Nico Pliquett ist unter den E-Mobilitäts-YouTubern eine große Nummer. Mit 129.000 Abonnenten kann er sich im Vergleich zu anderen in der Elektro-Mobilitäts-Blase buchstäblich sehen lassen. Einziger Haken: Viele, die seinen Kanal seinerzeit abonniert hatten, waren begeistert, dass da ein junger Kerl mit seinem Lamborghini Einblicke in sein Leben gibt. Doch nun ist der Lambo Geschichte, stattdessen fährt Nico Telsa Model 3 Performance. Timo Schadt sprach mit ihm über die Reaktionen seiner Zuschauer und über vieles mehr.
In der Ausgabe 6 des T&Emagazin ist das folgende Interview erschienen. Doch die beiden bleiben weiter im Gespräch und so wurde gestern ein solches als Podcast veröffentlicht. Denn der YouTuber ist seit Kurzem auch mit einem eigenen Podcast unterwegs.
? Du warst einmal Lamborghini-Fahrer, bist aber auf die Elektromobilität umgestiegen. Wie kam das? Hast du das Model 3 gefahren, bevor du es gekauft hast?
Nico: Irgendwann wird alles langweilig, selbst ein Lamborghini. Mein Unfall mit dem Fahrzeug hat meine Einstellung sicher auch verändert und ich war offen für etwas Neues. Durch meine Arbeit als Auto-YouTuber wurde ich von Autoherstellern zu Fahrveranstaltungen eingeladen und konnte die neuesten Autos testen. Wenn man das regelmäßig macht, merkt man nur auch, dass sich Autos heute immer weniger unterscheiden und selten wirklich innovativ sind. Wenn man ein Auto kauft, kauft man eben hauptsächlich die Marke.
Dann war ich in Norwegen und habe gesehen, dass dort viele Tesla fahren. Auch ich hatte bis dahin immer noch das Vorurteil, dass die Elektromobilität nicht funktioniert und keinen Spaß macht. Mein Interesse wurde jedoch geweckt und Tesla bot mir – als YouTuber – an, einen Tesla für drei Tage zu fahren. In dieser Zeit hat mich das Fahrzeug überzeugt. Im Vergleich zu den Autos, die ich sonst getestet habe, ist das Model 3 einfach anders und insbesondere im digitalen Bereich absolut innovativ.
? War es auch das Fahrgefühl, was dich überzeugt hat?
Nico: Es gab eigentlich kein Auto mehr, bei dem ich ein „Kribbeln“ bei der Beschleunigung im Bauch hatte. Selbst bei Autos von McLaren oder Porsche, die unter 3 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Als ich dann aber im Model 3 saß und ich das erste mal diese völlig andere, aber auch krasse Beschleunigung gespürt habe, hat mich das absolut überzeugt. Das „Kribbeln“ ist bis heute geblieben.
? Du bist ja nun auch Porsche Taycan gefahren. Wie war das?
Nico: Der Porsche Taycan ist ein gutes Auto. Er ist für Personen gemacht, die immer Porsche gefahren sind und einfach keine andere Marke haben möchten. Die Zuffenhausener haben hier sinnvoll und logisch ihr Produktportfolio erweitert. Man hat ein wunderschönes Auto gebaut, das dem Fahrer aber nicht zeigen möchte, dass es ein Elektroauto ist. Ich glaube aber nicht, dass Tesla-Fahrer wechseln werden. Mein einziger Grund wäre auch nur, weil es ein Porsche ist. Ich bin immerhin sieben Jahre Porsche gefahren und war immer ein Bewunderer der Marke. Nur liebe ich jetzt das One-Pedal-Driving im Model 3. Ich liebe das geräuschlose Fahren. Ich liebe die Übersicht. Die Reichweite. Die Supercharger. Autopilot. Software Updates. Das alles hätte ein Taycan nicht. Und dann das Digitale! Endlich ist mein Auto in der Schnelligkeit und Übersicht so zu bedienen, wie wir es seit Jahren vom Handy gewohnt sind. Der Taycan ist trotz eines gut sechsstelligen Preises hiervon leider noch weit entfernt und bedient sich wie mein letztes Sony Ericsson. Aber zumindest hat Porsche die erste Hürde geschafft und die Technologie für ein vollelektrisches Auto entwickelt. Auf dieser Plattform werden wir in Zukunft noch viel mehr sehen, auch bei Audi (e-tron GT), Lamborghini und Bentley. Jetzt muss aber das Digitale folgen.
? Erzähl doch mal, wie du auf die Idee des Vermietens gekommen bist.
Nico: Ich wollte einfach ein Problem lösen, das ich selber hatte. Bevor ich von Tesla ein Fahrzeug bekommen habe, habe ich lange gesucht, von wo ich ein Auto mieten könnte. Eine einstündige Probefahrt mit dem Tesla kam nicht in Frage. Das reicht nicht, um ein Auto zu testen. Also habe ich die “Miete-Deinen-Tesla.de” gestartet und die meisten Mieter machen bei mir jetzt die Probefahrt, um Tesla und auch ganz generell die Elektromobilität kennen zu lernen.
