Das wird die Autowelt in den kommenden Jahren revolutionieren: die Preisentwicklung von Elektroautos. Viele denken vielleicht: E-Autos sind doch viel zu teuer. So viel Geld hat doch keiner? Doch was wäre, wenn sich das bald radikal ändern würde? In der Fachwelt wird nämlich ein massiver Preisverfall prognostiziert, der die E-Mobilität für alle erschwinglich machen könnte und sogar Menschen mit geringem Einkommen könnten sich dann wieder ein Auto leisten. In diesem Beitrag geht es darum, warum Elektroautos bald günstiger sein werden als Verbrenner und wo das jetzt schon der Fall ist.
Derzeit sind Elektroautos in vielen Märkten noch deutlich teurer als vergleichbare Verbrenner. Ein Beispiel aus Deutschland: Der Opel Corsa Electric kostet immer noch über 9.000 Euro mehr als ein Corsa mit Verbrennungsmotor. Beim VW ID3 ist der Preisunterschied sogar noch größer – hier zahlt man rund 13.000 Euro mehr als für einen Verbrenner-Golf. Das sind Summen, die viele abschrecken.
Doch der Wind dreht sich, und zwar schneller als erwartet. Der Schlüssel zu dieser Entwicklung liegt in China, dem größten Automarkt der Welt. Dort sind die Preise für Batterien, das Herzstück jedes Elektroautos, regelrecht eingebrochen.
Laut Bloomberg New Energy Finance sind die Preise für Lithium-Eisenphosphat-Batterien, kurz LFP, in China innerhalb eines Jahres um unglaubliche 51 Prozent gefallen. Der Durchschnittspreis liegt jetzt bei nur noch 53 US-Dollar pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Der globale Durchschnittspreis lag im letzten Jahr noch bei 95 US-Dollar.
Was sind die Gründe für diesen dramatischen Preisverfall? David Reich vom Podcast Tesla-Welt beobachtet den Markt seit Jahren. Er hat sich mit einem Report Bloomberg New Energy Finance auseinandergesetzt, der den Preisverfall von Batterien untersucht hat:
“Ja, es gab’ letzte Woche einen Bericht, der erschien auf Bloomberg und der besagt eben, dass die Batteriezellpreise in China vor allem noch mal massiv gefallen sind. Im letzten Jahr waren das sage und schreibe 51 Prozent bei den LFP-Zellen. LFP-Zellen sind Lithium Eisen Phosphat-Zellen, die unter anderem in den Standard Range Modellen von Tesla zum Beispiel verbaut werden, aber auch in anderen. Das ist auch für Batteriespeicher interessant. Das ist eben eine Wahnsinnsentwicklung, die wir da sehen und das gibt verschiedene Gründe dafür warum die so stark noch mal gefallen sind. Zum eine Mal hat das was mit der Nachfrage zu tun, weil es sehr viele Kapazitäten derzeit gibt. Die deutschen Automobilhersteller denken ja, dass es wieder mehr Sinn macht in den Verbrenner zu investieren und dementsprechend gibt’s da sozusagen sehr viel Zellen gerade am Markt. Das ist ein Grund. Dann sind natürlich die Rohstoffpreise auch massiv gefallen und es gibt aber noch einen weiteren und den halte ich für den entscheidenden Punkt. Es gibt neue Technologien bei der Batteriezellfertigung. Große Batteriehersteller wie es hier CATL oder BYD und auch Tesla zum Beispiel die entwickeln da eben die ganze Zeit weiter und dadurch sinken diese Preise so stark nochmal.”
Auch eine aktuelle Studie aus den Niederlanden bestätigt jetzt genau diese Entwicklung: Bei der Produktion kommt das sogenannte Wrights Gesetz ins Spiel: Es besagt, dass bei jeder Verdoppelung der Produktion die Preise um etwa 25 Prozent sinken. Energie-Experte Auke Hoekstra von der TU Eindhoven geht davon aus, dass wir bis 2030 etwa 8 Verdoppelungen der Produktion von Batterien für Elektroautos sehen werden. Das allein würde zu drastischen Preissenkungen führen von achtmal hintereinander 25%. Da bleibt dann nur noch ein Zehntel vom ursprünglichen Preis.
