Car Maniac: Ford E Transit

Bald hört man den einen Freund, der den Transporter hat, den man immer anruft, wenn man umzieht, nicht mehr anrollen. Bisher hat man ja immer gesagt, komm lass raus gehen, er ist da. Schließlich hat man das Nageln des Vierzylinder-Diesel gehört. Ford leistet einen großen Schritt, damit dies der Vergangenheit angehört.
 
Allerdings mit einem großen und zwar riesig großen Manko. Dazu später mehr. Kommen wir zu einer sehr guten Umsetzung eines Elektrotransporters. Und mit gut meine ich, dass sogar Dinge gut funktionieren, die gar nicht gut funktionieren müssten, weil es eben ein Transporter ist.
 
Doch alles der Reihe nach: der Ford E Transit ist ein elektrischer Kastenwagen oder optional ein Fahrgestellwagen. Letzteren kann man dann im Nachhinein beliebig aufrüsten. Das Fahrzeug hat immer 68 nutzbare kWh und zwei Motorvarianten. Karosserievarianten gibt es etliche, da kommt man schon schnell mal durcheinander. Ich bin den 350 L3H2 gefahren. Diese Zahlen sagen auch etwas aus. Die erste bedeutet, er hat 3,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse. Das L3 steht für Länge 3, also 3 m Radstand. Das H2 steht für 2 m Kabinenhöhe.
 
Das von mir getestete Fahrzeug leistet 184 PS. Das ist ja doch schon ordentlich, vor allem wenn es ein Elektro ist, dessen Drehmoment von üppigen und doch überraschenden 430 Newtonmetern sofort anliegt. Der Motor ist hinten, angetrieben wird allerdings die vordere Achse, was im Elektrobereich auch relativ untypisch ist.
 
Man darf natürlich auch nicht verheimlichen, dass dieser Elektro nur eine Abwandlung von seiner Verbrenner-Vorlage ist. Kommen wir nun zu weiteren Spezifikationen: der von mir getestete Wagen hat 11 Kubikmeter Ladevolumen. Es geht wesentlich mehr, aber auch weniger. Am meisten bietet der L4 H3, welcher, wie wir schon gelernt haben, 4 m Radstand hat und 3 m Kabinenhöhe. Das ist schon wirklich ein brutaler Klotz. Dann gibt es noch die maximale Motorisierung, allerdings nicht in diesem Radstand, sondern nur in jenem, wie ich ihn gefahren bin: 269 PS. Ja, richtig gehört bei einem Transporter. Ich wäre zu neugierig, wie der so fährt, denn auch schon die 184 PS-Variante hat wirklich wahnsinnig viel Spaß gemacht und beschleunigt wesentlich besser, als man das von einem Diesel gewohnt ist.
 
 
Hinten befinden sich direkt zwei Kameras. Eines auf Brusthöhe eines Mannes und die andere ganz oben am Dach. Dazu dann auch später mehr. Etwas in die Jahre gekommen ist das Scheinwerfersystem, welches auf Bi Xenon anstatt auf LED setzt. Der Ford hat einen Nasen-Lader, was natürlich an der Ladesäule ein extremer Vorteil ist, vor allem wenn man einen Anhänger ziehen sollte. Die maximale Anhängelast liegt hier bei 750 kg, was ja doch relativ mau ist, wenn man das mit dem Verbrenner vergleicht, der 2,1 Tonnen ziehen kann. Auch die zulässige Gesamtmasse liegt bei 5 Tonnen, deutlich über dem, was der Elektro bietet.
 
 
Beide sind auf ihre Art gnadenlose Nutztiere. Der elektrische hat hier nämlich in Sachen Verbrauch definitiv die Nase vorn. Während ein Verbrenner in solch einer Karosserie locker flockig 8 bis 10 Liter Diesel auf 100 km im städtischen Verkehr verbraucht, lag der elektrische Transit in meinem Test auf Kurzstrecke nach 10 km bei 20 kWh. Wohlgemerkt nicht voll bepackt sondern leer. Das ist ein Benzinäquivalent von knapp 2 l auf 100 km und kostet lediglich 5,60 € Strom auf 100 km. Der Diesel wäre dann hier in dieser Rechnung bei ungefähr 20 €. Das ist ein echt krasser Unterschied. Selbst wenn man an der Ladesäule lädt, ist man über einen Anbieter wie EnBW z.B. für 39 Cent/Kilowattstunde bei 7,80 € auf 100 km.
 