? Dein neues Geschäftsmodell ist, Zubehör für Tesla zu verkaufen.
Nico: Ja genau, Tesla bietet selber wenige Möglichkeiten, das Fahrzeug zu individualisieren. Hier möchte ich mit meinem Shop4Tesla.com neue Möglichkeiten anbieten. Aktuell haben wir noch ein recht kleines Sortiment, aber ich plane aktuell, alles auszubauen und auch die Produktion und Lieferkette CO2-neutral zu bekommen. Sonst macht es aus meiner Sicht wenig Sinn, sich einen Tesla zu kaufen und dann beim Zubehör nicht weiter darauf zu gucken, wo dieses herkommt und wie es produziert wird.
? Es ist also schon so, dass dein Verhalten durch die E-Mobilität nachhaltiger geworden ist?
Nico: Ja, auf jeden Fall. Ich bin längst noch nicht da, wo ich gerne hin möchte, aber ich arbeite daran. Ich weiß, dass viele Leute auf der „Fridays for future-Bewegung“ rumreiten. Ich muss jedoch sagen, da hat ein kleines Mädchen aus Schweden etwas losgelöst, was tausende Wissenschaftler vorher nicht geschafft haben. Das ist ihnen nicht vorzuwerfen, es ist ja grundsätzlich auch nicht ihr Job, aber dank Greta wird die Thematik des Klimawandels endlich in den Mittelpunkt gerückt, da wo sie hingehört. Die Gesellschaft redet darüber und wir nehmen es alle ernster. Das ist beeindruckend! Es muss noch viel passieren, aber eine aktive Auseinandersetzung ist der erste Schritt zur Besserung. Nicht nur auf Ebene der Politik, sondern auch in Unternehmen und bei Privatpersonen.
? Könntest du dir denn vorstellen, dass du wieder von der E-Mobilität zum Verbrenner zurückkehrst?
Nico: Nein, die Zeit mit Verbrennern war eine gute Zeit, aber das ist jetzt vorbei. Es gibt nur sehr wenige Verbrenner, die ich gerne nochmal testen würde. Zum Beispiel die neue Corvette. Aber bisher war meine Erfahrung, wenn ich doch noch mal Verbrenner gefahren bin, eher ernüchternd.
? Deine alten Follower auf YouTube haben wahrscheinlich nicht verstanden, was du da jetzt treibst, oder?
Nico: Ja, mein Kanal stagniert zurzeit. Ich bekomm Abonnenten hinzu, gleichzeitig verliere ich welche, die sich nicht für Elektroautos interessieren. Von manchen bekomme ich dann auch Kritik. Aber ich habe meinen Kanal nie auf die Zuschauer ausgerichtet; ich habe da eher meine eigene Linie verfolgt.
? Vermisst du denn im Model 3 den Luxus, den du von den Verbrenner-Fahrzeugen gewöhnt warst?
Nico: Ich mag ja Sportautos. Richtiger Luxus war da immer zweitrangig. Ich würde gerne hin und wieder im Model 3 tiefer sitzen, das vermisse ich ein wenig. Sonst habe ich ja auch viel, was ich in keinem anderen Autos bisher hatte. Dog-Mode, Netflix und Twitch, um nur ein paar zu nennen.
? Denkst du, dass die deutsche Autoindustrie den Anschluss an die E-Mobilität verpasst hat?
Nico: Zum Teil schon, ja. Vor 20 Jahren hätte niemand gedacht, dass es noch mal einen neuen globalen Autohersteller geben wird, der so rasant wächst wie Tesla und Autos in einer solchen Stückzahl produziert. Das gibt vielen anderen Herstellern Mut. Die Elektromobilität nimmt viel der Komplexität im Aufbau eines Autos, und während die deutschen Autohersteller mit vielen Altlasten neue Autos entwickeln, starten neue Hersteller mit einem weißen Blatt. Natürlich kann BMW oder VW nicht von jetzt auf gleich das bekannte Bedienkonzept über Bord schmeißen und ein riesiges Tablet installieren, das würde viele bestehende Kunden abschrecken. Aber neue Hersteller können kleine Kundengruppen durch spannende Innovationen links und rechts einsammeln.
? Wo siehst du dich in zehn Jahren? In einem autonom fahrenden Fahrzeug?
Nico: Gewisse Aspekte des autonomen Fahrens werden natürlich funktionieren, vielleicht bei langen Autobahnfahrten. Ich denke jedoch, dass selbst Tesla noch sehr weit davon entfernt ist, autonomes Fahren anzubieten.
Ich werde in Zukunft neben meinem YouTube-Kanal weitere Unternehmen gründen, die die Elektromobilität fördern. Mein neuestes Projekt heißt ElektroErfahren.de