Zu groß für einen Tesla?

Foto: Antonino Zeidler

Antonino Zeidler vom DANZEI Blog und Timo Schadt vom T&Emagazin trafen sich im Rahmen der Serie Innovator am Ladepark Kreuz-Hilden mit dem Heizungsinstallateur Thomas Max. Er fährt seit kurzem einen Hyundai IONIQ 5.

Antonino Zeidler: Wir treffen uns immer mit den alten Hasen der E-Mobilität. Thomas Max ist hier und wir wollen darüber sprechen, warum es eigentlich nicht immer Tesla sein muss. Thomas hat noch nie einen Tesla gehabt und er hat sich auch jetzt wieder nicht für einen Tesla entschieden. Wir wollen einmal hören, wie das zustande kommt.

Timo Schadt: Thomas, ich konnte es gar nicht fassen. Schon wieder keinen Tesla gekauft. Was denkst du dir bei so etwas eigentlich?

Thomas Max: Naja denken. Ein Auto ist eine stark emotionale Sache. Das hat ja nicht unbedingt was mit Vernunft zu tun. Von daher hat mich der IONIQ 5 erst mal optisch sehr angesprochen. Bei meinen Körpermaßen von 2,02 Metern kommt für mich natürlich nicht jedes Fahrzeug in Frage.

Timo Schadt: Also du bist zu groß für einen Tesla?

Thomas Max: Nein, jetzt inzwischen vielleicht zu alt. Ich möchte nicht mehr so nah am Boden sitzen. Bequemlichkeit geht vor.

Timo Schadt: Aber du kannst mir doch jetzt nicht weismachen, dass im Tesla zu reisen vergleichbar ist wie früher mit einem Roadster. So schlimm ist das ja wohl nicht.

Thomas Max: So schlimm ist das grundsätzlich sowieso nicht. Man muss ja nur einmal einsteigen und aussteigen. Trotzdem war für mich das hohe Einsteigen sehr sehr wichtig.

Timo Schadt: Du bist seit 2012 Elektromobilist. Und du hast dich in all den Jahren tatsächlich davor gedrückt, Tesla-Fahrer zu werden? Das ist für mich unfassbar!

Thomas Max: Ja, ich war schon 2011 in München bei Teslas erstem Store, wo ein Roadster auf der Straße stand, außerdem nur ein paar T-Shirts und Schlüsselanhänger im Raum. Den Schlüsselanhänger und das T-Shirt habe ich noch. Tesla ist für mich immer ein Thema gewesen. Es gab ja auch nichts anderes. 2014 bin ich ein Model S für ein Wochenende gefahren. Ich habe damals ungefähr 30 Leute mitgenommen und ich glaube, diese 30 Leute haben dann alle schlecht geschlafen, weil sie so etwas vorher noch nie erlebt hatten.

Timo Schadt: Aber dich hat das gar nicht überzeugt?

Thomas Max: Meine Frau ist Buchhalterin. Wenn man so ein Auto nicht wirklich braucht, also wenn man sehr wenig fährt und sich dann 100.000 Euro in die Garage stellt… Also da haben wir die Vernunft walten lassen. Es gibt ja den Spruch, man soll sich keine zu großen Schuhe kaufen, wenn man nicht reinpasst. Sicherlich wäre es mit lebenseinscheidenden Maßnahmen möglich gewesen, aber so verrückt bin ich ja nicht.

Timo Schadt: Es gibt schon länger die Mär, dass Tesla Luxusfahrzeuge anbietet. Früher war das so, aber heute sind Teslas ja durchaus in einer anderen Preisklasse. Die Fahrzeuge haben sich qualitativ nicht verschlechtert. Du hast dich immer wieder gegen Tesla entschieden. Das muss Gründe haben.

Thomas Max: Teilweise kann man über die Einstellung von Tesla diskutieren. Wie sie mit den Kunden umgehen, finde ich nicht in Ordnung. Das Model 3, das dann finanztechnisch erreichbar gewesen wäre, war natürlich am Anfang, das muss man ganz klar sagen, eine Katastrophe. Mit dem Kofferraum, also der nicht vorhandenen großen Heckklappe, bei meinem Hobby Modellbau auch schlecht. Ich bin computermäßig ganz weit weg von normal. Daher reizen mich diese ganzen technischen Sachen auch nicht. Ich bin immer noch bei der konventionellen Automobiltechnologie hängen geblieben.

Timo Schadt: Du hast dich ja jetzt für einen Neukauf entschieden und es ist kein Model Y geworden. Das wäre ein Fahrzeug gewesen, das für dich von der Einstiegsgröße, oder vom Ladevolumen gepasst hätte.

