AXA-Versicherung:

Keine Batterie, Kein Feuer, Kein Sorry

Im August 2022 brachte die international tätige AXA-Versicherung bei einer Veranstaltung in der Schweiz ein älteres Tesla Model S zum Überschlag und setzte ein Feuer am Fahrzeugunterboden spektakulär in Szene. Ziel war es, auf die Gefahren von Elektroautos hinzuweisen. Laut AXA führt die Kraft der Elektromotoren zu einem um 50 Prozent höheren Unfallrisiko. Man rieb sich in der Geschäftsleitung schon die Hände. Mit solch einer Show müssten nun wohl die Versicherungsnehmer in Scharen zu AXA eilen.

Die Shitshow

Tja, diese Show hatte genau das Gegenteil zum Ergebnis. Nach einem Shitstorm in Medien und auf sozialen Plattformen, sah sich der Versicherer zu einer Entschuldigung genötigt. Denn Elektroautofahrern und speziell den Tesla-Besitzern fielen die falschen Behauptungen sofort auf.  Schon die Tatsache, dass hier ein Tesla zum Überschlagen gebracht wurde und auf dem Dach gelandet war, widerspricht allen Erfahrungswerten. Wegen der mehr als 500 Kilogramm schweren Batterie, die bei den Elektroautos am Fahrzeugunterboden angebracht ist, kippen Elektroautos nie wirklich um und landen auf dem Dach. Ein Video von Tesla demonstriert das. Dabei wird ein Model X mit hoher Geschwindigkeit seitlich auf eine Sandbank geschoben und  kippt nie aufs Dach, sondern richtet sich wie ein Stehaufmännchen immer wieder auf. Auch wer, so wie ich, seit Jahren die wöchentlichen Zusammenschnitte des Wham Baam Teslacam-YouTube-Kanals schaut, merkt, dass sich darunter bislang kein einziges Tesla-Fahrzeug überschlagen hat und auf dem Dach gelandet ist; und das bei weit mehr als 1.500 Videoausschnitten.

Wie sich herausstellte, hatte AXA die Batterie aus dem Model S entfernt. Dem Fahrzeug fehlte somit die übliche Fahrdynamik. Nur damit war es möglich, in diesem Stunt das Fahrzeug dazu zu bringen, auf dem Dach zu landen, nachdem es vorher an und über eine Rampe geschoben worden war. Weil aber die Batterie fehlte, konnte es auch nicht zu einem Brand kommen. Um aber der Öffentlichkeit eine entsprechende Show zu bieten, wurde der Fahrzeugunterboden mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet. Von wegen Batteriebrand.

Wie auch immer, Batteriebrände sind bei Elektroautos im Allgemeinen und bei Tesla im Speziellen sehr selten. Mit dem Faktor fünf bis zehn seltener als bei Verbrennungskraftfahrzeugen, die mit einer hochbrennbaren Flüssigkeit betrieben werden. Wenn eine Batterie zu brennen beginnt, dann verhält sie sich ganz anders, als die Fotos von AXA dies demonstrierten

Nicht-Entschuldigung

Wie auch immer. Innerhalb weniger Tage schlugen die Wellen der Empörung über AXA zusammen und der Versicherer musste kleinlaut zugeben, hier etwas „nachgeholfen“ zu haben. Die Firma veröffentlichte eine Entschuldigung und die hat es in sich. Sie ist nämlich, bei genauerer Betrachtung, keine richtige Entschuldigung. Und ich sage das als jemand, der ein Buch geschrieben hat, zum Thema, was eine ehrliche und aufrichtige Entschuldigung ausmacht und wie eine Nicht-Entschuldigung aussieht. Doch sehen wir uns die „Entschuldigung“ mal anhand einiger Sätze an und was sie in Wirklichkeit bedeuten.

Eine Entschuldigung muss mehrere Komponenten beinhalten, damit sie als ehrlich gilt. Das Fehlverhalten muss offenbart werden, die schuldige Person das Fehlverhalten erkennen, dafür die Verantwortung übernehmen, sich zerknirscht geben, Gewissenbisse haben und Wiedergutmachung anbieten. Am Ende müssen Maßnahmen aufgezeigt werden, wie die Person in Zukunft solches Fehlverhalten verhindern will. Doch nur wenig davon findet man in der „Entschuldigung“ der AXA-Versicherung. Schon der erste Absatz relativiert das Ansinnen auf Entschuldigung:

„Wir bedauern, dass die Ausgabe 2022 der Crashtests möglicherweise einen schlechten Eindruck von der Elektromobilität vermittelt oder Missverständnisse darüber hervorgerufen hat“.

„Möglicherweise!“ What a shit! AXA hat hier versucht Elektromobiltät und, wie wir noch sehen werden, die Elektroautofahrer mit Schmutz zu überschütten. Elektroautos! Gefährlich! Elektroautofahrer! Unverantwortliche Schweine!

Danach folgt ein ganzer Absatz, in dem AXA beschreibt, wie sehr sich der Versicherer seit Jahren für Verkehrssicherheit einsetzt, Präventionsarbeit leistet, unaufhörlich auf Risiken hinweist, Kätzchen aus Tierheimen adoptiert und generell ein super Unternehmen ist. Ok, das mit den Kätzchen stimmt nicht, aber im gewählten Tonfall wird klar, was AXA uns sagen will: Was regt ihr euch so auf, wir sind eigentlich so super und wegen dem einen, lächerlich kleinen Vorfall fallt ihr uns in den Rücken? Ja geht es euch eigentlich noch gut? …

… der vollständige Artikel kann im T&Emagazin, Ausgabe 16 gelesen werden.

Fazit:

Mit der Tesla Insurance werden Tesla-Besitzer zu einem sichereren Fahrverhalten erzogen. Sie werden nicht mehr über einen Kamm geschoren und ein Durchschnitt für die Versicherungsrate berechnet, sondern individuell. Gleichzeitig profitieren alle Verkehrsteilnehmer mit dem kleinen Nudge von mehr Sicherheit. Tja, so geht Verkehrssicherheit. Als Ingenieur und Tesla-Besitzer verstehe ich nun auch endlich, wofür die drei Buchstaben AXA stehen: A2. Und wofür das zweite A steht, behalte ich für mich…


Zum Autor:


Dr. Mario Herger schreibt regelmäßig unter der Rubrik Technophilosoph im T&Emagazin. Diese und weitere interessante Artikel zu Tesla, E-Mobilität und regenerativen Energien finden sich in der aktuellen 16. Ausgabe des T&Emagazin:

 

Die Ausgabe 16 des T&Emagazin
(3. Quartal) ist erschienen
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Sie kann in gewünschter Menge gegen Porto- und Bearbeitungskosten bestellt werden.

 

Die Themen:

  • Editorial – Timo Schadt: Handlungen sind erforderlich
  • Tesla Welt – News des Quartals
  • Elektromobilität – Dirk Bergel: S3XY CARS Community 2022
  • Elektromobilität – S3XY CARS Community auch 2023?
  • Elektromobilität – Martin Hund: Produktion, Bauformen, Arten von Zell-Packs
  • Elektromobilität – Timo Schadt: Ein persönlicher Befreiungsschlag – Weg vom Verbrenner!
  • Elektromobilität – Christoph Krachten: E-Auto-CO2-Bilanz
  • Elektromobilität – Dr. Heiko Behrendt: PKW Kosten
  • Elektroauto Guru – E-Autos zu teuer wegen Strompreis?
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