Zäh voranschreitende Bachelorthesis, eine Menge Prüfungsstress und sonstige private Problemchen – mein persönliches Jahresende verläuft leider alles andere als entspannt. Das schreit nach einer spontanen Wellness-Auszeit. Glücklicherweise muss ich meinen Kumpel, den ich erst vor wenigen Wochen zur Abholung seines Model 3 SR begleiten durfte, nicht lange von meiner Idee überzeugen. So begeben wir uns mit dem neuen Auto auf eine wilde Reise durch ein vom Schnee komplett lahmgelegtes Bayern.
Ein Sonntagmorgen in Ludwigsburg, etwa zehn Kilometer nördlich von Stuttgart: Auf baden-württembergischer Seite liegen die Temperaturen noch knapp über dem Nullpunkt, als wir uns auf den Weg nach München begeben. Als Fahrerin eines Polestar 2 bin ich gespannt darauf, im Laufe des 600 Kilometer langen Trips herauszufinden, inwiefern sich das überarbeitete Model 3 von meinem Fahrzeug unterscheidet.
Zunächst überrascht mich die Innenraumakustik positiv: Das bisherige Model-3-typische Rumpeln ist fast vollständig verschwunden und die Windgeräusche wurden ebenfalls reduziert. In dieser Hinsicht hat das Highland einen riesigen Sprung nach vorne gemacht. Das Fahrwerk hingegen holpert noch immer deutlich ungelenker durch die gelegentlichen Schlaglöcher als mein Polestar. Am Ende kann man es unter persönlicher Präferenz verbuchen, ob man jede Unebenheit spüren oder lieber eine komfortablere Fahrt erleben möchte. Die überarbeiteten Sitze im Highland bieten besseren Seitenhalt als zuvor und sind wirklich sehr bequem. Die Sitzheizung braucht aber eine ganze Weile, um das tiefgaragenkalte Kunstleder flächendeckend zu erwärmen, da lobe ich mir die Stoffsitze im Polestar. Im Allgemeinen aber fällt der Langstreckenkomfort ziemlich hoch aus, insofern das härtere Fahrwerk dem individuellen Geschmack entspricht.
Das minimalistische Tesla-Interieur ist bekanntlich ebenfalls Geschmacksache und insbesondere die fehlenden Lenkstockhebel wurden von vielen Elektromobilisten ausgiebig diskutiert. Mir persönlich fällt die Umstellung nicht schwer – einige meiner Freunde fahren Ferrari, vermutlich fühlt sich die Positionierung der Blinkertasten auf dem Lenkrad deshalb so vertraut für mich an. Woran ich mich aber partout nicht gewöhnen kann, ist die fehlende Tachoeinheit hinter dem Lenkrad. Egal, wie oft ich Model 3 oder Model Y fahre, mir fehlt noch immer ein Tacho oder zumindest ein Head-Up-Display direkt in der Sichtachse.
Kaum überqueren wir die bayrische Landesgrenze, werden wir ringsum von gigantischen Schneemassen begrüßt. Die meisten Rastanlagen entlang der Autobahn sind gesperrt, hunderte LKW parkieren in Ermangelung eines besseren Schlafplatzes auf dem Seitenstreifen. Nach ein paar Minuten beginnt dann auch schon der erste Schneeregen. Wir waren zuvor kaum schneller als 120 gefahren und legen die restliche Strecke mit einer an die Wetterbedingungen angepasste Geschwindigkeit von etwa 100 km/h zurück.
Unser Hotel befindet sich zum Glück nur wenige Meter von der Autobahnabfahrt entfernt, aber diese letzten Meter haben es in sich. War die Fahrbahn auf der A9 noch gut geräumt, stellen wir schnell fest, dass einige Straßen in Schwabing wohl seit Beginn des Schneechaos kein Räumungsfahrzeug zu sehen bekommen haben. Die Fahrbahn ist nur schwer befahrbar, die entlang der Straße geparkten Autos sind von einer 50 Zentimeter hohen Schneedecke bedeckt und von einem vereisten Schneewall eingeschlossen – Wegfahren absolut unmöglich. Auch am Münchner Hauptbahnhof bietet sich uns ein schlimmer Anblick: Die Oberleitungen sind stellenweise komplett zerstört und hängen wie dunkle Gummischnüre von den Zügen herab. Der Tesla hat das Winterchaos zum Glück deutlich besser überstanden. Die dunkelblaue Lackierung ist zwar sichtlich von Streusalz und Schmutz gekennzeichnet, aber die Kameras sind weitestgehend sauber geblieben und zeigen noch immer ein erstaunlich klares Bild der Umgebung. Wir holpern im Schneckentempo durchs umgeräumte Wohngebiet zum Hotel – hier macht sich das straffe Fahrwerk zum ersten Mal unangenehm bemerkbar – und gönnen „Poseidon“ eine trockene Nacht in der Tiefgarage. Hier fällt mir zum ersten Mal auf, wie schwach die Ambientebeleuchtung selbst in der Dunkelheit leuchtet. Ich würde mir wünschen, dass im Zuge des nächsten Updates eine Funktion eingeführt wird, welche eine hellere Ambientebeleuchtung auch bei gedimmtem Display erlaubt. Der Verbrauch liegt zu diesem Zeitpunkt übrigens bei knappen 20 kWh, was trotz der geringen Durchschnittsgeschwindigkeit in Anbetracht der Kälte ein sehr guter Wert ist.