Antonino Zeidler: Auch von der Zulademöglichkeit her. Der Kofferraum ist um einiges komfortabler.
Thomas Max: Da hat eigentlich alles gepasst, nur war auch nicht klar, was noch kommen würde. Jetzt kommen ja überraschend jede Menge E-Autos. Das war nicht planbar in dem Sinne, ist aber auch nicht schlimm gewesen, da wir gerade auch kein Auto gebraucht hatten. Das Model Y ist auch noch einmal 12 Zentimeter größer als der IONIQ 5, aufgrund der Doppel-Motorisierung – also nicht in der einfacheren Ausstattung mit einem Motor lieferbar – aber noch mal eine Ecke teurer. Das war dann auch wieder über unserer Schmerzgrenze. Das kostet einfach unglaublich viel Geld, wenn man ein Auto so kauft, was eigentlich ja keiner mehr so macht. Wie gesagt meine Frau ist Buchhalterin. Wir kaufen. Und wenn man sich das nicht leisten kann, wird das dann halt nicht gemacht.

Timo Schadt: Ich sehe einfach jedes Mal, wenn der Thomas hier in Hilden ist, kommt er mit einem anderen Auto. Alles immer E-Autos. Du hast verschiedene Fahrzeuge getestet. Warum ist es dann der IONIQ 5 geworden?

Thomas Max: Ganz klar: Die Optik polarisiert natürlich. Es gibt wenige Leute, denen der IONIQ 5 optisch überhaupt nicht gefällt. Das ist beim Auto immer noch der erste Eindruck. Dann kommt natürlich an zweiter Stelle für mich direkt das Sitzen. Kann ich damit am Stück, zwei Stunden fahren, aufgrund meiner Körpergröße? Das ist bei diesem Fahrzeug konkurrenzlos.

Timo Schadt: Elektroautos können aber gar keine zwei Stunden fahren, wenn sie kein Tesla sind.

Thomas Max: Doch, ich fahre ja immer sehr zurückhaltend. Auch vorher mit Gas und Benzin. Dieses Auto fährt bei 120 km/h ungefähr zwischen 320 Kilometer und 400 Kilometer. Das kann man sich jetzt ausrechnen. Mit 120 km/h kann man gut zwei Stunden fahren, oder auch drei. Das ist machbar, das funktioniert.

Timo Schadt: Wir haben gehört, du hattest ganz früh deine erste Begegnung mit Tesla. Was hattest du zwischenzeitlich für Fahrzeuge unterm Hintern?

Thomas Max: Wir haben immer noch unser erstes E-Fahrzeug. Einen Citroën C-Zero. Er ist der Liebling meiner Frau, denn er ist das perfekte Startauto. Mit dem neuen Akku fährt er weiter, besser und schneller als noch vor 9 Jahren. Jetzt durch die Prämie wäre es unsinnig, das Fahrzeug abzugeben. Ich fahre auch gerne in die Stadt und damit kann ich auch eine halbe Stunde fahren. Das geht nicht mit mehr Reichweite, da sonst meine Knochen nicht mitspielen.

Timo Schadt: Wann hattest du den Citroën C-Zero gekauft?

Thomas Max: Mai 2012. Wenn man einmal E-Auto fährt, dann kann man keinen Benziner mehr kaufen. Das geht ja irgendwie gar nicht. Es gab dann für uns lange Zeit nichts, denn es gab ja auch erstmals nichts, das man kaufen konnte. Der Nissan Leaf zum Beispiel ist ein kleines Auto, das kann ich nicht fahren aufgrund der Sitz- und Lenkradposition, auch wenn es mir jemand schenken würde. Dann kam 2017 der BMW i3. Der ist uns über den Weg gelaufen. Den haben wir jetzt dreieinhalb Jahre gefahren, auch mit leichten technischen Problemen.
Antonino Zeidler: Auch wegen unsinniger Elemente, denn der hatte ja einen Range-Extender.
Thomas Max: Naja, unsinnig nicht, denn der i3 hatte ja auch nur 100 Kilometer Reichweite. 2015 gab es auch noch nicht so viele Säulen. Dann waren die Autos ohne Range-Extender ja gewöhnliche Stadtwagen. Jedoch konnte ich im i3 einfach schon sehr gut sitzen, es gab auch keine Mittelkonsole. Man stellt aber erst hinterher fest, dass man den zusätzlichen Antrieb gar nicht braucht. Weil man ihn nicht braucht, entstehen auch wieder zusätzliche Probleme.

Timo Schadt: Was war denn die fieseste Geschichte, die du in deinen Ewigkeiten elektromobil erlebt hast?

