Die Kreislaufproduktion

Produktion ist eine Einbahnstraße. Rohmaterial geht vorne hinein und fertige Produkte kommen hinten hinaus. Anschließend machen sich die Produzenten wenig Gedanken darum, was mit den Produkten geschieht, es sei denn, sie werden vom Gesetzgeber dazu gezwungen. Viele der Produkte verschmutzen nach Gebrauch unseren Planeten. Das World Economic Forum schätzt den Rohstoffverbrauch auf jährlich 100 Milliarden Tonnen, viermal so viel wie vor 50 Jahren. Nur neun Prozent davon wird recycelt.

Die Industrie spricht viel von Nachhaltigkeit und Recycling, doch viel davon ist ‚Greenwashing‘, um das Marken-Image aufzupolieren. Doch in einer echten Kreislaufproduktion ist auch Gewinn aus dem Recycling erzielbar. Vor allem in den sogenannten ‚Gigafactories‘, deren Name aus dem Herstellen von Batterien entstanden ist, gemessen in Gigawattstunden. Batterien sind das kostenintensivste Teil eines E-Autos, das Herstellen ist damit lukrativ. Doch sie enthalten Material wie Lithium, Kobalt, Mangan oder Nickel, welche teuer und schwer zu bekommen sind. Verbraucher dieser Rohstoffe gefährden ihren Ruf aufgrund niedriger Umwelt- und Arbeitsstandards in den Förderländern. Das Wiederverwenden von Material ist daher sinnvoll.

Gigafactories sind mit dem Gedanken an Recycling gebaut worden. Im Ergebnis finden wir eine Kreislaufproduktion, zu der die hergestellten Batterien am Ende ihrer Lebensdauer zurückfinden sollen, um daraus neue herzustellen. Noch sind Gigafactories keine echten Kreislaufproduktionen. Northvolt, ein schwedischer Batteriehersteller, plant, bis 2030 Batterien für etwa zwei Millionen E-Autos herzustellen. Bis dahin wollen sie die Hälfte ihres Rohmaterials aus alten Batterien gewinnen. Und sie sind nicht allein, CATL, ein chinesisches Unternehmen, geht davon aus, ihren Kohlenstoff-Fußabdruck auf null zu reduzieren, mit Hilfe von Recycling, erneuerbaren Energien und anderen Maßnahmen. In Mitteleuropa beginnen die Renault Group und Stellantis (Fiat, Chrysler, Peugeot, Opel) Kreislaufproduktionen aufzubauen, bzw. sie kündigen es an, nicht nur für Batterien, sondern auch mit Hilfe der Reparatur und dem Wiederauffrischen von Bauteilen. Ende des Jahrzehnts wollen sie damit zwei Milliarden Umsatz generieren und profitabel sein. Eine Recyclingquote wird nicht genannt, Konjunktive wie Batterien „können ein neues Leben erhalten“ oder Aussagen „Zu diesem Zweck entstehen Unternehmen …“ zeigen, dass echte Entscheidungen bzw. ein bereits sichtbarer Aufbau von Recycling-Kapazität noch aussteht.

Renault schätzt, dass heute etwa 20 bis 30 Prozent eines Autos wiederverwendet werden, geht aber davon aus, dass 85 Prozent möglich sind. Die EU-Richtlinie schreibt derzeit leider nur eine Recyclingquote von 50 Prozent vor. Man fragt sich da schnell, wie die entstanden ist.

Das deutsche Unternehmen Duesenfeld hat ein Verfahren mit 91 Prozent Wiederverwertungsquote auf Batteriezellebene, also ohne Batteriegehäuse und Befestigungssysteme entwickelt, welche allerdings oft 50 Prozent des Gesamtgewichtes einer Batterie ausmachen. Das Verfahren wird bereits in Lizenz angewendet. In welchem Umfang, dazu gab es von Duesenfeld auf Mail-Anfrage allerdings keine Antwort.

Wollen andere Industrien etwas Ähnliches leisten? Fast Fashion ist ein Beispiel für riesige Verschwendung. Sehr viel der produzierten Kleidung findet sich kurze Zeit später in Müllkippen oder wird verbrannt. Dies liegt vor allem am hohen Anteil von Mischgewebe. Kleidungshersteller könnten ihre Prozesse so optimieren, dass ihre Produkte besser recycelt werden können. Eine weitere Rohstoffhalde entsteht jedes Jahr durch elektronische Geräte (22 kg in Deutschland pro Einwohner und Jahr), obwohl die Computerchips seltene Erden, Gold und Silber enthalten. Neue ‚Bergwerke‘ könnten entstehen, welche zum Beispiel die Handys von gestern verdauen.

Dieser Artikel basiert auf einem Leitartikel der Zeitschrift ‚The Economist‘ in der Ausgabe vom 29. Oktober 2022, mit dem Titel „The circular economy“.


Zum Autor:


Gelesen werden kann dieser Artikel auch in der Printversion Ausgabe 17 des T&Emagazin.

Um auch zukünftig nichts zum Thema Elektromobilität zu verpassen lohnt sich das Abonnement des Newsletters, der immer Freitags erscheint, und des einmal im Quartal erscheinenden T&Emagazins.

 

In der 17. Auflage geht es unter anderem um diese Themen:

Editorial – Handlungen sind erforderlich

Tesla Welt – News des Quartals

Tesla – Christoph Krachten: Tesla uneinholbar?

Tesla – S3XY CARS Community 2023?

Tesla – Dana Blagojevic: Hansjörg von Gemmings unendliche Fahrt

T&Etalk – Tesla Model S & X Plaid in Europa

T&Etalk – Tesla AI Day II

 

Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH)

Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.

Elektroauto Guru – Antonino Zeidler: Spezielle Reifen für E-Autos

Elektromobilität – Timo Schadt:Essener Motorshow

Elektromobilität – Christoph Reichelt: Elektrische Fahrzeugdesigns

Technophilosoph – Dr. Mario Herger: Robotaxi und Tesla FSD Beta

Innovator – Gespräch mit Nicole Krause zu Full Self Driving

Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests

Elektromobilität – Leseprobe Witziges Buch über‘s E-Auto

Elektromobilität – Martin Hund: Batterie-Rohstoffe

Klimaschutz Dr. Heiko Behrendt: Unsere Fahrweise 

Klimaschutz Dr. Heiko Behrendt: Realer Klimawandel

Klimaschutz – Dr. Heiko Behrendt: Kreislaufproduktion

T&Etalk – Jahresbilanz Energie- & Verkehrswende

Klimaschutz – Dr. Heiko Behrendt: Eine Radtour

Wirtschaft – Timo Schadt: Ein besonderes Bezahlterminal für‘s E-Autoladen

Wirtschaft – Dr. Heiko Behrendt: Straßenbahn

Reisebericht – Thomas Goldmann: Mit Model Y in die Pyrenäen

Fanboy – Gabor Reiter: Tesla Aktie – jetzt zugreifen?

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.