Nach einem schönen Tag in München inklusive Kinderpunsch auf dem Christkindlmarkt geht es für uns zum eigentlichen Ziel des Trips, der Therme Erding. Wir hoffen darauf, dass immerhin die bayrischen Landstraßen ordentlich geräumt wurden, doch werden herb enttäuscht: Die B388 ist ebenfalls nur schwer befahrbar. Wir rollen mit knapp 40 km/h nach Erding. Ironischerweise passieren wir dabei gleich zwei Verbrennerfahrer, die am Straßenrand liegengeblieben sind und nun in der eisigen Kälte auf den Abschleppdienst warten – so viel zum Thema, Elektroautos seien so furchtbar empfindlich im Winter. An der Therme mit etwa 25% SoC angekommen, lassen wir den Wächtermodus dennoch ausgeschaltet, sicher ist sicher.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Als wir nach zehn Stunden Thermenaufenthalt tiefenentspannt zurück ans Auto kommen, hat das Model 3 trotz ausgiebiger Vortemperierung lediglich 3% Akkustand eingebüßt. Das Navi führt uns über eine weitere komplett vereiste Landstraße zum Supercharger Parsdorf, wo uns direkt die nächste negative Überraschung erwartet: Die Ladeplätze wurden nur halbherzig geräumt und zwischen den einzelnen Stalls wurden hohe Schneeberge angehäuft. Um mit der Ladeklappe nah genug an die Säule zu kommen, müssen wir uns in einem schrägen Winkel platzieren und versperren mit der Fronthaube einen Teil der Straße, die zur Einfahrt des McDrive führt. Frustriert darüber, dass der Grundstücksbesitzer seiner Verantwortung ganz offensichtlich nicht nachgekommen und der Supercharger-Standort dadurch kaum benutzbar ist, laden wir hier nur kurz und steuern stattdessen Zusmarshausen an. Hier wurde das Gelände ordnungsgemäß geräumt, auf dem Boden liegt lediglich eine hauchdünne Schicht frischen Pulverschnees und alle Ladeplätze sind problemlos nutzbar. Die restlichen 170 Kilometer nach Hause vergehen trotz immer wieder einsetzendem Schneeregen ohne besondere Vorkommnisse und irgendwann döse ich auf dem Beifahrersitz in einen leichten Schlaf.
Nach 600 Kilometern im Model 3 Highland bin ich begeistert, wie umfassend das Fahrzeug im Zuge des Facelifts verbessert wurde. Besonders gut gefällt mir die neu gestaltete Front, die dem Model 3 endlich mehr Eigenständigkeit verleiht, statt den Wagen wie einen Billo-Panamera wirken zu lassen. Auch die Effizienz ist beachtlich. Auf der Rückfahrt haben wir trotz der Minustemperaturen lediglich 17 kWh pro 100 Kilometer verbraucht. Würde ich meinen Polestar 2 gegen ein Model 3 Highland eintauschen? Eher nicht, denn ich schätze das schwedisch-komfortable Fahrwerk, das Google-basierte Infotainment und die 360-Grad-Kamera einfach zu sehr und würde diese Features nicht missen wollen – und vision only stehe ich auch recht kritisch gegenüber. Dennoch hat mich das Model 3 Highland vollumfänglich überzeugt und ich würde jedem Besitzer des Vor-Facelifts zu einer Probefahrt raten, um selbst zu erfahren, wie sehr sich das Fahrzeug zum Positiven verändert hat.
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Inhalt der 21. Ausgabe des T&Emagazin:
- Editorial – Faszinierende E-Autos
- Leserbriefe
- S3XY CARS 2024
- Tesla Welt – David Reich: News des Quartals
- Die Herausgeber – Tesla Owners TOCH
- Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.
- Tesla – Wie hat Tesla das alles gemacht?
- Tesla – Der Unmögliche
- Tesla – Wie viel Bremsleistung bei über 1000 PS?
- Strombock – Happy Birthday Tesla Supercharger in Deutschland
- Tesla – TOCH besucht die GIGA Berlin
- Elektromobilität – Drama Queen – Zwei Tage im Audi e-Tron GT
- Energiewende – Wachstum an der richtigen Stelle
- Energiewende – Wärmepumpe mit Gaspedal – das geht
- Car Maniac – Testberichte
- Gesellschaft – Das Vierte-Kraft-Gesetz
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