CO₂-Grenzausgleich in der EU (CBAM): Analyse für die Produkte Zement, Aluminium, Stahl, Düngemittel
Im Rahmen des Fit-for-55 Pakets hat die EU-Kommission vorgeschlagen, den EU-Emissionshandel (EU-ETS) um einen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (auf Englisch: Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) zu ergänzen. Für bestimmte Produktgruppen soll bei der Einfuhr in die EU durch den Importeur eine CO₂-Abgabe in Höhe der CO₂-Kosten des EU-ETS entrichtet werden, um dem Risiko einer Verlagerung der Produktion in Länder ohne vergleichbare Klimaschutzanstrengungen zu begegnen (Carbon Leakage) und damit eine effektivere CO₂-Bepreisung innerhalb des EU-ETS zu ermöglichen. Importe werden so mit der heimischen Produktion in Bezug auf die CO₂-Kosten gleichgestellt. Damit verbunden soll und muss die freie Zuteilung für diese Branchen bzw. Produkte schrittweise reduziert werden. Der vorgeschlagene CBAM erfasst nur Einfuhren, keine Ausfuhren. Diese Analyse soll einen Beitrag dazu leisten, die Auswirkungen der Einführung des CBAM auf die betroffenen Industriebranchen in Deutschland in Bezug auf die Exporte einzuordnen.
Die Grundlagen
Seit Einführung des EU-Emissionshandels (EU-ETS) unterliegen die Emissionen aus dem Energie- und Industriesektor in der EU einer CO₂-Bepreisung. Der EU-ETS ist einer der zentralen Eckpfeiler zur Erreichung der deutschen und europäischen Klimaschutzziele. Der CO₂-Preis soll Anreize für Emissionsminderungen schaffen. Solange die Handelspartner der EU für energieintensive Grundstoffe aber keine vergleichbaren Klimaschutzanstrengungen unternehmen, besteht ohne adäquate Schutzmaßnahmen das Risiko, dass die Produktion der erfassten Güter in Länder mit weniger stringenten Regeln abwandert (Carbon Leakage). Aus diesem Grund erhalten Industrieanlagen im EU-ETS derzeit einen wesentlichen Teil der von ihnen benötigten Emissionszertifikate kostenlos zugeteilt. Diese kostenlose Zuteilung schwächt jedoch die Wirkung des CO₂-Preises und damit die Anreize Emissionen einzusparen. Zudem wird die Obergrenze für Emissionsberechtigungen in den kommenden Jahren stetig weiter sinken und damit der Spielraum für die freie Zuteilung reduziert, das heußt auch ohne die Einführung eines CO₂–Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) würden die Kosten für den Zukauf von Zertifikaten steigen. Gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission soll der CBAM die freie Zuteilung schrittweise als Schutz vor Carbon Leakage ersetzen. Die Einnahmen für die ETS-Zertifikate, die dadurch zusätzlich versteigert werden, sollen in den EU-Innovationsfonds fließen und dort insbesondere den vom CBAM erfassten Sektoren zugutekommen. Durch den CBAM können Unternehmen die Emissionshandelskosten im EU-Binnenmarkt besser auf die Preise ihrer Produkte überwälzen, da künftig auch für die in den importierten Produkten eingebetteten Emissionen in der EU Zertifikate erworben werden müssen Bereits heute überwälzen viele Unternehmen einen Teil ihrer Zertifikatskosten.
Der CBAM umfasst nach Vorschlag der EU-Kommission lediglich Einfuhren in die EU und keine EU-Ausfuhren. Wenn bei der Produktion in Europa Kosten durch den EU-ETS anfallen und die Produkte in Länder exportiert werden, in denen keine vergleichbaren Kosten anfallen, kann dies die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in diesen Ländern senken.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Zement und Zementklinker
Zement und das Vorprodukt Zementklinker sind in ihrer Produktion durch hohe CO₂-Intensität und demzufolge hohe Kosten für den Erwerb von Emissionsberechtigungen gekennzeichnet. Der Extra-EU-Export von Zement und Zementklinker aus Deutschland ist jedoch vernachlässigbar (max. 1 Prozent der Produktion). Die Kosten für den Zukauf von Zertifikaten, 56-76 Prozent des durchschnittlichen Exportwerts von Zementklinker, und sind damit unter den betrachteten Produkten am höchsten.
