Schön wäre es, mag man denken, stünden Hierarchien mal auf dem Kopf. Beim Plastikmüll ist das so, doch schön ist das nicht. Die Abfallhierarchie der EU sieht an ihrem Kopf vor, Müll zu vermeiden, in dem Produkte gar nicht erst hergestellt werden oder nicht in der Menge. Bücher werden beispielweise immer noch in Folie verpackt verkauft. Inzwischen ist die Folie zwar dünner, eine Teilvermeidung von Müll, doch besser wäre keine Folie. Eine Stufe tiefer findet sich die Wiederverwendung eines Produkts. Bestes Beispiel sind Mehrwegflaschen, z.B. die PET-Flasche, die bis zu 50 mal verwendet werden kann. Aber nur jede zweite Plastikflasche in Deutschland ist eine solche. Plastikmüll sollte in der dritten Hierarchiestufe, dem Recycling landen. Die vierte Stufe dagegen sollte eigentlich nicht in Frage kommen, kommt sie aber, die Verbrennung von Müll, bei der Energie erzeugt wird, doch 25% vom Ausgangsgewicht des Mülls fallen als Schlacke an. Auf dem letzten, fünften Platz in der Abfallhierarchie finden wir die Beseitigung auf einer Deponie.
Die EU-Hierarchie blendet eine weitere, sechste Stufe aus, der Verbleib in der Umwelt, weltweit immerhin 32 Prozent (!) der Plastikverpackungen landen dort. 40 Prozent landen auf Mülldeponien, 14 Prozent werden verbrannt, und nur weitere 14 Prozent werden recycelt. Das Vermeiden von Plastik, die erste Stufe, geschieht in der Regel nur, weil es für die Verpacker kostengünstiger ist, weniger zu verwenden. Sie nutzen das natürlich, um sich damit als umweltfreundlich zu vermarkten: McDonald‘s macht aus Pappbechern Bücher, statt sich zu fragen, warum Pappbecher zum Einsatz kommen, im neuen Badeanzug stecken ganze sechs Plastikflaschen, doch das Recycling bei Bekleidung liegt deutlich unter 1%, es sind Augenwischereien. Kurz, die Hierarchie wird von den tatsächlichen Anteilen umgedreht und sieht eher aus wie eine Hierarchie in einem Unternehmen, wenig oben, viel unten.
Die Verantwortung für den Plastikwahn wird weitgehend den Kundinnen und Kunden zugespielt, sie sollen den Plastikmüll sammeln und trennen. Von Vermeiden ist wenig die Rede. Doch, man kann, zum Beispiel bei der super Idee von Unverpackt-Läden. Doch diese gehen derzeit nach und nach wieder unter, weil speziell die deutschen Kunden immer zuerst beim Essen sparen. Ein Drittel der Läden ist bereits wieder verschwunden. Vom Vermeiden von Plastik ist schon gar keine Rede, bestellt man Produkte über das Internet: bei jedem bestellten Produkt kommt jeweils noch eine weitere Verpackung hinzu.
Der größte Teil der jährlich 400 Millionen Tonnen an neu hergestelltem Plastik fließt in Einwegprodukte und Verpackungen. Viele Produkte des täglichen Bedarfs werden nur einmal und meist auch nur kurz genutzt, bevor sie auf dem Müll landen. Beinahe die Hälfte aller Erzeugnisse ist nach weniger als einem Monat Abfall.
Natürlich ist Plastik in einigen Anwendungen unvermeidlich, beispielsweise in der Hygiene bei Lebensmittel-Verpackungen oder in Krankenhäusern. Das Licht muss deshalb auf die problematischen Felder gerichtet werden: das Mikroplastik als Gefahrstoff für Natur und Mensch, die Treibhausgas-Emissionen bei der Herstellung von Plastik aus Öl und Erdgas, der Müllexport in andere Länder, neues Plastik ist billiger als recycliertes.
Für uns als Kundinnen und Kunden bleibt als erster Schritt: möglichst wenig zusenden lassen, möglichst wenig Verpackungen kaufen, alles Plastik ins Recycling geben, möglichst wenig Produkte verwenden, die Plastik enthalten. Und treibt eure Abgeordneten an, in dem ihr Petitionen unterschreibt oder gesetzliche Regeln fordert. Wenn jede und jeder seine Plastik-Hierarchie auf die Spitze stellt, Plastik vermeiden, Plastik wiederverwenden, Plastik recyceln, dann wären wir einen Schritt weiter. In den meisten Gebieten Deutschlands ist das Wasser aus dem Wasserhahn so gut wie aus der Plastikflasche, und schon wäre ein sehr großer Teil der 21 Milliarden der jährlich in Deutschland verwendeten Plastik-Einwegflaschen nicht hergestellt worden.
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