Mit dem BMW iX von Köln nach München in deutlich unter 6 Stunden?

Ich kaufe mir einen Elektro, wenn ich damit fahren kann wie mit einem Verbrenner.

Diesen Satz höre ich oft. Die Voraussetzungen hierfür sind solche Sachen wie „Ich möchte Köln-München in deutlich unter 6 Stunden schaffen und halte nur einmal an“. Tja, genau das habe ich mit dem BMW iX ausprobiert. Das Hauptthema des kommenden Videos dazu ist letzten Endes, ob man denn so viel Geld für ein Elektroauto ausgeben muss, damit es den Verbrenner ersetzen kann. Diese Frage beantworte ich dann erst im Video. Aber die Fahrt von Köln nach München möchte ich schon hier thematisieren.

Der Versuch war es also, mit dem 523 PS starken BMW iX und seinen 105 netto kWh in einer ähnlichen Zeit wie mit einem Verbrenner von Köln nach München zu fahren. Google Maps sagt für die 585 Kilometer knappe 6 Stunden und 5 Minuten voraus. In Köln habe ich by the way mit dem Fahrzeug gleich mal mit einem der größten YouTuber Deutschlands, Felix von der Laden, ein Video gedreht. Auf dem Weg zurück wollte ich es dann wissen: schaffe ich es so schnell wie mit einem Verbrenner?

Hier die Parameter und das doch beeindruckende Ergebnis: losgefahren bin ich um 7:35 Uhr in Köln. Mein Reise-Speed auf der Autobahn, wenn es frei war, sollte bei 180 bis 200 km/h mit Tempomat liegen. Also typische linke Spur Chef SUV – jene, die auch überzeugt werden müssen, ein Elektroauto zu fahren. Man muss wegkommen von der Denke, dass der potenzielle iX-Kunde vorher einen Polo gefahren hat. Nein, auch mit solchen Autos kriegt man Leute vom Verbrenner weg, die dann in der Stadt nicht mit 20 Liter Verbrauch in ihrem BMW X5 Xdrive50i herumfahren und mit einem V8 die Gegend verpesten. Überzeugen kann ich die aber nur dann, wenn sie genauso mit einem Elektro-BMW fahren können wie mit einem Verbrenner.

Am Anfang lief es um Köln herum relativ zäh. Doch nach ungefähr 20 Kilometern war es frei und ich konnte meine Strategie verfolgen: ich war tatsächlich der schnellste auf der Autobahn mit 180 bis 200 km/h. Soviel mal dazu, dass so viele schneller fahren wollen. Macht keiner. 200 km/h ist genau die Grenze zwischen schön zügig und viel zu schnell. Schneller hätte es auch wirklich nicht sein müssen. Könnte es aber auch nicht, da der iX bei 200 km/h abgeregelt ist, was ich dennoch nicht befürworte, denn das könnte auch den ein oder anderen Kunden kosten. Es ist halt etwas komisch, wenn man in einem 119.000 Euro teuren BMW mit 523 PS sitzt und hinten im Rückspiegel ein Renault Megane Diesel drängelt, weil er bei 200 km/h noch vorbei will.

Losgefahren bin ich mit einem vollen Akku, da ich in Köln über Nacht im Hotel natürlich geladen habe – übrigens pauschal für 10 Euro. Das heißt, der erste Streckenabschnitt hat mich nur 10 Euro gekostet. Dieser war 293 Kilometer lang und ich hatte noch eine Restreichweite von 20 Kilometern. Das klingt jetzt erst einmal nicht viel, wenn man von über 600 Kilometer WLTP-Reichweite bei dem Auto liest. Aber ich bin halt auch wirklich schnell gefahren. Nur wenn ein Tempolimit kam eben nicht. Die Durchschnittsgeschwindigkeit war bei 122 km/h. Also doch ziemlich flott, wenn man bedenkt dass er auch die anfängliche Strecke, wo es zäh auf der Autobahn zuging, mit einkalkuliert hat.