Thomas Max: Langstrecke mit so einem Auto kann ich ja leider nicht fahren, aufgrund meiner Ausmaße. Wir waren dennoch einmal zu einem Geburtstag eingeladen, auf dem Land, wo ich vorher noch nie gewesen war. Erstmal sind wir die A57 entlang gefahren. Ich wusste gar nicht, wie weit da die Ausfahrten auseinander sind. Meine Frau meinte, wir fahren mit dem Kleinen. Nach den ersten 70 bis 100 Kilometern, noch richtig mit Angst-Puffer, war das auch noch kein Problem. Dann wunderten wir uns aber, denn in 4 Kilometern hätten wir am Ziel sein sollen, aber die Navi-Dame sagte nichts, es war auch keine Ausfahrt in Sicht. Tatsächlich hieß es plötzlich: Sie haben ihr Ziel erreicht. Der Bauernhof war wirklich direkt neben der Autobahn. Man hätte rüber springen können. Wir wollten also die nächste Ausfahrt nehmen, die war aber in Holland, in 15 Kilometern Entfernung. Dann fing es an zu regnen, der Verbrauch ging hoch, die Laune im Auto sank mindestens so schnell wie der Akkustand. Wir hatten auch das Geschenk mit und alle anderen waren schon da. Als wir endlich da waren, wurden wir mit den ewigen dummen Sprüchen konfrontiert, wie „Na, seid ihr auch schon da?“ Am Ziel hatten wir tatsächlich nur noch 3 Kilometer Restreichweite.

Timo Schadt: Hast du für uns auch noch eine positive Geschichte deiner e-mobilen Vergangenheit?

Thomas Max: Ja, und zwar, dass mit den Jahren die Leute umschwenken. Leute, die wir schon lange kennen, fragen jetzt DOCH nach der Elektromobilität. Das, was viele Jahre beschworen wurde, passiert jetzt langsam. Man ist ja neutral, nicht markengebunden. Ich freue mich, wenn ich über E-Autos befragt werde. Es ist unglaublich, wie tief die Reichweitenangst sitzt. Da wollen die meisten vor allem wissen, ob es denn funktioniert.

[…]

Das komplette Interview mit Thomas Max ist als Video auf YouTube zu sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=zQfIyo26KJI

Dies ist ein Beitrag aus der 12. Ausgabe des T&Emagazins. Einzelhefte, 5, 10 oder 20 Exemplare zum Weiterverteilen und Auslegen können zu kostendeckenden geringen Aufpreisen vorbestellt werden. Zudem kann die Community-Zeitschrift auch – gegen 20 Euro für Porto und Versandkosten für ein ganzes Jahr abonniert werden.

Die Themen der 12. Ausgabe sind::

Tesla – Model Y in Europa von Timo Schadt
Tesla – Baufortschritte der Gigafactory Grünheide von Robert und Andreas Wolf und Markus Weber
Tesla – Warum ein Tesla nicht für jeden geeignet ist von Patrick Bolli
Tesla – Zu Besuch bei Brabus-Tochter Startech von Timo Schadt
Tesla Welt – News des Quartals von David Reich
Innovator – Zu groß für einen Tesla? Thomas Max Interview mit Antonino Zeidler und Timo Schadt
Die Herausgeber – Tesla Fahrer und Freunde (TFF) e.V.
Die Herausgeber – Tesla Owners Club Helvetia (TOCH)
Elektromobilität – Elektromobilität auf der IAA Mobility von Lars Hendrichs
Elektromobilität – Elektroauto vs. Verbrenner von Christoph Krachten
Elektroauto Guru – Wie pflegt man die Batterie richtig? von Antonino Zeidler
Elektromobilität – Car Maniac E-Auto-Tests von Christopher Karatsonyi
Elektromobilität – electrified women von Lisa Bohm
Elektromobilität – Benzin im Blut & gleichzeitig unter Strom von Sabrina Hund
Elektromobilität – Rock den Ring von Martin Hund
Elektromobilität – Elektrisches Wochenende in Brandenburg von Markus Weber
Elektromobilität – Technologie auf der Straße und in der Luft Claudius Banani über Carsten Scharfenberg
T&Etalk – Rückblick: Wie geht es weiter mit der Community? von Markus Weber
T&Etalk – Ausblick: E-mobile Zukunft / E-Auto vs. Bus & Bahn
T&Etalk – Wer steckt dahinter
Energie- & Mobilitätswende – PV-Überschussladen von Florian Bach
Wirtschaft – Future Angst oder warum Elon Musk Raketen auf die Bühne schleppt von Mario Herger
Reisebericht – Mit Tesla und Hund nach Portugal von Uwe Merse
Fanboy – Tesla Bot von Gabor Reiter

Hinweis:

Bleibe auf dem Laufenden und abonniere den kostenlosen Newsletter. Immer zum Wochenende gibt er einen Überblick der aktuellen E-Mobilitäts-Themen der zurückliegenden Woche. Newsletter-Abonnenten können zudem das T&Emagazin digital lesen – auch ältere Ausgaben.

Anzeige

Veröffentlicht in Tesla

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.