Die verpasste Chance: Daimler & Tesla

Autor: Gabor Reiter

In der Welt der Automobilindustrie gibt es Entscheidungen, die weitreichende Folgen haben. Eine dieser Entscheidungen traf Daimler, die Muttergesellschaft von Mercedes-Benz, im Jahr 2014, als sie ihre Anteile am Unternehmen Tesla verkaufte. Rückblickend betrachtet war dies ein schwerer strategischer Fehler, der Daimler heute teuer zu stehen kommt und als eine der größten verpassten Chancen in die Geschichte der Branche eingehen könnte.

Im Jahr 2009, als Tesla noch ein kleines, unsicheres Start-up war, investierte Daimler 50 Millionen US-Dollar in Tesla und erwarb damit knapp 10 Prozent der Unternehmensanteile. Diese Investition half dem amerikanischen Startup, finanziell zu überleben, und ermöglichte es Daimler, von Teslas fortschrittlicher Batterietechnologie zu profitieren. Diese Technologie wurde genutzt, um die elektrische Version der Mercedes-Benz B-Klasse zu entwickeln.
Doch im Jahr 2014, als Tesla begann, sich als führender Innovator im Bereich der Elektromobilität zu etablieren, entschied sich Daimler, seine Anteile zu verkaufen. Der Verkauf brachte rund 780 Millionen US-Dollar ein, was zunächst als kluger finanzieller Schachzug erschien. Doch rückblickend war dies eine Entscheidung, die Daimler heute bedauern dürfte.
Der Wert der Tesla-Aktie hat seit dem Verkauf eine beeindruckende Entwicklung genommen. Während der Aktienkurs zum Zeitpunkt des Verkaufs bei etwa 35 US-Dollar lag, notiert er heute bei über 3.720 US-Dollar (ohne Splits). Hätte Daimler seine Anteile behalten, wären diese heute circa 77 Milliarden Dollar wert. Diese enormen finanziellen Mittel wären äußerst nützlich gewesen, um die eigenen Elektrofahrzeug-Programme voranzutreiben und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Entscheidung, die Anteile zu verkaufen, wird nicht selten als strategisches Missmanagement und kurzsichtiger Fehltritt kritisiert. Daimler wollte den Erlös nutzen, um in die eigene Entwicklung von Elektrofahrzeugen zu investieren, doch die Realität zeigt, dass das Unternehmen bis heute Schwierigkeiten hat, den Rückstand auf Tesla und andere Marktführer aufzuholen. Während Tesla mit immer neuen Modellen und Innovationen den Markt dominiert, kämpft Mercedes-Benz darum, im Wettbewerb überhaupt eine Rolle zu spielen.
Diese Entscheidung kann durchaus als Symbol für die altmodische Denkweise in traditionellen Automobilunternehmen gesehen werden. Anstatt das langfristige Potenzial von Tesla zu erkennen und an der Erfolgsgeschichte festzuhalten, entschied man sich seitens der Stuttgarter für den vermeintlich sicheren Weg, der sich als teurer Fehler herausstellte. Dies zeigt, wie schwierig es ist, in einer sich rapide verändernden Branche die richtigen Weichen zu stellen und langfristig zu denken.
Die verpasste Gelegenheit, die Tesla-Anteile zu behalten, wird die heutige Mercedes-Benz Group AG noch lange verfolgen. Sie dient als Mahnung für die gesamte Branche, dass Mut und Weitblick unerlässlich sind, um im Zeitalter der Elektromobilität erfolgreich zu sein. Während Tesla weiterhin auf Erfolgskurs ist, kämpft Mercedes-Benz mit den Folgen einer Entscheidung, die sie teuer zu stehen kommt.
Rückblickend in jedem Fall eine schlechte Entscheidung. Ob man es vorher besser hätte wissen können, weiß niemand. Wenn man das aus heutiger Sicht kritisiert, tut man so, als hätte man die Entwicklung von Tesla im Voraus gewusst – in der Psychologie nennt man das Confirmation Bias.

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe 23. des T&Emagazin.

 


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  • Wieso ist die Stimmung zum Elektroauto gerade so schlecht?
  • Neues aus der Teslawelt
  • H2 oder – Wasserstoffanwendungen
  • Verpasste Chance: Mercedes & Tesla
  • Die besondere Tesla-APP
  • Vorn mit E bei YouTube
  • Windradflügel Logistik
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