einen Wartungsplan zu buchen.Wischerblätter und Innenraumfilter sollten bei jedem Auto regelmäßig gewechselt werden. Er empfiehlt wenigstens jedes zweite Jahr eine Innenraumdesinfektion zu realisieren. Es sammle sich soviel Dreck und Schmodder, dass man dann auch mal gründlich reinigen sollte. Wichtig sei aber auch das Fahrwerk durchzuchecken, an den Rädern zu wackeln und auf Undichtigkeit zu prüfen. „Wir haben auch beim E-Auto Betriebsflüssigkeit zur Kühlung und auch Öl.“

Trotz weitestgehender Spezialisierung auf Tesla-Fahrzeuge rüste er sich für andere Marken und die ersten kommen bereits bei ihm an. Er rechnet mit wachsenden Problemen auch bei anderen Marken und bereitet sich darauf vor. Er sei aber mit Model S und X-Fahrer:Innen am glücklichsten. Deren Halter:innen seien ihre Fahrzeuge auch noch was wert. Beim Klimakompressordefekt eines Renault Zoe mit 1.300 Euro Reparaturkosten stellen sich die meisten hingegen die Frage: „Ist mir das Auto das überhaupt noch wert.“

Der Beitrag stammt aus der Ausgabe 25 des T&Emagazins.


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