E-Hypermeilen: Heiss und Kalt

Als Tesla vor gut 10 Jahren das Model S auf den Markt brachte hat war eines der Versprechen ein „Elektroauto für die Langstrecke“. Das Model S war somit zwangsweise auch der Startpunkt für das Supercharger-Netzwerk und somit die „Beweisführung“ für die Machbarkeit. Ab 2013 wurden die ersten Supercharger in den USA installiert und danach sukzessive erweitert. Mit dem weltweit wachsenden Verkauf von Teslas wuchs auch das Netz stetig. 2023 standen bereits mehr als 50.000 Supercharger-Ladesäulen – das mit Abstand größte Ladenetzwerk weltweit.

Nach 8 Jahren im Lexus Hybrid unterwegs, hat mich die erste Fahrt mit einem Model S-Taxi in Amsterdam beeindruckt. Dank Ladestation zuhause und „Free Charging“ war die Angewöhnung an den eigenen Tesla kurz und der automobile Alltag auf Geschäfts- und Privatreisen problemlos.

Also musste 2019 ein Abenteuer her: Eine Langstreckenreise von Zürich zu unserem zweiten Domizil in Didim an der türkischen Mittelmeerküste – insgesamt 5.700 km. Das bedurfte einer sorgfältigen Planung, insbesondere der Ladestandorte, denn 2019 endete das Tesla-Ladenetzwerk auf meiner Route in Kroatien, also nicht einmal halbe Strecke bis zum Ziel. Erst kam es mir vor als fände E-Mobilität in Serbien, Bulgarien und der Türkei noch nicht statt. Doch es gibt „PlugShare“, das mit weltweit 600.000 Ladepunkten grösste Webverzeichnis. Die Betreiber der Ladepunkte in diesen Ländern waren entweder staatliche Unternehmen oder Start-ups und die Dichte noch eher bescheiden. Mein Tesla konnte damals noch keinen CCS-Stecker verwenden und so war CHAdeMO meine einzige DC-Lademöglichkeit. Auf eine App zum Laden wollte ich mich nicht verlassen, also habe ich mir vorab von den Betreibern eine RFID Karte besorgt. Auch musste ich mir, sollte eine Ladestation bei Ankunft defekt oder besetzt sein, alternative Ladepunkte planen. Somit war klar, dass ich nicht mit einer Restkapazität von 10 % oder weniger beim Erreichen des Ladepunktes planen konnte. Die finale Routenplanung enthielt 13 Ladepunkte, wobei die längste Etappe 350 km betrug. Bis zum letzten Supercharger in Kroatien lief alles nach Plan, doch die erste Ladesäule in Serbien war tatsächlich defekt. Mit reduzierter Geschwindigkeit konnten wir bis zum „alternativen“ Ladepunkt weiterfahren.

Nochmals knapp mit der Reichweite wurde es an der bulgarisch-türkischen Grenze, wo wir 3 Stunden am Zoll bei 30° Celsius in einem Stau festsassen. Am Schluss hat es dann doch noch gereicht und wir haben Istanbul kurz vor Mitternacht erreicht. Nach einem Tag Aufenthalt in Istanbul haben wir die letzten 620 km bis nach Didim auch geschafft. Dreieinhalb Reisetage waren erkenntnisreich und dank den komfortablen Langstreckenqualitäten des Model S entspanntes Reisen.

Die Rückreise nach Zürich musste ich als alleiniger Fahrer planen. Ich habe deshalb die ca. 1.100 km kürzere Fahrstrecke mit Fähren über Griechenland nach Italien gewählt. Mitentscheidend war auch die Tatsache, dass ab Bari (Italien) bis nach Zürich wieder „Supercharger-Land“ war.

In der Nähe von Piacenza ereilte mich dann ein Fahrwerksdefekt. Der Moment, um die Tesla-Notrufnummer zu wählen. Die freundliche Dame im Callcenter in Norwegen organisierte innerhalb einer Stunde einen Abschleppwagen, der mich ins nur 35 km entfernte Tesla Service Center in Mailand transportierte. Es war Abends und man offerierte mir einen Ersatzwagen oder einen 100 € Uber-Gutschein. Weil man ja immer gehört hat, dass bei Tesla nie Teile an Lager sind, und es Wochen dauern kann bis was geht, entschied ich mich sofort für die Heimreise nach Zürich mit dem Zug. Am Freitag ruft Tesla Mailand bei mir in Zürich an und sagt „Ihr Auto ist abholbereit“ – Na super… habe ich gedacht. Also am Montag das Auto in Mailand abgeholt und als Dankeschön Schweizer Schokolade mitgebracht. Alle Kosten für Zug und Taxi hat mir Tesla umgehend erstattet – für mich ein echter Fünf-Sterne-Service!

2019: Per Huckepack zum Tesla Service Mailand …

Seit der ersten Reise in 2019 bin ich nun jedes Jahr die Strecke nach Didim gefahren. In der Zwischenzeit ist auch das Supercharger-Netzwerk deutlich gewachsen und man fährt heute stresslos von Zürich bis nach Ankara. Gemäss Tesla SuC-Planung kann ich in 2-3 Jahren fast vors Haus fahren. Apropos Haus, dieses haben wir mittlerweile mit einer PV-Anlage mit Speicherbatterien, Luft-Wärmepumpe und einer Ladestation energetisch aufgerüstet.

Das Model S ist aus meiner Sicht, dank langem Radstand und Luftfederung, ein echtes „Hypermiler“ Gefährt für die Langstrecke. Über die Jahre beträgt mein Anteil an Langstreckenreisen ( >1.000 km) fast 30 %.

 

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des T&Emagazins.



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  • Tesla Welt – David Reich: News des Quartals
  • Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.
  • Die Herausgeber – Tesla Owners TOCH
  • Event – 2befair elektrische COMMUNITY
  • Strombock – Absturz der THG-Prämie
  • Gesellschaft – Ist eine Solaranlage das neue Auto?
  • Zeitgeist – Nachhaltig absurd
  • Elektromobilität – 5 Gründe, warum es Volkswagen schlecht geht
  • Elektromobilität – Profis nutzen Checklisten
  • Testberichte von Car Maniac
  • Gesellschaft – Rein in den Kreis
  • Reisebericht – E-Mobil nach Portugal
  • Reisebericht – E-Hypermeilen: Heiss & Kalt
  • Energiewende – Wo stehen wir?
  • Fanboy – Gabor Reiter: Deutschlands Zukunft ohne Autoindustrie
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