Verkehrsinfrastruktur: Dialogprozess muss Klima- & Umweltziele in den Mittelpunkt stellen

Mit gemeinsamen Forderungen zur Gestaltung des Dialogprozesses zum Infrastrukturkonsens wenden sich zahlreiche Umweltorganisationen an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Die Infrastrukturplanungen in Deutschland müssten grundlegend überarbeitet und an Klima- und Umweltzielen ausgerichtet werden, erklären der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Deutsche Naturschutzring (DNR), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Green Legal Impact, Greenpeace Deutschland, der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der ökologische Verkehrsclub VCD. Mit ihren Forderungen reagieren die Organisationen auf Vorbereitungen für den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Dialogprozess zur ‘Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplan’ (BVWP). In einem gemeinsamen Brief an den Minister heißt es, Wissing müsse dem Prozess für Veränderungen in den Planungen die angemessene Bedeutung beimessen. Ziel des Dialogprozesses müsse eine kurzfristige Neupriorisierung der Bedarfspläne nach Umwelt- und Klimaschutzaspekten sein.

„Die Praxis der Infrastrukturplanung in Deutschland bedarf einer grundlegenden Überarbeitung. Damit der Verkehr im Klimaschutz nicht länger hinterherhinkt, muss Infrastruktur in Deutschland ganz anders geplant werden. Statt das schon heute dichte Netz aus Autobahnen und Bundesstraßen weiter auszubauen, muss der anstehende Dialogprozess den Schwerpunkt auf Erhalt und Sanierung der gesamten Verkehrsinfrastruktur legen. Vor allem der Fernstraßenbedarfsplan zerstört wertvolle Natur. Vor Ende des Dialogprozesses dürfen keine weiteren Fakten durch einen Weiter- und Neubau von Fernstraßen oder den Erlass neuer Planfeststellungsbeschlüsse für Fernstraßenvorhaben geschaffen werden”, so die Organisationen in ihrer gemeinsamen Einschätzung.

Viele Probleme liegen nicht zuletzt in den schon lange nicht mehr zeitgemäßen Verfahren der Bundesverkehrswegeplanung. Es besteht daher die Notwendigkeit, einen modernen und grundlegend reformierten Bundesmobilitätsplan 2040 aufzustellen, der sich konsequent an Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausrichtet, alle Verkehrsträger integriert betrachtet und sämtliche verkehrspolitischen Maßnahmen einbezieht.  Zuvorderst ist mit dem Dialogprozess jedoch eine klare Neuausrichtung des BVWP 2030 erforderlich, damit dieser seinen überfälligen Beitrag zur Einhaltung der Klima- und Umweltziele und zur Umsetzung der sozial-ökologischen Mobilitätswende leisten kann.

Um die Vorgaben des Koalitionsvertrags umzusetzen und den Dialogprozess erfolgreich zu gestalten, sind aus Sicht der Verbände folgende Aspekte zu berücksichtigen:

1. Ziel des Dialogprozesses muss eine kurzfristige Neupriorisierung der Bedarfspläne nach Umwelt- und  Klimaschutzaspekten sein: Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, muss der Infrastrukturkonsens neue  Prioritäten für die Umsetzung des geltenden BVWP 2030 festlegen. Hierbei sind Prioritäten zwischen Erhalt auf der einen sowie Aus- bzw. Neubau auf der anderen Seite ebenso wie die Prioritäten zwischen den Verkehrsträgern einzubeziehen. Das bedeutet auch, Projekte nicht mehr weiterzuverfolgen und aus dem Plan zu streichen. Die festzulegenden Prioritäten und Kriterien für die Auswahl von Projekten müssen sicherstellen, dass a) die Klimaschutzziele des KSG eingehalten werden, wobei die Wirkung der Verkehrsinfrastrukturplanung auf das Mobilitätsverhalten berücksichtigt wird1, b) das Verfehlen der selbstgesetzten Umweltziele des BVWP 2030 laut Umweltbericht2 korrigiert wird und c) der Erhalt der bestehenden Verkehrsinfrastruktur sichergestellt wird.

2. Alle Projekte des BVWP 2030 einbeziehen und keine Fakten schaffen: Eine zielführende Neupriorisierung ist nur möglich, wenn alle Projekte einbezogen und den Ergebnissen des Infrastrukturkonsenses unterworfen werden. Deshalb dürfen in der Zeit vor dem und während des Dialogprozesses keine Fakten durch Weiter- und Neubau von Bundesfernstraßen oder Erlass neuer Planfeststellungsbeschlüsse für Fernstraßenvorhaben geschaffen werden.

3. Klare Ziele und Zeitpläne für den Dialogprozess festlegen und den Prozess innerhalb eines Jahres abschließen:
Zu Beginn des Dialogprozesses ist durch das BMDV klar zu kommunizieren, welche Ziele der Prozess verfolgt, wann welche Meilensteine erreicht werden sollen und wofür die Ergebnisse des Prozesses verwendet werden. Hierbei ist insbesondere zu verdeutlichen, wie die Ergebnisse in weitere Arbeiten und Entscheidungen einfließen. Eine transparente und konsensuelle Neuausrichtung der Bedarfspläne des BVWP 2030 ist aus den genannten Gründen dringlich. Der Dialogprozess sollte daher innerhalb eines Jahres mit einem Infrastrukturkonsens abgeschlossen sein.

4. Prozess Aarhus-konform ausgestalten: Der Dialogprozess betrifft mit der Neupriorisierung von Infrastrukturvorhaben Maßnahmen mit erheblichen Umweltauswirkungen und sollte daher unter Berücksichtigung der Maßgaben der Aarhus-Konvention sowie des zu ihrer Umsetzung erlassenen EU-Rechts durchgeführt werden. Insbesondere muss bei dem Prozess Ergebnisoffenheit, Augenhöhe (z. B. Schaffung gleicher Informationsbasis), unabhängige Moderation und eine gemeinsame Auswahl beratender Gutachter:innen und Ministerien sichergestellt werden.

5. Finanzierung der Bedarfspläne klären: BMDV und BMF legen den Teilnehmenden des Dialogprozesses einen abgestimmten Finanzplan über die Verkehrsinvestitionen bis 2030 und 2035 vor. Nur so können die Diskussionen auf einer soliden Grundlage stattfinden.

Quelle: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/Mobilitaet-Forderungen-Dialogprozess.pdf



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