Zwischenlager für Wind & Sonne

In Deutschland wird ein Netz von Großspeichern aufgebaut

Unter Technologieoffenheit sehen einige Parteien in Deutschland hauptsächlich in den Rückspiegel. Da wird die Kernfusion genannt, bei deren Projekten bislang nur eine Naturkonstante gefunden wurde: es dauert 50 Jahre, bis sie kommt. Da träumen einige von einer Renaissance der Atomenergie, dabei dauert es jetzt schon mindestens bis 2074, bis Standorte für die Endlagerung der jetzt schon 10.500 Tonnen Atommüll gefunden sein könnten, d.h. es wird das Jahr 2100 oder später sein, bis dieses atomare Erbe verbuddelt sein wird. Zudem würde es mindestens 20 Jahre dauern, bis ein neues Atomkraftwerk in Betrieb gehen würde, die Zeit haben wir nicht. Warum schreibt der wirtschaftsliberale ‚Economist‘ in einem Ausblick, dass Sonne und Wind im Jahr 2040 mehr als zwei Drittel des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen werden? Weil sie die weltweite Entwicklung verfolgen und den Unternehmen zuhören, die rechnen können.

Teslvolt-Energiespeicher am Seed&Greet Hilden. Foto: Gregor Hinz

Sonne, Wind & Großspeicher …

Für diese Entwicklung wird es Großspeicher brauchen, welche die Schwankungen von Sonne und Wind ausgleichen und die Stromnetze stabilisieren. Die Standorte für die alten Lösungen, Pumpspeicherkraftwerke und Druckluft-Kavernen, sind begrenzt. Es werden riesige Batterien benötigt, Großspeicher genannt. Und da tut sich, weitgehend unbeachtet von der deutschen Diskussion, Erstaunliches. Neben der inzwischen installierten Leistung deutscher Heimspeicher, welche den Tagesverbrauch von 1,4 Millionen Haushalten liefern könnten, sind in Deutschland aktuell Stromgroßspeicher mit einer Gesamtleistung von 1.500 Megawatt am Netz, was etwa einem Tagesverbrauch von 150.000 Haushalten entspricht. Dazu kommen knapp 670 Megawattstunden gewerbliche Speicher.

… auch in Deutschland

Beantragt sind zudem in Deutschland Großspeicher mit einer Leistung von 161 Gigawatt. Einige dieser Anträge sind allerdings doppelt oder mehrfach gestellt, um für mögliche Standorte Genehmigungen zu bekommen. Wird die Hälfte dieser Anträge tatsächlich realisiert, dann entspräche das einem aktuellen Tagesverbrauch von 24 Millionen Haushalten – gespeichert in Batterien. Warum machen Firmen und Privatleute das? Weil es sich lohnt. Unternehmen führen ein Geschäftsmodell aus, in dem sie bei Sonne- und Windspitzen günstig Strom einkaufen und ihn nachts oder bei Dunkelflauten teurer wieder verkaufen. Das lohnt sich insbesondere, weil die Batteriepreise permanent fallen. Das lohnt sich noch mehr für Wind- und Solarkraftwerkbetreiber, denn sie müssen ihre Kraftwerke bei einer Überproduktion von Strom nicht mehr bremsen, sondern schicken diesen in (ihre) Großspeicher.


Beispiele:
• In Langenraichenbach in Nordsachsen und Brandenburg betreibt die Upside Group bereits fünf Großspeicher zwischen 12 und 30 MWh.
• Im niedersächsischen Alfeld (Leine) wurde die Genehmigung für den Bau eines Großspeichers mit einer Leistung von 137,5 Megawatt erteilt, ein Projekt des Unternehmens Kyon Energy. Dies wird das größte genehmigte Speicherprojekt in Europa sein. Die Kapazität reicht aus, um eine Million Haushalte für eine Stunde mit Strom zu versorgen.
• In Sachsen-Anhalt wird ab 2024 ein weiterer Großspeicher mit 300 Megawatt entstehen. Das deutsch-norwegische Unternehmen Eco Stor ist für diesen Speicher federführend.
• In der Oberlausitz plant der Energieversorger LEAG gemeinsam mit dem US-amerikanischen Batteriehersteller ESS den Bau eines 50-Megawatt-Speichers. Dieser soll im Jahr 2027 in Betrieb genommen und später noch weiter ausgebaut werden.
Weil moderne Unternehmen etwas unternehmen und es nicht unterlassen (sonst würden sie Unterlasser heißen), wird auch die sogenannte Speichertiefe immer länger werden, von derzeit zwei bis vier Stunden, bis eine Batterie leer ist, über acht Stunden (wie sie RWE derzeit in Australien aufbaut) bis zu 100 Stunden (wie ein Projekt in Kalifornien dies anstrebt). Damit wird dann auch das eine oder andere Gaskraftwerk überflüssig werden.
Was kann die Politik tun, damit das noch besser geht? Aus dem Weg gehen, indem sie Genehmigungen vereinfacht, die doppelten Kosten für Ein- und Ausspeichern abschafft und die Rahmenbedingungen klärt.