Es ist eine ganz neue Erfahrung, einen Transporter elektrisch zu fahren. Das was immer so laut und überanstrengt war, weil die Gänge so kurz übersetzt sind bei solchen Transportern, ist jetzt plötzlich ein Erlebnis, weil man eine perfekte Übersicht in einer ungewohnten Höhe hat und lautlos dahin gleitet. Keine Antriebsgeräusche, nichts was nerven sollte. Auch ist der Wagen mit seinen knapp 6 m überraschend wendig. Der Innenraum überzeugt mit vielen Ablageflächen und überflutet einen zeitgleich mit Hartplastik; tut aber jeder Transporter. Womit er aber unbedingt punkten kann, ist das große quer stehende Navigationssystem.
 
 
Und da muss man schon ein dickes Lob aussprechen, denn wenn man “Am Bullhamm 1 Jever” diktiert, findet er das Ziel schnell, denn hier ist das neue Ford Sync an Bord, aber darüber hinaus macht er auch eine perfekte Ladeplanung so wie ich mir das wünsche und so wie ich es gerade bei Volkswagen mit der 3.1 Software gelobt hatte. Heißt: er plant die Ladepausen, zeigt an, mit wie viel Prozent man ankommt, um wie viel Uhr, wie weit es noch ist, und bis wie viel Prozent man wie lange laden muss, damit man wieder abfahren kann. So stelle ich mir das bei einem Elektroauto vor und genau so ist es leider auch noch bei weitem nicht selbstverständlich für viele Hersteller. Ich sage nur Kia, Genesis und Hyundai.
 
Allerdings wird man das wohl nicht brauchen, denn dieses Auto ist nicht für die lange Strecke gemacht. Er profitiert einfach nur vom guten Lademanagement, das auch der Ford Mustang Mach E an Bord hat. Wenn es mal auf die Autobahn geht, wandelt sich das mit der Effizienz natürlich. Bei so einem hohen Fahrzeug, wie man auch auf den Bildern sieht, darf man keine Wunder erwarten. Je mehr Gegenwind durch je höhere Geschwindigkeit, desto ineffizienter wird das ganze Spiel. Heißt in Zahlen: fährt man 120 km/h konstant mit dem Tempomaten, und gleicht das topografisch aus, weil man 20 km in die eine und 20 km in die andere Richtung fährt, landet man bei 32,5 kWh auf 100 km, damit wäre der Akku nach knapp 200 km leer, ist aber bei solch einem Fahrzeug vielleicht auch nur halb so wild. Die Höchstgeschwindigkeit liegt dennoch bei 135 km/h.
 
 
Rein rechnerisch schafft er zumindest innerstädtisch auf jeden Fall die WLTP und kann diese vielleicht sogar noch übertrumpfen. Wenn es aber doch mal auf die Autobahn geht oder man gar seine Mittagspause an einen Hypercharger verlegt, kann der Ford e-transit in 34 Minuten von 10 bis 80 Prozent laden – dank 115 kW Gleichstromladefähigkeit. Das ist ein absolut amtlicher wert. Über Typ 2, wenn man also an die Ladesäule will, in der Stadt oder an die heimische Wallbox, kann er serienmäßig 11 kW ziehen.
 
Bevor wir zum Grand Final kommen hier noch ein Lob: die Rückfahrkamera ist einfach nur fantastisch. Die Auflösung und die Winkel wirklich super. Genauso die obere Kamera am Dach, welche hilft zu sehen, ob man z.B einen Baum streift. Aber eben auch der Kamera Rückspiegel, denn durch die Kabine kann man ja nicht nach hinten schauen, aber die Kameralinse erledigt das für einen, sodass man trotzdem durch den Rückspiegel schauen kann, nur halt eben digital, aber in einer Auflösung, die Ihr ehrlich gesagt mit eurem eigenen Auge nicht besser hinkriegt.
 