Ein Großteil der Kosten eines Elektroautos steckt eben derzeit in der Batterie. Und gerade hier gibt es enorme technologische Fortschritte. Neue Materialien und Technologien sind in der Entwicklung, die die Batterieproduktion revolutionieren. Ein Beispiel: Teure Rohstoffe wie Nickel und Kobalt könnten bald durch günstigere Alternativen ersetzt werden.
Konkrete Zahlen: Eisen und Phosphat, die in neuartigen Batterien zum Einsatz kommen, schlagen nur noch mit 20 Cent pro Kilowattstunde zu Buche. Selbst Lithium, derzeit noch der Hauptrohstoff, kostet nur noch etwa 11 US-Dollar pro Kilowattstunde. Und es gibt noch günstigere Alternativen: Natrium beispielsweise ist 30 Mal billiger als Lithium und erreicht bereits jetzt eine achtbare Energiedichte.
Chinesische Batterieriesen wie CATL und BYD investieren massiv in Forschung und Entwicklung, Automatisierung und neue Fabriken. Sie bringen in rasantem Tempo neue Produkte auf den Markt. All diese Faktoren zusammen führen dazu, dass erwartet wird, dass die niedrigen Preise für mindestens die nächsten Jahre anhalten werden. Und ehrlich gesagt, ist eine deutliche Preissteigerung dann kaum mehr zu erwarten.
Basierend auf diesen Entwicklungen wagt Hoekstra eine extreme Vorhersage: Er hält einen Preis von nur 8 US-Dollar pro Kilowattstunde Batteriekapazität für möglich. Das würde bedeuten, dass eine 100 kWh-Batterie, die heute noch einen Großteil der Fahrzeugkosten ausmacht, 2030 für lächerliche 800 US-Dollar – also etwa 740 Euro – produziert werden kann. Und im Gegensatz zu einem Verbrenner ist der Rest eines Elektroautos deutlich weniger komplex.
Was bedeutet das für den Automarkt? David Reich von Tesla-Welt:
“Das bedeutet für den Markt, das bereits eben im chinesischen Markt, das ist ja der größte Markt für Elektroautos derzeit, zwei Drittel der Autos, die dort hergestellt werden, günstiger sind als Verbrenner und das ist schon der Hammer und dementsprechend geht natürlich in China vor allem auch die Post ab, was Elektroautos angeht derzeit. Und man muss sagen, es wird nicht mehr lang dauern, bis diese Autos auch bei uns und vor allem auch diese Batteriezellen auch bei uns dann in den Markt kommen.”
Stellen wir uns das konkret vor: Ihr steht vor einem Autohaus und seht ein brandneues Elektroauto für 18.000 Euro. Daneben steht ein vergleichbarer Verbrenner – für 3.000 Euro mehr. Welches würdet ihr wählen? Diese Zukunftsvision könnte schon bald Realität werden, nicht nur in China, sondern auch bei uns. David Reich:
“Absolut und ich glaube da wird auch eine Sache ganz klar. Das galt ja immer als großes Gegenargument auch für die Elektromobilität, dass eben die Batteriezellpreise da sich noch mal weiter nach unten entwickeln. Da haben viele gesagt: das ist einfach ein Standardprodukt. Ja, das kauft man halt so dazu und da ist nicht mehr viel, wird nicht mehr viel passieren. Und genau das Gegenteil ist der Fall. Hier sind technologisch eben große Fortschritte gemacht worden und wir sehen das Ergebnis bereits im chinesischen Markt. Aber das kommt eben auch alles zu uns rüber.”
Natürlich wird es etwas Zeit brauchen, bis sich diese ultra niedrigen Batteriepreise vollständig außerhalb Chinas niederschlagen. Aber eben tatsächlich nur etwas. Viele günstigere Elektromodelle sind bereits für 2025 und 2026 auch außerhalb Chinas geplant.
Autor: Christoph Krachten
Auf dem YouTube-Kanal vor mit e ist dazu ein Video erschienen:
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