Bezogen auf (Portland-) Zement liegt diese Kostenbelastung, abhängig vom Klinkeranteil und der CO₂-Effizienz der Klinkerproduktion, bei 35-40 Prozent des durchschnittlichen Exportwerts bei der Verwendung effizient produzierten Klinkers und bei 47-54 Prozent bei Verwendung durchschnittlich produzierten Klinkers.
Eisen- und Stahlprodukte
Eisen- und Stahlprodukte haben den höchsten Produktions- und Exportwert im Vergleich der CBAM-Produktgruppen. Die Exportintensitäten sind unterschiedlich je nach Produktgruppe: Vergleichsweise hohe Extra-EU-Exportanteile haben insbesondere flachgewalzte Produkte (5-15 Prozent) sowie Rohre und Hohlprofile aus Stahl (8-25 Prozent). DerZukaufbedarf für Emissionsberechtigungen hängt insbesondere von der Emissionsintensität der Produktionsroute (Hochofenroute auf Basis von Roherzen oder Elektrostahl) ab. In Deutschland werden aktuell zwei Drittel der Stahlproduktion im Hochofen hergestellt.
Die Kosten für den Zukauf von Zertifikaten im Vergleich zum Exportwert betragen bei Stahlprodukten aus dem Hochofen (bei einem angenommenen Schrottanteil von 20 Prozent bezogen auf den Roheiseneinsatz) je nach Effizienz der Anlage zwischen 11 bis16 Prozent für Flachwalzstahlprodukte und 4 bis 6 Prozent für Rohre. Nicht alle Produkte der Kategorie „Waren aus Eisen und Stahl“ werden nach Vorschlag der EU-Kommission vom CBAM erfasst. Für Produkte, die vom CBAM erfasste Produkte weiterverarbeiten ohne selbst dem CBAM zu unterliegen, fallen vermutlich höhere Beschaffungskosten an, wenn steigende Zukaufkosten für Zertifikate im EU-ETS und CBAM-Kosten auf den Produktpreis für Stahl aus der Hochofenroute in der EU aufgeschlagen werden
Aluminiumprodukte
Die Extra-EU-Exportintensität von Aluminiumprodukten ist insgesamt vergleichsweise hoch, unterscheidet sich je nach Produktgruppe aber erheblich.
Während bei den meisten Produktgruppen höchstens 10 Prozent der Produktion exportiert werden, gehen bei Blechen und Folien sowie Rohren und Rohrformstücken bis zu einem Drittel in den Export außerhalb des europäischen Binnenmarktes. Primäraluminium wird aus Tonerde (Aluminiumoxid) hergestellt und ist mit hohem Energieeinsatz verbunden, zudem entstehen PFC Emissionen.
Die Primäraluminiumherstellung ist stromintensiv, die indirekten Emissionen aus der Stromerzeugung sollen nach Vorschlag der EU-Kommission jedoch zunächst nicht vom CBAM erfasst werden. Trotz der hohen Emissionsintensität von Primäraluminium sind die Kosten für den Zukauf von Zertifikaten im Vergleich zum Exportwert überschaubar (4 bis 5 Prozent). Es ist unklar, ob auch das Vorprodukt der Primäraluherstellung – die Herstellung der Tonerde – vom CBAM erfasst wird. Wenn ja, wären die vom CBAM erfassten spezifischen Emissionen von Primäraluminium höher als hier angenommen. Sekundäraluminium wird aus Schrott hergestellt und benötigt nur ca. 5 Prozent des Energieeinsatzes im Vergleich zu Primäraluminium. Die Emissionsintensität ist daher nur halb so hoch wie bei Primäraluminium. Je nachdem, wie viel Sekundäraluminium in der Produktion eingesetzt wird, sind die Emissionsintensität und damit auch die Zertifikatskosten deutlich niedriger als hier angenommen. In Deutschland stammt derzeit die Hälfte der Aluminiumproduktion aus Sekundäraluminium.
Düngemittel
Düngemittel haben vergleichsweise niedrigere Extra-EU-Exportintensitäten als die betrachteten Metallprodukte: bis zu 5 Prozent der Produktion werden in Drittstaaten exportiert. Die Zertifikatskosten konnten nur für die Grundstoffe Ammoniak und Salpetersäure abgeschätzt werden – bei Ammoniak sind sie erheblich (31-45 Prozent des Exportwerts je nach Treibhausgas-Effizienz der Anlage), aber die Exportintensität von Ammoniak ist sehr niedrig (2 Prozent) und deutlich geringer als die Importintensität (13 Prozent).
Quellen: Pressemitteilung Umweltbundesamt
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