Es gibt immer was zu meckern. Ob wegen des hohen Anteils von Abgaszertifikat-Handel, oder wegen nun geringeren Umsätzen als erwartet, wegen einem Elon Musk, der das Unternehmen viele Millionen kostet, ob wegen der ausbleibenden und schon ewig angekündigten Fahrzeugen Cybertruck und Semi… Wer das Haar in der Suppe finden möchte, findet es. Doch was hat das Unternehmen Tesla gestern Nacht nach US-Börsenschluss tatsächlich an Zahlen vorgelegt? – Ein ziemliches Brett!
Zunächst aber zu den „geringeren“ Umsätzen: Diese beliefen sich auf 13,8 Milliarden Dollar. 13,9 Milliarden Dollar waren im Durchschnitt erwartet worden. Oh je. Dabei kletterten sie um 57 Prozent! Mit diesen vermeintlich niedrigeren Umsätzen konnte Tesla eine offensichtlich extrem gute Marge erzielen und fuhr einen Gewinn von 1,86 Dollar je Aktie ein. Im Jahresvergleich ist das eine Steigerung um 389 Prozent. Analystenerwartungen lagen im Vorfeld bei 1,67 Dollar. 1,6 Milliarden Dollar, also rund 1,4 Milliarden Euro, legte das Unternehmen an der Börse zu. Insgesamt hat Tesla nun einen Börsenwert von 867 Milliarden Dollar und es macht irgendwie nicht den Anschein, als wäre das Unternehmen auf dem Holzweg.
Trotz teilweise erheblich höherer Einkaufspreise durch Lieferkettenprobleme für bestimmte Fahrzeugkomponenten, hat die Strategie langfristiger Lieferverträge, einer hohen Fertigungstiefe und Einsparungen durch Innovationen gezogen. Tesla scheint resistent gegenüber der Chipkrise und Lieferkettenengpässen, unter denen seine Mitbewerber offensichtlich weit mehr als die Amerikaner leiden. Tesla lieferte von Juli bis September 241.391 Fahrzeuge aus, was einen Anstieg um 73 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr bedeutet.
Dass es nachbörslich auch diesmal Abschläge gab, war hingegen wenig überraschend. Spekulanten bedienen sich des besagten Haares. Traditionell war es auch bei den letzten Quartalszahlen so. Diese fielen stets positiv aus, doch fielen mindestens zunächst auch stets die Kurse. Im Vorfeld der Quartalsberichte war es bergauf gegangen und dann bergab. Ein verbreitetes Argument hierfür: Die guten Zahlen seien vorweggenommen und man war ja von noch besseren ausgegangen.
Die Tesla-Aktie ist für Spekulanten interessant. Bestimmte Entwicklungen scheinen absehbar. Doch viel spannender ist sie für Langzeitinvestoren, die alleine 2020 743 Prozentpunkte gut gemacht haben. Wer die Teile in Ruhe in seinem Depot gedeihen lässt und die ständigen Kursschwankungen aushält, fährt also ganz offensichtlich am besten.
Short-Seller sind hingegen zuweilen arg gekniffen. Zuletzt musste Hedgefondsmanager Michael Burry eine große Niederlage einstecken: Seine 1,1 Millionen Tesla-Shortpositionen mussten schließlich acht Mal so teuer, wie von ihm erhofft, rückabgewickelt werden.
Earnings Call ohne Elon
Der Präsentation der Quartalszahlen im Earnings Call nach Veröffentlichung des Geschäftsberichts auf der Tesla-Homepage, die bei YouTube nachzuhören ist, blieb CEO Elon Musk erstmals fern. Das hatte er beim letzten mal ja bereits angekündigt.
Finanz-Vorstand Zach Kirkhorn übernahm die Rolle des Hauptspeakers und sprach von großen Herausforderungen, die aus der steigenden Massenfertigung bei gleichzeitigen Problemen in den Lieferketten resultieren. Dies seien begrenzende Faktoren, die sich auch auf Fahrzeugpreise und auch auf Margen auswirken.
Abgesehen von kleineren technischen Problemen bei der Zuschaltung von Analysten-Fragen blieben größere Überraschungen bei den Q&A aus. Tesla geht weiterhin von der Inbetriebnahme der Giga 4 in Grünheide noch in diesem Jahr aus. Doch Auslieferungen des dort produzierten Model Y werde es voraussichtlich von hier aus erst im kommenden Jahr geben.
Angesprochen auf das dem Wachstum bei den Fahrzeugauslieferungen nicht entsprechende Servicenetz hieß es von Tesla-Seite: „The best Service is no service.“
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