Der Verbrauch lag bei 33,1 kWh. Temperatur knappe 4 Grad. Das klingt viel, ist es aber nicht bei diesem Tempo. Auch ein VW ID.4 mit deutlich weniger Leistung und weniger Gewicht hätte hier nicht weniger gebraucht. Im Sommer könnte man diesen Wert vielleicht sogar noch unter 30 kWh mogeln. Fährt man 120 Tempomat, dann schafft der Wagen es gerade im Sommer mit knapp über 20 kWh, da bin ich ziemlich sicher. Aber das war ja nicht der Test, der Test war schnell fahren. Meine Strategie war es, zwei kurze Ladepausen einzulegen, obwohl das Navi mir sagte, ich sollte einmal halten. Rein theoretisch hätte ich auch die 342 Kilometer entfernte EnBW Ladestation Rutesheim erreichen können, dafür hätte ich aber ein bisschen langsamer fahren müssen und vor allem dort ziemlich lange laden, wenn es nur ein Ladestopp ist, worauf ich keine Lust hatte, denn dort bei der Kälte muss man zum Burger King laufen und dann ist es nur ein Burger King.

Also 2-Stopp-Strategie. An diesem EnBW Ladepark gab es Gott sei Dank auch ein großes Einkaufszentrum. Ich habe aber nur bis 60 Prozent laden wollen, damit ich bis nach Seligweiler komme, welches dann nur noch 140 Kilometer von meinem zu Hause entfernt ist. Nach 25 Minuten hatte ich auch die 60 Prozent erreicht, ausgehend von 4 Prozent, mit denen ich bei der Ladesäule angekommen bin. Top, ich hatte mir ein Nasenspray und Taschentücher geholt und der Ladevorgang war sogar schon vorbei.

Weiter ging es Richtung Seligweiler. Auch hier ballerte ich, wie man das so schön sagt, so schnell wie es nur ging mit Tempomat. Die Reisequalität ist enorm gut durch das Luftfahrwerk und die fantastische Akustik des Autos. Es fühlt sich überhaupt nicht schnell an. Ist es aber. Um genau 12 Uhr habe ich in Seligweiler angeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war ich 4 Stunden und 25 Minuten unterwegs, hatte allerdings schon knappe 480 Kilometer geschafft.

Kurz bevor ich in Seligweiler angekommen bin, war ich plötzlich gefühlt in Schweden. Vorbei war es mit 4 Grad Sonnenschein und trockener Fahrbahn. Sohlentiefer Schnee und Schneesturm waren hier auf der Tagesordnung. Aber durch das schnelle Fahren vorher war der Akku auf perfekter Temperatur. Ich kam mit 7 Prozent an. Während der iX schon mal volle Kanone losgeladen hat, musste ich mich an der Ladesäule ein bisschen um die Struktur kümmern. Neben mir wollte nämlich ein Taycan laden. Ich bat ihn, an die andere 300 kW Säule zu fahren, denn so würde keiner von uns die volle Ladeleistung ziehen. Er hatte absolutes Verständnis und während seines Umparkvorgangs wollte ein VW e-Up an der 300 kW Säule neben mir parken, wo eigentlich der Porsche hin wollte. Die zwei 150 kW Säulen, die man in Seligweiler noch direkt daneben findet, waren natürlich frei.

Also bat ich auch die Dame in ihrem VW e-Up, bitte die Säule zu wechseln, damit der Taycan volle Leistung ziehen kann. Natürlich hat jeder das Recht, zu laden wo er will, aber es ist sozialer, wenn ein kleines Auto, das maximal 40 kW im Winter zieht, einfach nicht eine 300 kW Säule besetzt. Das war aber nicht Boshaftigkeit, sondern mal wieder Unwissenheit. Klar, an der Tankstelle ist es egal, welche Zapfsäule du nutzt und wer neben dir tankt.

In 36 Minuten und 20 Sekunden hat der Wagen von 8 bis 80 Prozent geladen, insgesamt 84 kWh. Also genau das Versprechen, welches BMW auf seiner Homepage kommuniziert: in unter 40 Minuten auf 80 Prozent ausgehend von einem State of charge von 10 Prozent.

Wie der Wagen lädt, wenn der Akku noch nicht so warm ist, das folgt in meinem Video, da möchte ich noch nicht zu viel spoilern. Fakt ist aber, dass die nächsten Kilometer ab hier einfach richtig beschissen waren, um das mal auf gut Deutsch zu sagen. Nicht nur der viele Schnee, sondern auch noch die ganze Angst der Leute, die aber trotzdem auf der linken Spur fahren und mich behindern. Ich bin jetzt nicht so der Angsthase auf Schnee, vor allem nicht mit solch einem Auto. Insgesamt habe ich auf der ganzen Fahrt von Köln nach München durch Staus knappe 40 Minuten verloren. Der Ladevorgang in Seligweiler wäre bis 80 Prozent gar nicht nötig gewesen. Ich habe es aber einmal gemacht, um den Ladevorgang zu dokumentieren und andererseits, weil Francesco den Wagen am selben Tag noch zu BMW in die Presse Abteilung zurückbringen musste. Wäre ich nach Hause gefahren und wäre dort auch geblieben, wie man das normalerweise macht, hätte ein State of charge von 50 Prozent ausgereicht. Also habe ich die Zeit von 50 bis 80 Prozent gestoppt, um diese Zeit von der Fahrzeit abzuziehen, denn es war ein unnötiger Zeitverlust, den man normalerweise so nicht hinnehmen würde. Vor allem, wenn es so langsam voran geht durch den Schnee auf der Autobahn.