Tesla ist dabei

Großspeicher sind also bereits im Einsatz und sie werden fleißig weiter entstehen. Tesla baut und verkauft sie bereits weltweit, fixundfertig in 24 Tonnen schweren Containern zu 3,9 MWh pro Einheit, womit jeweils 3.600 Haushalte eine Stunde lang mit Strom versorgt werden können. Sie heißen ‚Megapack‘ in der Tesla-üblichen big-is-beautiful-Sprache. Großspeicher werden üblicherweise aus solchen Einheiten zusammengestellt, sie sind damit grenzenlos skalierbar, d.h. man kann beliebig viele nebeneinanderstellen und koppeln. Weltweit im Einsatz sind bereits über 2.500 Einheiten mit zusammen mehr als 10 GWh. Jede dieser Einheiten wird fertig montiert und betriebsbereit geliefert, was eine schnelle Installation und reduzierte Komplexität ermöglicht. Die Systeme erfordern nur minimale Wartung und haben eine Garantie von bis zu 20 Jahren. Über Over-The-Air Software-Updates werden sie weiter optimiert. Die größte Anlage ist in Australien in Betrieb: 212 Einheiten mit einer Leistung von 350 MW.
In Deutschland ist erst ein Tesla-Megapack in Testbetrieb, allerdings zu Forschungs- und Optimierungszwecken im Forschungszentrum Jülich. Dort sollen Experimente mit verschiedenen Lastprofilen durchgeführt werden. Dazu gehören Modellsimulationen bis zur Zellebene. Mittels eines digitalen Zwillings werden die Langzeiteigenschaften und die Zellalterung unter verschiedenen Nutzungsarten untersucht.
Die größte Megapack-Installation in Europa wird derzeit in Belgien mit 40 Megapacks und einer Speicherkapazität von 100 MWh aufgebaut. Anders in Kalifornien: Dort will das Unternehmen Intersect Power bis Ende 2030 etwa 15 GWh an Tesla-Megapacks einsetzen, also etwa 3.800 Stück.

Die Zukunft ist bereits angelaufen

Die Entwicklung wird schnell weitergehen, der Markt funktioniert. Über 20 Unternehmen bieten neben Tesla bereits Großspeicher-Module mit über 2 MW an. Vattenfall hat angekündigt, in Deutschland Großspeicher mit über 500 MWh aufzubauen.
Diese ganze Entwicklung sieht man, wenn man nach vorne schaut. Im technologieoffenen Rückspiegel ist diese Entwicklung nicht erkennbar. Weitgehend unbeobachtet von der Öffentlichkeit ist die Energiewende bereits am Laufen, weniger, weil man das Klima im Blick hat, sondern weil Unternehmen damit Geld verdienen können. Zugegeben, angestoßen hat diese Entwicklung eine Politik, die nicht in den Rückspiegel geblickt hat, weil vorne die Umweltverschmutzung und der Klimawandel zu sehen war. Jetzt ist es Zeit, die Unternehmen arbeiten zu lassen, die daraus ein Geschäftsmodell entwickelt haben.

Quellen:
DER SPIEGEL, 17.11.2024, Kolumne von Christian Stöcker
https://www.golem.de/news/intersect-power-tesla-erhaelt-grossauftrag-fuer-megapack-akkus-mit-15-3-gwh-2407-187224.html
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/rekordverdaechtig-deutschland-plant-riesige-batteriegrossspeicher/
https://upside.konradu.com/de/referenzen/
https://www.tesla.com/de_de/megapack
https://www.fz-juelich.de/de/iet/iet-1/aktuelles/meldungen/deutschlandweit-erstes-tesla-megapack-geht-bei-uns-in-testbetrieb
https://www.pv-magazine.de/marktuebersichten/grosse-batteriespeicher/


Aus dem Inhalt der 25. Ausgabe:

  • Editorial: Schon wieder einen Tesla
  • Pro & Contra: Das moralische Dilemma mit Elon Musk
  • Future: Lernende Roboter
  • Tesla: Wie viel Wartung muss sein?
  • Tesla: Mehr als Akku-Wechsel
  • Tesla: Das Model Y verfeinern
  • Strombock: 5 wichtige Tipps zu Ladetarifen
  • E-Auto-Tests: Vier neue Modelle
  • News des Quartals – Tesla Welt
  • Energiewende: Wieviel Energie ist nötig?
  • Energiewende: Solarenergie – Revolution
  • Glosse zur Energiewende: Die Klimagaffer
  • Energiewende: Großspeicher kommen auch in Deutschland
  • Energiewende: Flaute? Kein Wind, keine Sonne…
  • Die Herausgeber: Tesla Fahrer und Freunde
  • Die Herausgeber: Tesla Owners Club Helvetia
  • Aquaplaning und E-Mobilität
  • Leser:innenbriefe
  • Fanboy Gabor Reiter zu allen Tesla Modellen

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.