Jetzt kommt die Frage der Fragen: Was kostet der Spaß? Nun, das Verbrenner-Pendant mit 170 PS kostet ab 52.000 €. Ja, solche Fahrzeuge sind nie günstig. Der Elektro aber, in der Variante wie ich ihn gefahren habe, schlägt mit mindestens 66.000 € zu Buche, in der Trend Variante wie ich ihn gefahren habe aber mit 69.000 €. Grundpreis wohlgemerkt! Wenn ihr nun das Technologiepaket 18 reinnehmt, welches z.B. einen Radar-basierten Abstandsregeltempomaten an Bord hat, beheizte Scheibe, Lenk Assistenten, sowie die Kameras, dann landet ihr bei 81.000 €. Ja, ich musste auch schlucken. Okay die Metallic-Lackierung ist auch noch dabei. Und noch ein bisschen Schnickschnack wie z.B. der onboard-Lader, mit dessen Hilfe ihr über zwei Schuko Stecker hinten eine Kreissäge betreiben könnt oder alles, was über einen ganz normalen Stecker betrieben wird. Sehr praktisch für den Handwerker. Dieses Tool kostet knapp über 1.400 €.
 
Jeder Handwerker mit Einzelunternehmen wie z.B. Maurer, Elektriker oder Gartenlandschaftsbauer hat wahrscheinlich aufgeschriehen, mit juhu, endlich ein elektrischer Transporter, bis zu diesen Zeilen. Denn was bringt dir die enorme Einsparung beim Laden, wenn du im Grundpreis für den Elektro knappe 16.000 € mehr hinlegen musst. Mal abgesehen davon, dass 81.000 € jenseits von gut und böse ist.
 
Somit sehe ich einen sehr großen Sinn in diesem Auto, denn es fördert die Entwicklung der Elektromobilität abseits der Pkw. Aber, und da muss man auch wirklich ehrlich sein – es ist für den Einzelnen nicht leistbar. Dafür aber für größere Unternehmen wie auch Amazon, die ja schon komplett auf die elektrischen Sprinter umgesattelt haben. Mit dem Transit kriegt man dann eine etwas günstigere Variante als den Sprinter, wenn auch nicht viel günstiger, wahrscheinlich aber zu guten Leasingpreisen, vor allem wenn man fünf bis zehn Stück nimmt, was eine große Firma ja schnell mal tut. Dann wird auf jeden Fall ein Schuh, für alle anderen nur ein Traum draus.
 

 


 

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Die Zeitschrift hat 68 Seiten, prall gefüllt mit Berichten zu Themen der Elektromobilität und zu regenerativen Energien. Das Magazin hat eine Leimbindung und ist dadurch noch schicker geworden.

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Zu den Inhalten aller vorherigen, älteren Ausgaben geht es hier.

 

 

 

 

Inhalt der 14. Ausgabe:

  • Leser-Reaktionen
  • Editorial – Ein wirkliches Privileg
  • Tesla Welt – News des Quartals
  • Tesla – Eröffnung & Delivery Event Gigafactory Grünheide
  • Rede von Elon Musk
  • Tesla – Interview mit Jörg Steinbach
  • Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.
  • Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH)
  • S3XY CARS Community – Alles zum großen E-Auto Event
  • Elektroauto Guru – Warum sind E-Autos eigentlich so flott?
  • Elektromobilität – WLTP-Reichweitenschwindel
  • Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests
  • Veranstaltungen – Saus & Schmaus Brandenburg electric
  • Innovator – 6.000 Hände an Franz Liebmanns Lenkrad
  • Klimaschutz – Elektromobile Bahnerfahrungen
  • Klimaschutz – Wie umweltfreundlich ist die Bahn eigentlich?
  • T&Etalk – Rückblick: Ökostrom selber erzeugen & vermarkten
  • T&Etalk – Rückblick: Kostenlos Tesla fahren! – ist das verwerflich?
  • T&Etalk – Ausblick: Aktien zu E-Mobilität & Energie
  • T&Etalk – Ausblick: E-Fahrzeug Design
  • Klimaschutz – Gefährdet Tesla die Wasserversorgung?
  • Klimaschutz – Prof. Quaschning: Putins Krieg und unser Öl und Gas
  • Klimaschutz – Erfahrungsbericht PV, Wärmepumpe & E-Auto
  • Zukunftstrends – Trends formen unsere Welt
  • Wirtschaft – Interview mit Presse-Großhändler Carsten Müller
  • Technophilosoph – Dr. Mario Herger zu Lügen der Autokonzerne
  • Wirtschaft – E-Flugzeug: Die leise Revolution am Himmel
  • Reisebericht – Über die Alpen mit Model X und Wohnwagen
  • Reisebericht – Alles für die Katz: Harus Abenteuer im Tesla
  • Fanboy – Gabor Reiter: E-Mobilität in Deutschland
  • … und einiges mehr
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