Und wie schon gedacht bin ich mit viel zu viel Puffer angekommen: 42 Prozent zeigte der Wagen an für die Strecke von Seligweiler bis zu meinem Haus. 38 Prozent haben wir verloren auf diesen 138 Kilometern, von denen der Großteil wirklich nicht schnell voran ging. Also hätten wir tatsächlich bei 50 Prozent aufhören können zu laden.

Angekommen bin ich ganz genau um 14:07 Uhr. Das heißt, ich war inklusive Laden und inklusive Stau 6 Stunden und 32 Minuten unterwegs. Ziehen wir jetzt den Stau ab, der nicht immer stattfindet, und den unnötig längeren Ladevorgang, dann sind das 55 Minuten, die wir abziehen können, ergo knapp mehr als fünfeinhalb Stunden von Köln nach München inklusive Ladevorgänge! Für 587 Kilometer wohlgemerkt!

Wer mich kennt weiß, ich nutze keine rosarote Brille und versuche auch nicht irgendwelchen Verbrenner-Fahren weiszumachen, dass Elektroauto-Fahren genauso einfach ist wie Verbrenner-Fahren. Allein schon durch das Abfahren für die Ladesäule nicht. Aber mir kann auch keiner erzählen, dass ein Fahrzeug wie der BMW iX ungeeignet wäre für schnelle Autobahnfahrten, bei denen es auf Zeit geht. Klar, den zweiten Ladevorgang, also diese Pause in Seligweiler, hätte man sich mit einem Verbrenner gespart und wäre noch durchgefahren. Aber dieser Ladevorgang hat inklusive An- und Abfahrt lediglich 23 Minuten in Anspruch genommen. Ergo wäre man mit einem Verbrenner 23 Minuten früher da gewesen, aber nicht ohne Emissionen. Und wahrscheinlich mit einem vergleichbaren Verbrenner definitiv nicht zu diesem Preis, denn selbst mit 33 kWh Verbrauch im Durchschnitt sind wir gerade mal bei knapp 16 Euro für 100 Kilometer. Ein Verbrenner-X5 mit dieser Motorleistung – weil man ja das Durchbeschleunigen so schön findet, wenn die Spur frei wird – hätte bei dieser Fahrweise ungefähr 15 Liter geschluckt. Wären also 15 mal 1,80 Euro je Liter Superbenzin. Macht 27 Euro auf 100 Kilometer. Lediglich ein kräftiger Diesel wie zum Beispiel ein Audi S6 hätte bei diesem Tempo knappe 8,5 Liter genommen und somit ungefähr 15 Euro auf 100 km gekostet. Also Break-even mit dem Elektro, nur eben auch nicht emissionsfrei. Und schon gar nicht mit so viel Power, wenn man mal durchdrückt.

Summa summarum zeig der iX also, dass es geht. Allerdings ist der Kompromiss der große Akku, die doch relativ gut entwickelte Effizienz und die echt adäquate Ladeleistung, die halt Geld kostet. Nämlich 98.000 Euro im Grundpreis. Hätte man diese Strecke auch mit einem Brot-und-Butter-Auto wie dem Hyundai Ioniq 5 geschafft? Nein, denn dieser verbraucht bei diesem Tempo genauso viel oder sogar mehr, hat einen kleineren Akku und lädt im Winter auch nicht viel schneller. Wie der BMW iX sich in Sachen Ladeplanung und Technologie und Fahrgefühl angestellt hat, dazu dann mehr in meinem Video. Ich kann nur eines sagen: nicht alles war perfekt, aber ich kenne auch keinen, der dieses Auto ablehnen würde, wenn man es ihm schenkt.

Chris von Car Maniac veröffentlicht im Rahmen einer Kooperation mit dem T&Emagazin in dieser Rubrik aktuelle E-Auto-Test und Neuigkeiten rund ums Thema Elektromobilität.

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