Lohnt sich ein Elektroauto bei den teuren Strompreisen überhaupt noch?

Russland dreht uns den Gashahn zu und die Strompreise laufen haltlos in schwindelerregende Höhen. Der Betrieb eines Elektroauto war stets auch günstiger als das Tanken mit altem Dinosaurier-Saft. Sind diese Zeiten nun vorbei oder lässt sich sogar noch ein indirekter Stundenlohn von 144 Euro erzielen?

Natürlich gibt es viele sehr gute Gründe, die individuelle Mobilität möglichst sauber, klimafreundlich und damit elektrisch durchzuführen, ganz unabhängig davon, ob es nun billiger oder teurer ist Benzin zu tanken. Die Welt zu retten gibt es nicht zum Null-Tarif! Bei den aktuellen Inflationswerten und den wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen aber viele Menschen den Gürtel enger schnallen. Daher ist die Frage nach der Bezahlbarkeit von Elektromobilität durchaus erlaubt. Oft liest man von Behauptungen, ein Benziner sei aktuell viel preiswerter zu bewegen als ein modernes Elektroauto von zum Beispiel Tesla.

Das meist genannte Manko gegen ein Elektroauto ist die lange Ladezeit. Zeit ist bekanntlich Geld, so tauschen wir das kostbare Gut jeden Arbeitstag beim Arbeitgeber gegen schnöden Mammon ein. Mit dem Umstieg auf ein Elektroauto kann man diese einfache Regel ebenfalls für sich anwenden und auch beim Auto Zeit gegen Geld eintauschen.

Nehmen wir an, eine Person fährt 25.000 Kilometer pro Jahr und nutzt einen BMW 3er Benziner mit vergleichbarer Motorisierung zum Tesla Model 3 Dual Motor. Dann benötigt der Bayer laut Spritmonitor durchschnittlich 9 Liter Super Benzin pro 100 Kilometer. Bei rund 1,96 Euro je Liter sind das insgesamt 4.410 Euro, die der Tankwart pro Jahr verbuchen darf.

Beim heimischen Laden benötigt ein Model 3 etwa 18 kWh pro 100 Kilometer – ebenfalls laut Spritmonitor. Bei einem durchschnittlichen Strompreis von 33 Cent in der heimischen Garage zahlt diese Person 1.485 Euro und benötigt dafür quasi keine Zeit – abends Stecker rein, morgens wieder raus und das Auto ist wieder voll. Fürs Nichtstun lassen sich also 2.925 Euro pro Jahr verdienen!

Ein berechtigter Einwand wäre jetzt, dass die Urlaubsfahrten sehr wohl Zeitaufwand bedeuten. Rechnen wir also großzügig: 6 Fernstrecken im Jahr zu 1.000 Kilometer, bedeutet das 12.000 Kilometer für Hin- und Rückfahrt. Dazu benötigt der Tesla mit einer Etappenreichweite von 350 Kilometer etwa 35 Ladungen, die sich jeweils in einer halben Stunde am Supercharger nachladen lassen. Das bedeutet üppige 17 Stunden Zeitaufwand pro Jahr und Mehrkosten von 475 Euro im Vergleich zur Ladung Zuhause. Üppig ist aber auch der dadurch resultierende Stundenlohn von 144 Euro und das netto!

Wer mit seinem persönlichen Stundenlohn nach Steuern über 144 Euro liegt, könnte mit Überstunden tatsächlich mehr rausholen als mit dem Fahren bzw. Laden eines Elektroautos. In der Realität dürfte aber in der großen Mehrheit deutlich weniger verdient werden. Im Bereich der Anschaffungskosten liegen die verglichenen Fahrzeuge übrigens gleichauf bzw. ist der BMW mit Allradantrieb sogar einige zehntausend Euro teurer als das Model 3 Dual Motor.

Abschließend muss man also festhalten, dass das Fahren eines Elektroautos bares Geld spart. Sollte der Strompreis weiter steigen, steigt höchstwahrscheinlich auch der Benzinpreis, nicht zuletzt, weil auch für Benzin-Herstellung und Verkauf Strom benötigt wird. Wer keine eigene Lademöglichkeit hat und die gesamten 25.000 Kilometer am Supercharger laden muss, kommt interessanterweise immer noch auf einen Netto-Stundenlohn von 29 Euro. Keine schlechte Bezahlung für das Schauen von Netflix, den Anruf bei der Schwiegermutter oder das Abarbeiten von Mails in der Zeit während das Auto lädt. Legt euch dabei also nicht auf die Couch, sondern lasst uns zusammen die Welt retten!


Der Autor:


Antonino Zeidler schreibt regelmäßig im T&Emagazin. Diese und weitere interessante Artikel zu Tesla, E-Mobilität und regenerativen Energien finden sich in der aktuellen 16. Ausgabe des T&Emagazin:

 

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Die Themen:

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  • Elektromobilität – S3XY CARS Community auch 2023?
  • Elektromobilität – Martin Hund: Produktion, Bauformen, Arten von Zell-Packs
  • Elektromobilität – Timo Schadt: Ein persönlicher Befreiungsschlag – Weg vom Verbrenner!
  • Elektromobilität – Christoph Krachten: E-Auto-CO2-Bilanz
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