Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft derzeit, ob durch Teslas Tochscreen-Bildschirm in der Mittelkonsole Sicherheitsrisiken entstehen. Zuvor hatte in den USA die National Highway Traffic Safety Administration Tesla den Rückruf von Model S der Baujahre 2012- 2018 und Model X der Baujahre 2016-2018 nahegelegt. Bei diesen kann es zu einem Ausfall der Media Control Unit (MCU) kommen, wodurch auch sicherheitsrelevante Komponenten, wie Rückfahrkamera oder Fahrassistenz zum großen Teil, nicht mehr funktionieren.
Das T&Emagazin hat bei jemandem nachgefragt, der den Ausfall der MCU öfter erlebt hat. Peter Lintner verkauft für die X-Leasing GmbH in München, die auch Tesla-Fahrzeuge zum Leasing anbietet. Die e-motion gmbh verkauft für X-Leasing Autos. Im Moment stehen dort zum Beispiel etwa 50 Tesla.
T&Emagazin: Wie oft habt ihr in eurer Autoleasing-Firma den Ausfall der Tesla-MCU erlebt?
Peter Lintner: Wir haben viele 3-jährige Tesla-Fahrzeuge, die in den Zeitraum hineinfallen, für den Tesla in den USA den Rückruf freiwillig gestartet hat. Was zunehmend vorkommt, ist, dass wenn du fährst, die MCU einfach einen Reset macht, einfach ausfällt.
T&Emagazin: Wie häufig kommt das vor?
Peter Lintner: Ich würde sagen, inzwischen kommt es bei 10 Autos bei 3 bis 4 vor.
Peter Lintner. Foto: E-Motion
MCU fiel während Fahrt aus – Scheiben beschlugen sofort
T&Emagazin: Wie ist das denn, wenn die MCU während des Fahrens ausfällt? Kann dies nicht gefährlich werden?
Peter Lintner: Das hatten wir jetzt bei mehreren Fahrzeugen. Ein Kunde ist im Dezember von München nach Frankfurt gefahren, dem ist die MCU auf der Fahrt 3 Mal abgestürzt. Er ist dann weitergefahren. Das ist natürlich ein Problem bei solchen Temperaturen wie jetzt. Du kannst im Auto nichts mehr machen, den Ladeanschluss nicht mehr betätigen, du kannst keine Lüftung mehr bedienen, nicht mehr heizen. Da laufen die Scheiben sofort an.
T&Emagazin: Muss das Auto nach einem Ausfall neu gestartet werden?
Peter Lintner: Nein, beim Fahren macht die MCU einfach einen Reset und fährt dann wieder hoch. In einem Fall hat das aber auch mal 50 Minuten gedauert.
Nur 8 GB: Speicherchips schnell voll
T&Emagazin: Was könnten die Ursachen für diese Ausfälle sein?
Peter Lintner: Betroffen sind hauptsächlich die Model S und X. Dadurch, dass das immer häufiger wird, liegt es scheinbar am Baujahr. Wir hatten ein Auto, bei dem auf der Anzeige stand, dass das Daughterboard gewechselt werden muss. Tesla sagt, entweder liegt es an dem 8 Gigabyte-Chip, der vollgeschrieben ist, andererseits kann es aber auch andere Ursachen haben. Deshalb wechseln sie momentan nicht die MCU pauschal aus, sondern nur das Daughterboard. Bei dem neuen ist dann statt dem 8 GB-Chip ein 64 GB-Chip drauf
T&Emagazin: Wodurch sind die Chips so voll?
Peter Lintner: Wenn man Navi-Ziele eingibt, werden die bei der MCU nicht gelöscht. Du musst jedes Navi-Ziel, das du eingibst, manuell löschen. Das macht natürlich keiner. Es wird alles mit eingerechnet, Supercharger Vorschläge und so weiter. Diese ganze Datenmenge bleibt im Navigationssystem. Wenn die Trips nicht gelöscht werden, schreibt das den Chip voll. Und schließlich sind wegen der laufenden Updates, die alle 14 Tage kommen die Datenmengen so hoch, dass der Chip auch dadurch weiter vollgeschrieben wird. Das war damals ein Fehler von Tesla, nicht gleich einen größeren Chip einzubauen.
T&Emagazin: Ist euch noch etwas aufgefallen, wann die MCU ausfällt?
Peter Lintner: „Ja, je mehr hintereinander du auf dem Menü anklickst. Häufige, schnelle Bedienung an der MCU kann zum automatischen Reset führen.”
Tesla wechselt Daughterboard kostenlos
T&Emagazin: Und was macht Tesla nun?
Peter Lintner: Tesla wechselt seit kurzem das Daughterboard aufgrund der Rückrufaktion auf „Garantie”. Das würde normalerweise 384 Euro kosten.
T&Emagazin: Wisst ihr, ob nach dem Wechsel des Daughterboards alles funktioniert
Peter Lintner: Wir haben bisher kein negatives Feedback von Kunden, scheinbar funktioniert alles.
T&Emagazin: Und wie war es vorher?
Peter Lintner: Vorher sagte Tesla, sie können nur die gesamte MCU wechseln, denn sie hätten den auf dem Daughterborad sitzenden 8 GB-Chip rauslöten müssen, was nicht zulässig war. Das lief nie auf Garantie. Bis 2019 hat das 3.500 Euro gekostet, danach wurde gegen eine refurbishte MCU getauscht, das hat 1.700 Euro gekostet. Diese Beträge sollen angeblich im Februar 2021 von Tesla zurückerstattet werden. Viele sind damals ins Ausland gefahren und haben sich von einem Drittanbieter einen neuen Chip einlöten lassen. In diesen Fällen wird TESLA nicht auf Kulanz das Daughterboard ersetzen, da es ein unerlaubter Eingriff in die Elektronik des Fahrzeuges war.
T&Emagazin: Was erwartest du durch das Vorgehen des KBA?
Peter Lintner: Eigentlich sollte man von Tesla erwarten, dass die Daughterboard jetzt bei jedem Fahrzeug ausgetauscht wird. Es ist vorprogrammiert, dass sie ausfallen. Viele Tesla-Kunden sind auch schon von Tesla angeschrieben worden, dass sie einen Termin machen sollen, zum Austausch.
T&Emagazin: Jetzt bietet Tesla die MCU 2 für nur noch 1.550 Euro an. Lohnt es sich, sich einfach eine neue MCU zu holen?
Peter Lintner: Die rechnet natürlich wesentlich schneller und du hast das Problem mit dem Speicher nicht. Es würde aber ausreichen, auf Garantie das Daughterboard auszuwechseln, das ist ja kostenlos.
Modelle, die den Autopilot 1 (AP 1) haben, können zwar die MCU wechseln, bekommen aber keinen AP 2 oder AP 3 dazu, weil in den Kotflügeln die Kameras fehlen. Deshalb lohnt sich für jemanden, der AP 1 hat, der Wechsel auf 2 eigentlich gar nicht. Da reicht es, wenn das Daughterboard auswechselt wird.
Interview: Markus Weber